Das Matarese-Mosaik
warf das Gepäck hinein, war Leslie beim Einsteigen behilflich und sprang ihr dann nach.
»Lieutenant« , schrie Leslie, um das Dröhnen der Motoren zu übertönen, »Sie ahnen gar nicht, wie froh ich bin, Sie wiederzusehen!«
»Freut mich auch, Sie zu sehen, Colonel«, erwiderte Considine, schloß die Tür und wendete, um zum Start anzurollen. »Was macht das Geheimdienstgeschäft, Cam?«
»Ein wenig haarig – oder vielleicht sollte ich sagen fedrig.«
»Was soll das heißen?«
»Also, sagen wir eine Menge Vogelscheiße.«
»Muß ja eine ganze Tonne gewesen sein, sonst wären die Tommys nicht so scharf darauf, Sie zurückzukriegen. Ich bin ja schon alle möglichen Routen geflogen, aber deren Flugpläne sind was für Hochseilartisten, denen nichts an Netzen liegt.«
»Um nicht angepeilt zu werden?« fragte Pryce.
»Das muß es wohl sein, aber nicht die normalen nationalen Sicherheitskorridore.«
»Diese Leute sind nicht normal, Luther«, warf Leslie ein, »überhaupt nicht normal.«
»Dann müssen sie verdammt gute Geräte haben.«
»Die können alles haben, was sie wollen«, sagte Pryce. »Entweder kaufen sie es sich, oder sie verschaffen es sich mit Bestechung.«
»Wissen Sie, was der Typ von der Radarstation in Chamonix gesagt hat? ›Wozu brauchen wir eigentlich Tarnkappenbomber, wenn wir Black Beauty dort oben haben?‹ Nett, nicht?«
»Black Beauty?«
»Verdammt, Cam, ich kann mir auch einen Sonnenbrand holen, aber man sieht es nicht richtig. Festhalten, Leute, wir starten!«
Als sie den kurzen Steigflug beendet hatten, sagte Leslie: »Luther, Sie haben erwähnt, daß die Tommys auf uns scharf sind, und ich nehme an, das soll heißen, London.«
»Richtig.«
»Ich dachte, wir hätten Freigabe für einen kurzen Zwischenstopp in Frankreich!« sagte sie ärgerlich.
»Haben wir auch, Colonel. Normalerweise würde ich etwa eine Stunde brauchen, um dorthin zu kommen, aber so, wie die mir den Flugplan gemacht haben, werden es eher zwei. Bis dahin haben wir Tageslicht, es fängt schon an zu dämmern. Übrigens, dort hinten in der sogenannten Bordküche gibt es Kaffee.«
»Wo landen wir denn in Frankreich?« fragte Leslie.
»Ich fliege Sie hin, Colonel. Ich darf Ihnen aber nicht sagen, wo es ist. Ich hoffe, Sie verstehen das.«
»Ja, das tue ich.«
Als der Horizont im Osten sich rosa färbte, wunderten sich Pryce und Leslie, wie tief sie flogen. »Herrgott«, rief Pryce, »da könnte ich ja aus dem Fenster springen und ein wenig schwimmen!«
»Davon würde ich abraten«, sagte der Pilot, »insbesondere, wo wir in Kürze den Mont Blanc überfliegen werden. Dort gibt es eine Menge Tiefschnee und Eis.«
Considine landete die Bristol auf dem Ausweichflughafen in Le Mayet de Montagne, der Privatmaschinen vorbehalten war. Das Endziel kannten seine Passagiere immer noch nicht. Die Morgensonne beleuchtete jetzt das Loire-Tal, von dem ein leichter Dunst aufstieg.
»Da drüben steht Ihr Wagen!« erklärte Considine und fuhr auf einen unauffälligen grauen Renault zu, der neben der Landepiste stand. »Ich werde hier auftanken und je nachdem, wie die Anweisungen aus London lauten, vielleicht auch eine Weile wieder in der Luft sein, aber ich bin jedenfalls in neunzig Minuten wieder zurück, und zwar exakt. Bis dahin haben wir bereits wieder in der Luft zu sein.«
»Ein Wagen, ja«, sagte Leslie, »aber wie lange brauchen wir, um zu den Kindern zu kommen?«
»Vielleicht zehn oder zwölf Minuten.«
»Das läßt uns aber nicht viel Zeit.«
»Mehr ist nicht erlaubt, Colonel. Sie sind von der Army, Sie kennen die Regeln.«
»Ja, allerdings, Lieutenant. Leider.«
Die Seitenfenster des Renault waren so dunkel getönt, daß weder Pryce noch Leslie draußen viel erkennen konnten. Auch die Windschutzscheibe war rechts und links außen in breiten Streifen getönt, so daß sie lediglich die Straße klar erkennen konnten.
»Was, zum Teufel, soll das?« erregte sich Leslie. »Wir haben keine Ahnung, wo wir hinfahren.«
»Das dient dem Schutz der Kinder«, sagte Pryce. »Was du nicht siehst, kannst du auch niemandem sagen.«
»Herrgott, das ist mein Sohn! Wem sollte ich das sagen?«
»Das liegt daran, daß wir ein wenig mehr Erfahrung haben als du. Unter dem Einfluß von Drogen könntest du beschreiben, was du auf der Fahrt zu ihm gesehen hast.«
»Vorausgesetzt, man nimmt mich gefangen.«
»Davon müssen wir immer ausgehen, Colonel. Das wissen Sie.«
Sie kamen an ein Wachhäuschen, das mit Leuten aus dem
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