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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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keine tapfere Ikarierin retten.“
    „Wenn Ihr ihn nicht fesseln wollt, dann werde ich eben ...“ Als Taya aufstehen wollte, erhoben beide Brüder energischen Protest. Cristof kniete sich vor sie hin und legte ihr beide Hände auf die Schultern.
    „Warte!“, bat er inständig. „Mit verbogenen Federn kannst du nirgendwohin fliegen. Du musst dich ausruhen und deine Schusswunde verbinden lassen, ehe sie schlimmer wird.“
    „Ihr seid ja ziemlich hysterisch, wenn es um Wunden geht!“, knurrte Taya, blieb aber gehorsam sitzen. Ein Teil von ihr war heilfroh, sich nicht gleich wieder beweisen zu müssen. Es ging ihr nicht gut, auch wenn sie dies gern vor Alister verborgen hätte. Sie fühlte sich schwach und ihr war schwindelig.
    „Ein paar Sachen haben wir gemeinsam.“ Alister griente. „Gib mir dein Messer, Cris.“
    „Nein.“ Cristof zog das Messer aus seinem Geschirr und ließ sich auf die Hacken fallen. „Es tut mir leid, Taya, aber entweder du ziehst den Anzug aus, oder ich muss dein Hosenbein aufschneiden.“
    Taya rümpfte die Nase. „Lieber aufschneiden. Aber dann schuldet mir einer von Euch einen neuen Fliegeranzug.“
    „Ich werde dafür sorgen, dass du einen bekommst, mein Schwan“, versprach Alister – Worte, bei denen ein finsterer Ausdruck über Cristofs Gesicht huschte, was Taya keineswegs entging.
    „Hört auf, mich so zu nennen“, blaffte sie, während Cristof das Leder am verkrusteten Einschussloch anhob und es aufschlitzte.
    Alister schwieg beleidigt, aber um Cristofs Lippen spielte ein leises Lächeln.
    „Ihr blutet immer noch“, sagte sie, woraufhin er sich leise stöhnend das Gesicht am Ärmel seines Fliegeranzugs abwischte.
    „Das bringt mich schon nicht um. So, das wäre erledigt.“ Er stand auf. „Alister soll sich die Wunde anschauen. Ich werde nachsehen, was man für deinen Flugapparat tun kann. Viel ist es nicht, fürchte ich. Sei unbesorgt, ich glaube nicht, dass Alister dir etwas tut.“
    „Natürlich nicht!“ Alister nahm den Platz ein, den sein Bruder geräumt hatte und wo ihn Taya mit einem bitterbösen Blick willkommen hieß. Cristof holte seinen Werkzeugbeutel aus einer seiner Taschen und trat hinter sie. Taya spürte, wie ihr Harnisch vibrierte, als er ihre Schwungfedern untersuchte.
    Alister hatte währenddessen die beiden äußeren Gewänder ausgezogen. „Achtung, das tut jetzt vielleicht weh“, warnte er sie, indem er ihr Bein anhob und das Blut daran mit einem der Gewänder abwischte.
    „Als Cris und ich noch klein waren“, erzählte der Erhabene, während er Tayas Wunde versorgte, „wurde eines der Anwesen auf Primus renoviert. Die Familie war für die Dauer der Arbeiten woanders hingezogen, und so beschlossen wir, uns das Haus in Ruhe anzusehen. Natürlich war es gefährlich, und natürlich habe ich mich verletzt. Ich kraxelte über einen Holzstapel und fiel hin, riss mir den Arm auf. Wir haben die Wunde verbunden und zugesehen, dass wir fortkamen. Zu Hause haben wir niemandem etwas erzählt, weil wir Angst hatten, Ärger zu bekommen. Schließlich waren wir unbefugt in das Haus unsere Nachbarn eingedrungen, was uns natürlich streng verboten war.“
    Taya zuckte zusammen, als Alisters Finger der Wunde zu nahe kamen.
    „Nur hat sich der Riss leider entzündet“, fuhr Alister fort. „Es kam zu Eiterbildung, ich bekam Fieber, und dann dauerte es nicht mehr lange, bis die Diener Blut an meinen Laken entdeckten und die zerrissene Robe unter meinem Bett fanden. Unsere Eltern riefen sofort nach unserem Hausarzt, der so ungefähr alles mit der infizierten Wunde anstellte, außer sie auszubrennen. Er hielt uns einen langen Vortrag über Schmutz, Infektionen, Wundbrand und Amputationen und hat uns, kann man wohl sagen, erfolgreich eine Heidenangst eingejagt. Ich dachte, gleich an der nächsten Ecke warte das Schmiedefeuer auf mich. Als er fort war, bekamen wir dasselbe noch einmal von unseren Eltern zu hören. Als sich der Tag dem Ende zuneigte, flossen bei uns beiden reichlich Tränen. Wir dachten ehrlich, sie würden mir den Arm abnehmen.“
    Cristof lachte, ein schallendes, herzhaftes, fröhliches Lachen. Alarmiert sah Taya auf. Hatte sie ihn je lachen hören – und war jetzt der richtige Zeitpunkt, damit anzufangen?
    „Natürlich ist die Wunde verheilt, aber es blieb eine Narbe zurück, und keiner von uns beiden hat die Lektion je vergessen.“ Alister zog den rechten Ärmel hoch. Die Narbe war alt und verblasst, zeichnete sich aber immer noch lang

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