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Das Matarese-Mosaik

Das Matarese-Mosaik

Titel: Das Matarese-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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rechte Türflügel nach außen schwang und den Blick auf einen dritten Mann freigab. Dieser trug keine Schrotflinte über der Schulter, dafür an der rechten Hüfte ein ungewöhnlich voluminöses Holster an einem breiten Ledergurt, den er über seine Bergkleidung geschnallt hatte. Der Mann war groß, größer als Pryce, mit einem mächtigen Brustkasten, einem dicken Hals und einem dunklen, ausdruckslosen Gesicht. Pryce musterte den Mann und kam zu dem Schluß, daß es sich um den eigentlichen Beschützer des Don handeln mußte. Aber wovor beschützte er ihn?
    Und weshalb die komplizierten Manöver, die offenbar dazu dienen sollten, jede Verbindung zwischen Togazzi und seinen Gästen zu verbergen? Vorsicht, ja; ein gewisses Maß an Geheimhaltung, natürlich, aber ein derartiges Maß – wer war
Togazzi? Scofield hatte von »einigen Freunden aus früheren Tagen« gesprochen, die die schweren Zeiten überlebt hatten und die Matarese kannten. Aber jetzt hatten sie es allem Anschein nach nur mit einem einzigen Mann zu tun, dessen Verhalten eher das eines Mitglieds der Matarese zu sein schien als das eines Menschen, der sich ihre Vernichtung zum Ziel gesetzt hatte.
    Pryce und Leslie wurden durch einen großen, finsteren fensterlosen Raum geführt, der mit einfachem Mobiliar, einem großen offenen Kamin und getäfelten Wänden ausgestattet war und aus dem zwei Bögen auf der rechten Seite in andere Bereiche des festungsähnlichen Baus führten. Der Eindruck, der sich ihnen bot, war der einer Art Blockhütte in den Bergen – kein Schnickschnack, nur das Notwendigste. Der dritte Wachmann zeigte auf eine Tür hinten im Raum. »Entrate« , sagte er.
    Pryce hielt Leslie die Tür auf und trat hinter ihr ein. Der Anblick der offenen Veranda, der sich ihnen bot, war atemberaubend. Sie war nicht einmal zwei Meter breit, aber bestimmt zwanzig Mal so lang. Grüne Jalousien, von denen einige geschlossen waren und wieder Schattenspiele erzeugten, reichten vom hüfthohen Geländer bis zur Decke. Durch die geöffneten Jalousien konnte man das gewaltige Panorama des Comer Sees sehen, die Berge, die hinter dem blauen See in den Himmel ragten; um den Blick freizugeben, hatte man einige Bäume ihrer Wipfel beraubt. Und wie um einen Kontrapunkt zu der überwältigenden Naturschönheit zu bieten, gab es auf der Veranda eine Anzahl roter Teleskope in Abständen von etwa fünf Metern, Geräte, die die beiden Amerikaner mit geschultem Blick als Produkte modernster Technik erkannten.
    All das nahmen sie in einigen wenigen atemlosen Augenblicken in sich auf. Und dann kam der zweite Schock: der alte Mann im Halbdunkel vor zwei hochgezogenen Jalousien. Er saß in einem weißen Korbsessel mit üppigen Kissen – das gesamte Mobiliar der Veranda bestand aus weißem Korbgeflecht -, und seine Kleidung nahm Pryce mit einem Schlag alle Vorurteile hinsichtlich Scofields ungepflegter Freunde.

    Don Silvio Togazzi trug einen fahlgelben Leinenanzug, weiße Lackschuhe und ein blaues Paisleyhalstuch, alles ganz offenkundig maßgefertigte Produkte eines teuren Ateliers in der Via Condotti. Der Don mochte nicht dem derzeitigen modischen Ideal von Gentlemen’s Quarterly entsprechen, aber das wäre zweifellos der Fall gewesen, wenn es sich um ein Magazin vom Ende der zwanziger oder Anfang der dreißiger Jahre gehandelt hätte.
    »Verzeiht mir, junge Leute«, sagte der auf eine knorrige Art immer noch gutaussehende alte Mann, und sein gebräuntes, ledernes Gesicht unter seiner weißen Mähne verzog sich zu einem strahlenden Lächeln. »Aber eine lange zurückliegende Rückgratverletzung hat meinen alten Körper eingeholt. Eine Verletzung übrigens, die Baiolupo zuzuschreiben ist – so nannten wir ihn, Baiolupo -, weil er mich nicht richtig auffing, als ich über einen Balkon entkam.«
    » Baiolupo… Beowulf, habe ich recht, Sir?« fragte Pryce.
    »Genau. Das englische Beowulf hat für uns überhaupt keinen Sinn ergeben. Ich bin ein gebildeter Mann, aber das war ja nicht mal Englisch.«
    Leslie trat vor, um dem Italiener die Hand zu schütteln; statt dessen ergriff er ihre und küßte sie. »Es ist sehr liebenswürdig von Ihnen, uns zu empfangen, Mr. Togazzi«, sagte sie.
    »Und ich bin froh, daß Sie nicht ›Don Silvio‹ sagen. Das habe ich satt. Ihre amerikanischen Filme und das Fernsehen haben den Begriff ›Don‹ dermaßen diffamiert, daß jeder, der diesen Titel verdient hat, entweder ein Mafioso sein muß oder sich mit Pasta vollstopft, daß ihm die

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