Das Matarese-Mosaik
stockend. Er hatte jetzt über viertausend Dokumente aus den letzten drei Jahren durchgesehen – und nichts gefunden! Hatte Nichols außerhalb seines Büros gearbeitet, vielleicht mit einer Stenotypistin aus irgendeiner schäbigen Agentur? Oder vielleicht jemanden auf eine Zeitungsanzeige hin engagiert? Natürlich hatte er das getan. Es mußte so sein! Er konnte ja schließlich nicht den Chef von Swanson und Schwartz vor einer Angestellten anzeigen – oder konnte er das doch? Sekretärinnen waren notorisch unberechenbar – angefangen mit Diebstählen aus der Portokasse bis hin zum Ehebruch. Soll ich hierbleiben und Ihnen behilflich sein? Ich könnte meinen Mann anrufen . Sicher, junge Lady, rufen Sie Ihren Mann an und sagen Sie ihm, daß Sie mit dem Firmeninhaber bis Mitternacht arbeiten müssen. Und was kam danach? Vergewaltigung? Erpressung?
Whitehead erhob sich mit Mühe aus dem Sessel und schob die letzte Diskette in das Regal zurück. Er ging zum Schreibtisch und wählte die Nummer seines Limousinendienstes.
»Madre di Dio! Il mare Mediterraneo! Mare nostra!« Schreie hallten über den nächtlichen Flugplatz von Senetosa.
»Was, zum Teufel, ist hier los?« schrie Scofield und schoß von seiner Pritsche in der Blockhütte in die Höhe.
»Keine Ahnung«, sagte Pryce und richtete sich auf der Couch auf.
Die Tür der Hütte flog auf, und Luther Considine kam hereingerannt. »Herrgott, würde jemand das für mich übersetzen? Der Spinner dort draußen dreht durch!«
»Was ist denn?« fragte Scofield.
»Das frage ich Sie«, sagte Considine. »Da kommt er gerannt.«
Der Traffic-Controller schoß zur Tür herein. »Il stazione radio! Mare nostra. Fuoco, incendio!«
»Lentamente, lentamente«, forderte Scofield den Mann auf, langsamer zu sprechen. »Inglese, per piacere?«
»Über Radio«, antwortete der Controller in seinem gebrochenen Englisch. »Überall im Mediterraneo – überall Feuer! Vom Golf von Maskat über Afrika und Israel, incendi. Inferno, maledetto ! Diavolo nimmt die Welt an!«
»Die Hölle«, sagte Scofield stockend. »Der Teufel übernimmt die Welt. Von Oman über Israel bis Nordafrika.«
»Die Feuer im Mittelmeer«, sagte Pryce. »Matareisen hat zugeschlagen. Das ist das Signal!«
»Gehen wir!« rief Scofield.
»Ich komme mit«, sagte Luther Considine. »Meine Leute stammen aus Afrika, und niemand darf unser Meer verbrennen.«
36
E s war kurz nach elf Uhr nachts. Der Mond stand hell am Himmel, als Scofield, Pryce und Considine durch den Stacheldrahtzaun auf das Matarese-Grundstück krochen.
»Luther, Sie sind unsere Nachhut«, flüsterte Scofield. »Wenn jemand die Straße heraufkommt oder Sie auch nur Scheinwerfer sehen, dann sagen Sie uns das über Funk.«
»Geht klar, Bray. Macht ihr Leute das regelmäßig?«
»Nein«, antwortete Pryce, »gewöhnlich lassen wir uns anmelden.«
»Sehr komisch.«
»Mir ist im Augenblick gar nicht komisch zumute«, sagte Pryce und folgte Scofield den steilen Abhang hinauf. Jetzt hatten sie die Zufahrt erreicht; das Herrenhaus lag mit Ausnahme eines einzigen Fensters im obersten Stockwerk völlig unbeleuchtet vor ihnen. Plötzlich erschien hinter dem Glas eine Gestalt.
»Wollten Sie eine Bestätigung?« fragte Scofield.
»Habe ihn schon gesehen. Zurück! Er sieht hierher.«
»Dann halten Sie sich ruhig und blicken nicht hoch!« Scofield drückte Pryce den Kopf herunter. »Er geht wieder weg.«
»Wir sollten zum Haus laufen, an die Seitenwand«, flüsterte Pryce.
»Nein, jetzt ist er wieder da! Er telefoniert.«
Matareisens Gesicht bewegte sich am Fenster, er machte einen wütenden Eindruck, anscheinend schrie er ins Telefon. Dann verschwand er wieder, kam aber gleich darauf wieder mit etwas zurück, das wie ein Computerausdruck aussah, das Gesicht immer noch verzerrt. Dann verschwand er wieder vom Fenster.
»Jetzt!« sagte Scofield, richtete sich auf und rannte quer über die Einfahrt zum Haus hinüber, Pryce dicht hinterher.
»Er ist über irgend etwas sauer«, sagte Scofield. »Die nächsten paar Augenblicke sind wir sicher.«
»Und was dann?«
»Ich will mich umsehen, mir die Alarmanlage vornehmen, falls ich sie finde.«
»Wenn Sie daran herumfummeln, geht der Alarm los!«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Waffen schußbereit, wie Geof sagen würde, und sehen Sie nach, ob Ihr Schalldämpfer richtig sitzt.«
»Schon geschehen.«
»Sie beobachten den Vordereingang. Wenn ich mit dem Alarm Mist baue, komme ich, so schnell ich
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