Das Maya-Ritual
Stützpfeiler, die es getragen hatten, sie ragten aus dem Wasser wie die Rippen eines toten Seeungeheuers.
Rubens Geschäfte würden in nächster Zeit eher schleppend gehen.
Als ich das Fernglas über den Kanal zum Festland schwenkte, das dünn und flach wie eine Tortilla am Horizont lag, sah ich in der Ferne ein ansehnliches Schiff, das in nordwestlicher Richtung fuhr. Ich drehte am Zoomrad und erkannte deutlich, dass es sich um eine Fregatte der mexikanischen Marine handelte. Ein paar kleinere Fahrzeuge sprenkelten das Meer in ihrer Nähe. Sie sahen aus wie Patrouillenboote oder Barkassen der Küstenwache und zogen aufgereiht wie Perlen an einer Schnur in Richtung Cancun. Um den Ferienort wurde ein Cordon sanitaire gelegt, Cancun war auf dem Land und Luftweg von der Außenwelt abgeschnitten und nun auch von See her nicht mehr zu erreichen.
Ich ging zurück ins Haus und rief Sanchez an. »Ich weiß, was in dem Wasser ist«, sagte ich, als er sich meldete.
»Und das CDC in Atlanta weiß es auch. Sie müssen der Welt sagen, was los ist. Es ist nicht gut für Mexiko, wie Sie die Sache jetzt handhaben.«
»Danke, dass Sie die amerikanischen Behörden informiert haben«, bemerkte er sarkastisch. »Das leistet ohne Frage einen positiven Beitrag zu den heiklen Gesprächen, die zurzeit im Gang sind.«
»Gespräche über was denn eigentlich? Man sieht nichts davon im Fernsehen.«
»Vergessen Sie das Fernsehen. Die Geschichte findet auf einer anderen Ebene statt. Die Situation, in der wir uns befinden, wurde teilweise vom Internet herbeigeführt. Dort spielt sich alles ab. Dort wird die Sache ausgefochten und vielleicht geklärt.«
Ich verlor langsam die Geduld mit Sanchez’ scheinbarer Begeisterung für diplomatische Manöver.
»Ich glaube, ein Zenote auf Cozumel könnte zur Aufzucht des Organismus benutzt worden sein. Und anscheinend sind die Cruzob die Täter.«
Diese Information weckte seine Aufmerksamkeit. »Wie haben Sie das herausgefunden?«
Ich beschrieb ihm, was ich im Dschungel gesehen hatte.
»Sie haben viel riskiert, als Sie dort hingefahren sind. Und an dem Beamten vorbeizuschleichen, der Sie beschützt, mag Ihnen zwar schlau vorkommen, aber es war eine große Dummheit.«
In diesem Moment fiel mir ein, dass ich bei meiner Rückkehr niemanden in dem Wagen gesehen hatte.
»Mag sein«, erwiderte ich, »aber ich habe mehr herausgefunden als Sie und Ihre Leute. Ich glaube außerdem, dass mein Boot dazu benutzt wurde, verseuchtes Wasser aufs Festland hinüberzutransportieren.« Ich schilderte, was ich von Ricardo erfahren hatte. »Damit wurde Deirdre also definitiv von Alfredo und seinen Kumpanen als Geisel genommen.«
»Was mich sehr um ihre Sicherheit fürchten lässt«, sagte Sanchez.
»Ja, es ist äußerst beunruhigend.«
»Allerdings glaube ich nicht, dass Cancun ihr Ziel war.«
»Wieso nicht?«
»Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen waren gestern Vormittag bereits Patrouillenboote vor Ort und ließen niemanden in den Hafen einlaufen.«
»Und der andere Grund?«
»Es hatte bereits vorher einen Anschlag gegeben.«
»Sie meinen, Amhax wurde absichtlich freigesetzt?«
»Amhax?«
»Das ist ein Begriff, auf den meine Kollegen in Florida und ich uns geeinigt haben.«
»Verstehe. Die Antwort lautet jedenfalls ja. Dieses Amhax, wie Sie es nennen, ist in einer großen Hotelanlage aufgetaucht - mit verheerenden Folgen.«
»Und Sie wissen genau, dass es vorsätzlich verbreitet wurde, dass die Verseuchung nicht das Resultat eines natürlichen Prozesses war? Immerhin verläuft die Strömung des Wassers in Richtung Cancun.«
Sanchez seufzte. »Wir haben die Verbreitung des Organismus durch das unterirdische Flusssystem überwacht, so gut es ging. Es ist unmöglich, den Strömungsverlauf in so vielen Kanälen vorherzusagen, von denen die meisten nicht in Karten verzeichnet sind. Aber wir haben die Behörden in Cancun vorgewarnt, und sie ergriffen Vorsichtsmaßnahmen.«
»Welche Vorsichtsmaßnahmen?«
»Zum einen verfügt die Stadt über das größte Reinigungssystem für Leitungswasser im ganzen Land. Es basiert auf der Methode der umgekehrten Osmose, die praktisch jedes Eindringen eines Organismus in das gereinigte Produkt vereitelt. Dennoch haben wir die Anlage für alle Fälle überwacht. Zweitens reinigen die meisten Hotels ihr Wasser zum Kochen und zur Eisbereitung, sodass niemand auf diesem Weg infiziert wurde. Den ersten Hinweis darauf, dass verseuchtes Wasser aus dem unterirdischen
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