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Das Matrazenhaus

Das Matrazenhaus

Titel: Das Matrazenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulus Hochgatterer
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über Fallen oder Giftköder nachdachte. Sie fressen uns nur die Dachisolierung weg, sagte er, und du frierst wieder. Sie lachte dann einfach, zuckte mit den Schultern und streichelte Mimi, die auch nicht die Absicht zu haben schien, es sich mit einem Marder anzulegen. Er dachte dann etwas wie Pazifistenweiber . »Gute Generalprobe, toi, toi, toi«, sagte er halblaut in Irenes Richtung, bevor er ging. Sie grunzte und hob einen Finger.
    »Wie geht es Dolores?«, fragte Horn, als er zu Christina ins Auto stieg. »Sie kann ihren Vornamen schreiben und wird im Herbst eingeschult«, antwortete sie. Vielleicht werde sie ihr auch einmal das Auto stehlen, sagte Horn. Christina erwiderte, er solle das blöde Gerede lassen, sie kenne keinen Menschen mit Downsyndrom, der den Führerschein gemacht habe, und Horn sagte, seinen Sohn habe der fehlende Führerschein auch nicht gehindert. Am Beginn der Kurven zur Schnellstraße hin nahm er wahr, dass er sich mit seiner nächtlichen Nebelahnung geirrt hatte. Hohe Schichtbewölkung lag über dem Talkessel. Der See war grau. Karfreitag, dachte er und er stellte sich vor, wie das Krankenhaus zu Mittag nach Fisch riechen würde. »Wo ist deine Tochter eigentlich jetzt?«, fragte er. Christina deutete mit dem Daumen nach hinten. Er wandte sich um. Das Mädchen lag eingerollt auf dem Rücksitz und schlief.
    »Bringst du sie im Pyjama in den Kindergarten?«, fragte Horn. »Sie bleibt bis zwölf bei mir im Büro«, sagte Christina, »dann fahre ich heim. Heute ist ein halber Feiertag. Und Kleider habe ich dabei, falls dich das beruhigt.«
    Christina trug ihre Tochter über den Parkplatz, am Portier vorbei zum Lift. In der Kabine wachte das Mädchen auf und sagte: »Drücken.« Wie alle Kinder, dachte Horn, und Christina sagte: »Wie sonst?«
     
    Margot Frühwald war blassviolett im Gesicht und atmete schnappend. »Es kann jeden Moment wieder losgehen«, sagte Günther, der Horn zuerst wahrnahm. Horn fragte, wie lange es schon gehe. Günther sagte, vierzig Minuten, und Karin, die auch am Bett stand: »Vielleicht schon länger.« Gerlinde Schäfer war eben dabei, die Sauerstoffbrille auf Margot Frühwalds Nase zu applizieren. Wenn man die krampffreien Intervalle subtrahiere, sagte sie, komme man auf eine Nettokrampfzeit von maximal zwanzig Minuten. Horn blickte sie forschend an. Sie war blass und zitterte. In Wahrheit habe das Ganze knapp nach Mitternacht begonnen, erzählte Karin. Beim Kontrolldurchgang sei Frau Frühwald plötzlich aufrecht im Bett gesessen, habe ins Leere gestarrt und laut vor sich hin gezählt: Siebzehn, achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig , verschiedene Zahlenreihen. Zwischendurch habe sie immer wieder gesagt: Eins fehlt , oder: Gunde, eins fehlt. Dabei habe sie mit den Armen bizarre Bewegungen vollführt, teils wischend, teils, als wolle sie einen Apfel aus der Luft pflücken, teils auch, als winke sie jemandem. »Was heißt Gunde ?«, fragte Horn. Friedegund Mayerhofer sei die Leiterin des alten städtischen Kindergartens gewesen, der jetzt Kindergarten Furth I heiße, sagte Günther, sie sei von ihren Kolleginnen Gunde genannt worden. Er wisse das genau, er habe sie selbst als Kindergärtnerin gehabt.
    »Was haben Sie ihr alles gegeben?«, fragte Horn. Gerlinde Schäfer sagte nichts. Er sah, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. »Einen Infusomaten, Clonazepam-Ampullen, Lösungsmittel, das Pulsoxymeter«, sagte er zu Karin und Günther. Als die beiden draußen waren, setzte sich die stämmige junge Frau auf den Stuhl am Fenster und begann zu weinen. »Sie sind nicht schuld«, sagte er. »Doch«, schluchzte sie.
    »Warum?«
    Sie habe gedacht, Margot Frühwald höre Stimmen und sehe Gestalten, daher habe sie ihr Risperidon gegeben, und zwar in einer nicht zu knappen Dosis. Horn begann zu begreifen. »Und Sie meinen, damit haben Sie den Anfall ausgelöst?« Gerlinde Schäfer zog die Tränen durch die Nase auf und nickte. Er spürte den Impuls, vor ihr in die Knie zu gehen wie vor einem kleinen Kind und ihr die Hand auf den Oberschenkel zu legen. Frau Frühwald habe offenbar einen Temporallappenanfall erlitten, sagte er, der typischerweise lang gedauert habe und am Ende in einen Grand-Mal-Anfall übergegangen sei. Die stereotypen Bewegungen und Sprachäußerungen hätten daher zwar mit Halluzinationen im psychiatrischen Sinne nichts zu tun, sie habe aber mit dem Neuroleptikum unter Garantie auch nichts angerichtet.
    »Manchmal ist die Medizin

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