Das Matarese-Mosaik
sind Blutsauger.«
»Das ist völlig richtig, Enkel, aber vor fünfzig Jahren gab es eine Zeit, wo das Geld, das heute hinter Atlantic Crown steckt, einen jungen Visionär finanziert hat. Geld, das von Geldverleihern hätte stammen können, die man aus der Hölle ausgestoßen hat. Wie, glaubst du wohl, hätte ein junger Diplomlandwirt, ein Berufsanfänger, ohne dieses Geld über zehntausend Acres fruchtbaren Boden kaufen können? Bei Gott, sie waren die Visionäre, nicht ich.«
»Willst du damit sagen, daß du dich ihnen nicht widersetzen konntest?«
»Das kann niemand.«
Im riesigen Konferenzsaal von Atlantic Crown in dem Penthouse des ACL-Gebäudes in Wichita, Kansas, saßen nur zwei Männer. Der Mann am Kopfende des Tisches, der einen dunklen Nadelstreifenanzug trug, ergriff das Wort.
»Als nächstes ist die Rindfleischindustrie dran. Anweisung aus Amsterdam.«
»Wir brauchen eine Kapitalspritze«, sagte sein Finanzvorstand, der mit einem dunkelblauen Blazer und französischen Manschetten bekleidet war. »Ich hoffe, das ist denen klar.«
»Die werden wir bekommen«, antwortete der Vorstandsvorsitzende von Atlantic Crown. »Übrigens, dieses kleine Problem mit den Eiern in dem Komplex an der Chesapeake Bay, ist das erledigt?«
»Unser Team hat sich in der letzten Verhandlungsrunde davon überzeugt. Erledigt, in allen Details, bis zu den verschlossenen Kartons für den Hubschrauber.«
»Das ist gut. Wir müssen in allen Dingen präzise sein.«
10
S chweißgeruch hing über den von Menschen wimmelnden Straßen Kairos, in denen sich Tausende und Abertausende in der grellen Mittagssonne drängten. Der chaotische Verkehr wälzte sich träge dahin, immer wieder von kurzen Zwischenspurts unterbrochen, Hupen plärrten und ächzten zornig und übertönten zwischenzeitlich das Stimmengewirr in Dutzenden von Sprachen und Dialekten. Die Menschenmasse war ebenso vielfältig wie dieser akustische Tumult: arabische Gewänder mischten sich mit westlichen Anzügen, Jacken und Blue Jeans, und die muslimischen Kopfbedeckungen wechselten ab mit Melonen, Stetsons und Baseballmützen. Man konnte das Gefühl haben, sich in einem Makrokosmos von Ost und West zu befinden, wobei die Araber in der Überzahl waren, da dies ja ihr Land, ihre Stadt war. Kairo, Stadt der Legenden, wo Mythos und Wirklichkeit untrennbar miteinander verbunden waren und doch von Gegensätzen und Widersprüchen zerrissen.
Julian Guiderone, mit Aba, Thobe und Ghotra bekleidet und durch eine große, dunkle Sonnenbrille vor neugierigen Blicken geschützt, ging den überfüllten Al Barrani Boulevard hinunter und suchte nach dem Zeichen, das ihm sagen würde, daß er sein Ziel erreicht hatte. Und da war es! Eine blaue Bourbonenlilie auf einem kleinen weißen Wimpel im Schaufenster eines Juwelierladens. Der Sohn des Hirtenjungen blieb stehen, um sich vor dem Schaufenster eine Zigarette anzuzünden; das erlaubte ihm, langsam den Blick über seine Umgebung schweifen zu lassen, das Ungewöhnliche zu suchen. Einen Mann oder eine Frau, deren Augen auf ihm ruhten. Das könnte die Konferenz gefährden, die im Stockwerk über dem Laden stattfinden sollte. Niemand, kein Mensch mit Ausnahme der dort Konferierenden durfte wissen, welchen Zweck dieses bevorstehende Treffen hatte. Wenn auch nur das leiseste Gerücht in Umlauf kam, könnte das katastrophale Folgen haben.
Guiderone trat zufrieden seine Zigarette aus und ging hinein, hielt drei Finger in Hüfthöhe vor sein wallendes Gewand. Der Angestellte hinter der Theke nickte zweimal und deutete mit einer Kopfbewegung auf einen dunkelroten Samtvorhang zu seiner Rechten. Julian bedankte sich mit einer knappen Verneigung und trat durch den Vorhang, der eine Treppe verbarg. Er stieg die schmalen Stufen hinauf und ärgerte sich wie jedesmal, wenn er Treppen steigen mußte, über sein verletztes Bein und die Behinderung, die es mit sich brachte. Oben angelangt, sah er den blauen Punkt auf einem Messingtürknopf und ging etwas schwerfällig um das gebogene Treppengeländer herum auf die Tür zu. Er blieb kurz stehen, reglos mit Ausnahme seiner Hände, die sich unter seinem Gewand vergewisserten, daß seine beiden Waffen bereit waren: eine kleine.25er Pistole auf der rechten Seite und ein geriffeltes handgranatenähnliches Wurfgeschoß auf der linken, das, wenn man es gegen eine Wand warf, bei seiner Explosion eine tödliche gasförmige Substanz verströmte.
Guiderone griff nach dem Messingknopf, drehte ihn entschlossen,
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