Das Matarese-Mosaik
worden. Die Verletzung war ernsthaft, und er ließ Wassilij rufen. Er sagte Taleniekov, daß er die Berichte über die Ermordung von Juriewitsch und Blackburn analysiert habe, ebenso wie das Protokoll des Telefongesprächs zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem sowjetischen Generalsekretär. Er zog daraus den Schluß, daß es sich bei den Attentaten um das Werk einer Geheimorganisation handelte, die sich Matarese nannte und ihren Ursprung in Korsika hatte. Er erklärte Wassilij, daß diese Matarese ihre Finger überall drin hätten, hohe Regierungsbeamte bestechen würden und überall in den Ländern der freien Welt und in den Ländern des Ostblocks immer mächtiger würden.«
»Hatte dieser Krupskowa mit den Matarese gearbeitet?« fragte Pryce.
»Er sagte, wir alle hätten das getan, seit Jahren schon. Da gab es geheime Signale, Treffen wurden an Orten arrangiert, wo keine Beobachtung möglich war, schattenhafte Männer, die sich im Dunkeln mit anderen schattenhaften Männern trafen. Und dabei wurden Todeskontrakte geschlossen – der Preis spielte keine Rolle«
»Und damit sind sie durchgekommen?«
»Auf beiden Seiten«, antwortete Scofield. »Es waren die Fangarme der Matarese. Sie wußten, was die Extremisten wollten und lieferten Resultate, deren Spuren man nie zu ihren Auftraggebern zurückverfolgen konnte.«
»Es muß aber doch Aufzeichnungen über Zahlungen gegeben haben. Wie hat man sie denn bezahlt?«
»Das kam nie in die Bücher. Verdeckte Operationen werden aus Gründen nationaler Sicherheit nie vom Rechnungshof überprüft. Die Sowjets hatten in dieser Beziehung natürlich weniger Probleme, aber wir standen ihnen da nicht sehr nach. Um es etwas salopp auszudrücken, unsere Regierungen befanden sich offiziell nicht im Krieg, wohl aber wir . Das war ein gottverdammt blutiger Schlamassel, und wir waren mittendrin.«
»Sie sind ein ziemlicher Zyniker, nicht wahr?«
»Natürlich ist er das«, sagte Antonia Scofield und kippte ihren weißen Korbstuhl etwas nach vorn. »Männer wie mein Mann und Wassilij Taleniekov waren Killer, die man losgelassen hatte, Killer, die Männer und Frauen töten mußten, von denen sie wußten, daß die sonst sie töten würden. Und zu welchem Zweck? Während die Supermächte mit Paraden und Musikkapellen den Anschein erweckten, als würden sie aufeinander zugehen, und die Entspannung verkündeten, oder wie immer sie das nannten, hatten Agenten wie Brandon Scofield und Wassilij Anweisung, weiter zu töten. Wo war da die Logik, Cameron Pryce?«
»Darauf habe ich keine Antwort, Mrs. Scofield – Antonia. Das war eine andere Zeit.«
»Was ist denn Ihre Zeit, Cam?« fragte Scofield. »Wie lauten Ihre Anweisungen? Hinter wem sind Sie her?«
»Terroristen, würde ich sagen. Und dabei gehören diese Matarese wahrscheinlich zu den gefährlichsten Terroristen, die es überhaupt gibt, weil das eine neue Art von Terrororganisation ist, denke ich.«
»Genau richtig, junger Mann«, pflichtete Scofield ihm bei. »Sie mögen im Augenblick keine Menschen massakrieren oder Gebäude in die Luft sprengen – sie zahlen dafür, daß solche Dinge geschehen oder ziehen im Hintergrund an den Drähten und schicken vorprogrammierte Psychopathen, die gar nicht wissen, was sie tun -, aber sie können und werden alles auch selbst tun, wenn es Teil ihrer Strategie ist.«
»Einer Strategie wofür?«
»Für ein bösartiges, internationales Kartell mit dem erklärten Ziel brutaler finanzieller Macht.«
»Um dieses Ziel auch nur annähernd zu erreichen, müßten sie die Konkurrenz ausschalten, müßten sämtliche Wettbewerber neutralisieren.«
»Jetzt haben Sie es erfaßt. Ein Amoklauf des Kapitalismus! Ein monströses Monopol mit Scheinwettbewerbern, die in Wirklichkeit unter einer Decke stecken. Und was kommt als nächstes, Officer Cameron Pryce?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen…«
»Ich meine, was als nächstes kommt? Die führenden Finanzplätze der Welt sind also jetzt unter einer zentralen Autorität vereint. Was folgt darauf?«
»Die Regierungen«, sagte Pryce leise, und wieder verengten sich seine Augen. »Derjenige, der über das meiste Geld verfügt, trifft die politischen Entscheidungen.«
»Genial, mein junger Freund!« rief Scofield, hob seinen leeren Cognacschwenker und warf seiner Frau einen einfältigen Blick zu. »Wie wäre es, meine Liebe?«
»Ich hole die Flasche«, sagte Antonia und stand auf. »Du warst ja die letzten paar Monate ein braver
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