Das Maya-Ritual
denn, Sie lösen dieses Kreuzworträtsel.«
»Ich kenne jemanden, der löst andauernd Kreuzworträtsel«, sagte ich.
»Na super, ich kenne jemanden, der fischt sehr viel. Wir sollten die beiden zusammenbringen.«
»Ich meine es ernst. Wenn jemand das Rätsel knackt, dann er. Ich muss noch einmal Ihr Satellitentelefon benutzen, Ernesto.«
Nun war es an mir, ihn mit Vornamen anzusprechen. Sanchez reichte mir lächelnd den Koffer. »Ich hole uns noch Kaffee«, sagte er. Aber kaum war er zur Tür hinaus , streckte er schon wieder den Kopf herein. »Ich verspreche, dass ich diejenige von den beiden Damen, die das Rätsel löst, in Havanna zum Tanzen ausführe. Fantastische Musik - wie in Buena Vista Social Club.«
58
Mein Vater war gerade mit seinem Rätsel vor dem Schlafengehen beschäftigt, als ich zu ihm durchkam.
»Hallo, Dad, ich rufe von einem mexikanischen Marineschiff in der Straße von Florida an. Ich dachte, du könntest uns vielleicht bei einer kniffligen Frage helfen.«
»Bin ich vom Botenjungen zum Berater befördert worden?«
Ich stieg auf den Seitenhieb ein. »Ja. Mehr Prestige, aber schlechtere Bezahlung.«
»Okay, lass hören.«
»Für dich als Kreuzworträtselfreund - zwei Wörter, Crab und Fish. Das erste ist bereits bekannt - es steht für den Wendekreis des Krebses. Das zweite bereitet uns Schwierigkeiten, und es hilft auch nichts, wenn wir es ins Lateinische übersetzen.«
»Habt ihr es mit Griechisch versucht?«
»Nein.«
»Komisch, dass du als Ichthyologe nicht darauf gekommen bist.«
Er hatte recht. Streng genommen war ich zwar kein Ichthyologe, aber nahe dran.
»Hm… ich sehe aber nicht, dass ›Ichthus‹ uns viel weiterbringen würde.«
»Lass mir einen Moment Zeit.« Ich hörte förmlich, wie sein Gehirn arbeitete. Nach etwa zwanzig Sekunden sagte er: »Rufe den Herrn an.« Ich dachte, er würde mich zum Beten auffordern.
»Was?«
»Ichthus ist griechisch für Fisch. Und weil es der griechischen Schreibweise für ›Christ‹ ähnelte, haben die frühen Christen den Fisch als Symbol angenommen.«
»Okay, Dad, wir versuchen es mal damit.« Ich versprach mir nicht viel davon. »Ach, übrigens, ich habe deinen Artikel über Intelligent Design gelesen«, log ich. »Sind ein paar gute Argumente dabei, wir müssen uns mal darüber unterhalten.«
»Das wäre eine willkommene Abwechslung. Mom lässt dich grüßen.«
»Grüß zurück. Ich muss jetzt Schluss machen, ich rufe über Satellitentelefon an, teure Sache.«
Ich legte das Gerät eben in den Koffer zurück, als Sanchez mit drei Styroporbechern Kaffee wiederkam.
»Und, ist Ihrem Experten etwas eingefallen?«
»Das weiß ich noch nicht.« Ich trank einen Schluck aus meinem Becher. »Elena, wir müssen ganz von vorn anfangen. Wir suchen nach einer Insel oder einem Küstendorf mit ›Christ‹ im Namen, wie ›Christchurch‹ etwa.«
»Oder Corpus Christi«, sagte sie fröhlich.
»Oder gar St. Christopher«, schlug Sanchez vor. In meinem Kopf begann alles zu verschwimmen.
Elena brütete ziellos über der großen Karte auf dem Tisch. »Wenn ich die Reißschiene hier im rechten Winkel zur nächsten Inselgruppe auf unserem Kurs anlege, dann zeigt sie fast auf den Ort, über den wir beide vorhin gesprochen haben, Senorita Madison.«
»Welchen meinen Sie, Elena?«
»Key Largo.«
Ich ging hinüber zur Karte und stellte mich neben Elena. Ich sah den Bogen der kleinen Inseln, der sich von Key Largo nach Key West erstreckt.
»Wussten Sie, dass sich bei Key Largo das einzige Korallenriff in den Vereinigten Staaten außerhalb Hawaiis befindet?«, sagte ich. Ich war als Kind im John-Pennebank-Meerespark vor der Insel geschnorchelt. Dort, wo es die Statue auf dem Meeresgrund gab. Bei deren Erwähnung Deirdre so zusammengezuckt war, seinerzeit bei unserem Abendessen im Restaurant.
»Vater hat Recht«, flüsterte ich. »Es bedeutet tatsächlich Christus.« Ich drehte mich zu Sanchez um. »Wir haben es - ›Fisch‹ steht für den Längengrad der Statue ›Christus der Tiefe‹ in Key Largo. Wenn wir feststellen, wo er den Wendekreis schneidet, haben wir ihre Position.«
»Ich fürchte, das müssen Sie mir erklären.«
»Ein andermal«, sagte ich. »Elena, gehen Sie bitte ins Netz und geben Sie…« Ich versuchte, mich an eine der Websites für Taucher zu erinnern, die ich regelmäßig konsultierte. »Ich glaube, es heißt…« Da mir das Wort aus dem Gedächtnis nicht einfiel, griff ich zu einem Kugelschreiber und schloss die
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