Das Mauerblümchen erringen (German Edition)
meine Schwester würde auch niemals eine Mitgift bekommen. Ich werde nämlich dafür sorgen, dass Vater Georgianas Mitgift in den Ehevertrag aufnimmt.“
Lucy schniefte undamenhaft. „Aber deine Eltern würden es doch sicher verstehen ... Rupert ist nun einmal ...“
„Rupert wird eines Tages Herzog sein. Und er ist ja nicht gewalttätig oder komplett wahnsinnig. Ich will damit nur sagen, dass dein Fall ganz anders liegt. Deine Eltern haben in die Verlobung mit Ravensthorpe eingewilligt. Sag ihnen doch einfach, dass du es unehrenhaft fändest, sie zu lösen.“
Lucy konnte nicht umhin zu lächeln, als sie sich vorstellte, wie ihre Mutter auf dieses Motiv reagieren würde. „Du nimmst an, dass ehrenhaftes Verhalten mehr zählt als ein Titel. Meine Mutter ist da jedoch ganz anderer Meinung.“
„Dann drohe ihnen damit, deine Erbschaft zu nehmen und nach Schottland zu ziehen. Du solltest den Mann heiraten, den du willst. Es kommt mir nicht fair vor, dass keine von uns ihren Gatten frei wählen darf.“
Lucy drückte Olivias Hand. „Wir könnten auf den Kontinent fliehen. Diese Insel ist einfach nicht groß genug für Mutter und mich, wenn ich ihr nicht gehorche.“
„Auf den Kontinent fliehen — und Mr. Ravensthorpe Adieu sagen?“
Die Vorstellung dieser schrecklichen Zukunft durchbohrte Lucys Herz wie ein kleiner Pfeil.
Olivia lachte. „Wenn ich solche Gefühle für einen Mann hegte, würde ich Rupert meiner Schwester überlassen.“
„Ich weiß doch gar nicht, ob er mich mag, Olivia. Er hat ein einziges Mal mit mir getanzt, bevor er um meine Hand anhielt.“
„Und hat es vielleicht bereits bereut, nachdem du ihn etliche Male im Backgammon geschlagen hast.“ Olivia versetzte Lucy einen leichten Rippenstoß. „Ich mag gar nicht deutlicher werden, aber wenn du heute Abend mit deinem Verlobten in einer verfänglichen Situation ertappt würdest, dann könnten deine Eltern dich nicht mehr an einen Titelträger losschlagen. Denn dann wäre eure Verlobung besiegelt.“
Lucy schnappte entsetzt nach Luft. „Olivia!“
„Du musst nichts weiter tun, als dich beim Küssen erwischen zu lassen. Ich will ja gar nicht vorschlagen, dass du deine Tugend über Bord werfen sollst. Obwohl“, fuhr sie nachdenklich fort, „ich es vielleicht tun würde, wenn ich deine Neigung für Ravensthorpe hätte. Er hat ganz wunderbare Schultern, ist dir das schon mal aufgefallen?“
Das war Lucy bereits aufgefallen. „Seine Schultern spielen doch keine Rolle angesichts der Tatsache, dass er mich noch nie geküsst hat, nicht ein einziges Mal. Und er hat mich noch nie um eine Unterhaltung unter vier Augen gebeten oder mich auf einen Balkon gelockt.“ Sie überlegte und fügte dann freimütig hinzu: „Ich glaube nicht, dass er mich küssen will , Olivia.“
„Dann ist er ein Narr. Ich würde dich ganz bestimmt küssen wollen, wenn ich ein Mann wäre.“
Lucy lächelte unsicher.
„Wie sehr begehrst du ihn?“, wollte Olivia wissen. „Wenn ich die Wahl hätte zwischen Rupert und einem anderen Mann, dann würde ich mich Letzterem an den Hals werfen, mag er wollen oder nicht. Ich würde sogar mein Kleid ausziehen, wenn ... nun ja, das spielt jetzt keine Rolle. Du musst dich nicht komplett vergessen. Sorge nur dafür, dass du beim Küssen gesehen wirst, und schon wird der Herzog von Pole nicht mehr in Betracht kommen. Übrigens, ist Pole nicht irgendwie mit Ravensthorpe verwandt?“
Lucy nickte. „Sie sind Cousins ersten Grades, sprechen aber anscheinend nicht mehr miteinander. Pole denkt so elitär wie meine Mutter. Ich bin sicher, dass es ihm nicht gefällt, dass Ravensthorpes Vater einem Beruf nachgeht. Abgesehen davon würde mein Verlobter wohl kaum ein Vermögen verspielen, wie es der Herzog getan hat.“
„Nun, das rundet das Bild ab“, meinte Olivia. „Willst du den mittellosen und hochnäsigen Herzog von Pole heiraten — der übrigens bei Weitem nicht so anziehend ist wie Mr. Ravensthorpe und kaum größer als ich —, oder willst
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