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Das Matarese-Mosaik

Das Matarese-Mosaik

Titel: Das Matarese-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Laufe der Jahrhunderte zu einer Stadt herangewachsen war, sich aber immer noch sein mittelalterliches Flair erhalten hatte. Die Straßen waren schmal und gewunden und erinnerten daran, daß dort in ferner Vergangenheit Händler und Bauern mit Maultierkarren und zu Fuß durch die Felder und Hügel gezogen waren, die auf den majestätischen See herabblickten. Und diese schmalen Straßen säumten Reihen von Gebäuden halb aus Stein und halb aus Holz, die alle drei oder vier Stockwerke hochragten. Sie sahen aus wie winzige Festungen, eine über der anderen, vergleichbar den Höhlenbauten der Puebloindianer. Aber sie wirkten völlig anders, denn da war kein Platz für Licht, nur weite Gassen, die mit Schatten gefüllt waren, weil Holz und Stein der Sonne den Weg versperrten.
    »Das ist wenigstens eine Spur komfortabler, wenn auch genauso beängstigend«, sagte Leslie und beugte sich zu Pryce hinüber, als der Wagen wieder die Autostrada erreicht hatte. »Ein seltsames Fahrzeug, nicht wahr?«

    »Ja, allerdings«, antwortete Pryce und sah sich um. »Es ist gerade so, als wolle es nach außen sein Innenleben verleugnen.«
    Pryce’ Bemerkung traf den Nagel auf den Kopf. Auf den ersten Blick war der große Wagen eine alte, unauffällige Limousine mit zahlreichen Beulen und Kratzern überall. Auf den ersten Blick wirkte er heruntergekommen – aber nur solange man nicht eingestiegen war. Drinnen hingegen waren die Sitze mit dem weichsten und teuersten Leder von der Farbe alten Rotweins bezogen, und vor den Rücksitzen gab es eine gutausgestattete Mahagonibar. Seitlich war auf einem kleinen Tischchen, ebenfalls aus Mahagoni, ein Telefon zu sehen. Wenn man schließlich noch die dunkelgetönten Fenster in Betracht zog, so war offenkundig, daß der Besitzer des Fahrzeugs auf großen Komfort Wert legte, aber nicht auf sich aufmerksam machen wollte.
    Der ebenso seltsame Fahrer, der bis jetzt noch kein Wort gesagt hatte, fuhr jetzt aus einem dunklen Tunnel in die helle Nachmittagssonne heraus. Auf der einen Seite dehnten sich Wiesen, auf denen Kühe und Schafe grasten; auf der anderen standen verstreut Häuser und Scheunen. Sie bogen nach rechts und schossen jetzt über eine Straße, die parallel zum Comer See verlief, dessen erneuter Anblick Leslie einen bewundernden Ausruf entlockte.
    »Das ist wirklich atemberaubend!« sagte sie und bestaunte das Panorama, das sich ihr darbot. »Das ist einer der wenigen Orte, dem die Ansichtskarten gerecht werden.«
    »Gut beobachtet«, sagte Pryce. »Das stimmt.«
    Und dann geschah es. Wieder wurde die blendende südliche Sonne in einzelne Fetzen aus Licht und Schatten zerrissen. Sie waren von der Hauptstraße in einen ziemlich breiten Feldweg eingebogen, der durch einen Wald führte. Mächtige Stämme flankierten den Weg und tauchten sie plötzlich in grünes Dunkel, in dem nur dicke Stämme, dichtes Blattwerk und ein schier undurchdringliches Unterholz zu erkennen war. Der Wagen verlangsamte die Fahrt, tat dies aus einem naheliegenden Grund: Vor ihnen war ein kleiner Betonbau zu sehen, und eine schwere Stahlschranke verwehrte den Zugang.
Ein kräftig gebauter Mann kam aus dem Häuschen heraus, er trug eine Schrotflinte über der Schulter. Sizilianischer Stil, dachte Pryce.
    Der Wachposten nickte dem Fahrer zu, die Schranke hob sich, und die unauffällige graue Limousine rollte weiter. Plötzlich wurden die Umrisse eines großen einstöckigen Hauses sichtbar, das mit dem umgebenden Wald fast eins war. Der Bau schien sich so weit in den Wald hinein zu erstrecken, daß man sein Ende nicht einmal ahnen, geschweige denn erkennen konnte. Wieder dominierten schweres Holz und dunkler Stein, die traditionellen Materialien von Bellagio, die den Schatten der grellen Sonne vorzogen.
    Leslie und Pryce stiegen aus und wurden von einem weiteren Posten empfangen, der seine Schrotflinte am Riemen über der Schulter trug. » Coma wis me «, sagte er in kaum verständlichem Englisch, ein Satz, den man ihm offensichtlich eingetrichtert hatte. Sie folgten dem bewaffneten Mann über einen Kiesweg und warfen dabei Blicke nach oben und staunten über das dunkelgrüne Dach, das nicht nur Don Silvio Togazzis Haus schützte, sondern es neugierigen Blicken entzog.
    Der zweite Wachposten bedeutete den beiden Amerikanern mit einer Kopfbewegung, sie sollten eine kurze Treppe hinaufgehen, die zu einer mächtigen Doppeltür führte, und zog dann ein kleines Instrument aus der Hosentasche. Er hantierte daran herum, worauf der

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