Das Matarese-Mosaik
geschlossen. Albert Whitehead war freilich an seinem Schreibtisch geblieben, nachdem er sich freundlich, wenn auch etwas vorsichtig, von Stuart Nichols verabschiedet hatte. Es klopfte an seiner Tür. »Herein«, rief er.
»Ja, Sir.« Eine attraktive Sekretärin trat ein. »Ich habe auf der Damentoilette gewartet, wie Sie das gewünscht haben, bis Mr. Nichols gegangen war.«
»Vielen Dank, Joanne. Bitte setzen Sie sich.« Die Sekretärin nahm Platz, und Whitehead fuhr fort: »Wie ich vorhin schon erwähnte, ist unser Gespräch in höchsten Maße vertraulich. Möglicherweise wird sich das alles als überflüssig erweisen, und das wünsche ich mir auch von ganzem Herzen, aber es sind gewisse Informationen ans Licht gekommen, die möglicherweise – ich betone ausdrücklich möglicherweise – Ihren Chef betreffen. Drücke ich mich klar aus?«
»Natürlich.«
»Gut. Seit wann arbeiten Sie für Mr. Nichols?«
»Beinahe zwei Jahre, Sir.«
»Ich weiß, daß er ständig irgendwelche Papiere ausfertigt, juristische Schriftsätze und so, aber erinnern Sie sich an einen längere Eingabe oder eine eidesstattliche Versicherung, die er bei Gericht hinterlegen wollte?«
»Im Augenblick nicht. … Nein, warten Sie. Vor sechs oder sieben Monaten war da eine Erbschaftsangelegenheit, wo der Erbe, ein Minderjähriger, sich um den Schutz der Gerichte bemüht hat, um das Ausmaß der Erbschaft nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Da die Erbschaftssteuer bereits vorausbezahlt war, hat das Gericht sein Ansuchen gebilligt.«
»War das der einzige Vorgang dieser Art?«
»Nach meinem besten Wissen, ja, Sir.«
Nach meinem besten Wissen . Whitehead haßte diese Formulierung. Sie wurde nur zu häufig als Ausflucht benutzt, so wie Sekretärinnen häufig das Gefühl hatten, ihrem Chef gegenüber besondere Loyalität an den Tag legen zu müssen.
»Joanne, ich will bestimmt nicht an Ihren Worten zweifeln, meine Liebe, aber unsere wenigen Aktionäre bestehen darauf, daß ich eine gründliche Untersuchung durchführe. Haben Sie Aufzeichnungen von Mr. Nichols Diktaten oder den Dokumenten, die er vorbereitet hat?«
»Von jedem Dokument und jedem Brief und jedem internen Aktenvermerk. Ich wußte gar nicht, daß Swanson und Schwartz Aktionäre hat.«
»Wir sprechen gewöhnlich nicht darüber; es handelt sich um eine kleine Gruppe von Investoren, die mir dabei behilflich waren, die Firma zu erwerben. Wo sind diese Aufzeichnungen?«
»Auf Computerdisketten, nach Datum und Eingabezeit katalogisiert.«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu zeigen, wo diese Disketten aufbewahrt sind?«
»Aber keineswegs, Sir.« Die Sekretärin erhob sich und ging, gefolgt von Whitehead, zur Tür hinaus zu einem Büro am Ende des Korridors. Sie führte ihn dort zu einem großen, weißen Aktenschrank, öffnete ihn und zeigte ihm mit Disketten gefüllte Regale, die mit Jahres- und Monatsangaben markiert waren.
»Das ist ja eine beachtliche Sammlung«, sagte Albert Whitehead.
»Mr. Nichols hat sie vor fünf Jahren anlegen lassen. Er fand, man habe hier wesentlich besseren Zugang, als wenn man sie im Lager verwahrt.«
»Da hat er völlig recht. Zeigen Sie mir, wie das funktioniert. Wir haben alle dieselben Computer, aber ich habe schon lange nicht mehr mit Disketten gearbeitet.« Die Sekretärin zog eine Diskette heraus, schob sie in den Schlitz und tippte die entsprechenden Daten ein. »O ja«, sagte Whitehead, »jetzt erinnere ich mich wieder. Es ist wirklich sehr einfach, nicht wahr?«
»Ja, sehr einfach, Mr. Whitehead. Soll ich hierbleiben und Ihnen behilflich sein? Ich könnte meinen Mann anrufen…«
»Nein, nein, meine Liebe, gehen Sie nur. Ich komme schon zurecht. Und vergessen Sie nicht, unser kleines Gespräch geht nur uns beide an, ebenso wie mein Besuch hier.«
»Ich verstehe, Sir.«
»Sie werden morgen einen Umschlag unter Ihrer Schreibunterlage finden. Eine kleine Aufmerksamkeit von mir und im Namen der Investoren.«
»Das ist aber nicht notwendig, Sir.«
»O doch, das ist es.«
»Also, vielen Dank, Mr. Whitehead. Und ich hoffe, daß alles in Ordnung ist. Ich schätze Mr. Nichols sehr. Er ist immer freundlich und aufmerksam.«
»Ja, das ist er allerdings, und ein lieber Freund.« Und ein beschissener Judas obendrein!
»Gute Nacht, Sir.«
»Gute Nacht, Joanne.«
Es war beinahe Mitternacht, als Albert Whitehead die letzte Diskette aus dem Schlitz zog. Er war erschöpft. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Atem ging
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