Das mechanische Herz
und uneben auf der dunklen Kupferhaut ab.
Taya verwarf ein paar unliebenswürdige Kommentare, die ihr spontan durch den Kopf schossen, und nickte schweigend.
„Auch hier wird eine Narbe bleiben, fürchte ich“, sagte Alister.
„Wie schlimm sieht es aus?“, wollte Cristof wissen. Taya verrenkte den Kopf und sah sich nach ihm um: Er war gerade dabei, eine der intakten Schwungfedern aus seinen zerbrochenen Flügeln zu lösen.
„Hätte schlimmer sein können“, erwiderte Alister lebhaft. „Die Kugel scheint glatt durch den Muskel gegangen zu sein. Ich würde sagen, du hattest Glück, mein Schwan.“
„Ihr sollt das lassen, habe ich gesagt! Wenn es Euch nicht gäbe, wäre ich gar nicht erst angeschossen worden.“
Alisters Kinn bebte.
„Um die Wunde muss sich ein Mediziner kümmern. Cris? Wenn du mir dein Messer gibst, zerschneide ich eines meiner Gewänder, und wir haben einen Verband.“
„Du kriegst von mir kein Messer in die Hand, also hör auf, danach zu fragen.“
„Glaubst du etwa, ich würde dich angreifen?“
„Ja, und ob ich das glaube“, erwiderte Cristof. „Momentan glaube ich, du bist zu allem fähig.“
Mit versteinertem Gesicht ließ Alister sich auf die Hacken zurücksinken. „Früher oder später wirst du mir vertrauen müssen. Mit ihrem verletzten Bein sollte Taya nicht fliegen, und wenn du versuchst, dich in ihrer Rüstung in die Lüfte zu schwingen, brichst du dir bloß das Genick. Also bin ich der einzige, der Hilfe holen kann.“
„Ich kann mir lebhaft vorstellen, was Ihr holen wollt: eins von den Liktorengewehren, und dann kommt Ihr zurück und gebt uns den Rest!“, fuhr Taya ihn an. „Ich bringe uns hier raus, so gut fliege ich allemal. Dazu braucht man sowieso eher Arme und Hüften und weniger die Beine.“
„Außer beim Landen, nicht wahr? Außerdem – was willst du tun, wenn du beim obersten Steg ankommst? Die Stufen hochhumpeln? Bis ganz nach oben zu den Signalflaggen?“ Alisters Stimme klang süß wie Honig. „Keiner von uns will, dass du leidest. Also bleiben nur Cristof und ich, und du weißt, wie hilflos mein Bruder in der Luft ist.“
„Cris? Haut ihm doch einfach eine runter, damit er die Klappe hält!“, bat Taya.
„In der Luft bin ich ein hoffnungsloser Fall“, bestätigte Cristof. Aufmerksam musterte er die Metallfeder in seiner Hand. „Aber ich haue ihm gern eine runter, wenn du das willst. Im Faustkampf bin ich ganz gut erprobt.“
„Du kannst mich ja kaum sehen!“, höhnte Alister. „Womit wir bei der nächsten Frage wären: Wie willst du es ohne deine Brille an all den Kabeln vorbeischaffen?“
„Lasst gut sein, Alister.“ Taya spürte, wie eine Feder aus ihrem Harnisch glitt. Cristof gab sie ihr und ersetzte sie durch eine unversehrte aus der eigenen Rüstung. „Wir trauen Euch nicht und lassen Euch auf keinen Fall frei in der Gegend herumlaufen.“
„Dann möchtest du also los und Hilfe holen, und wir beide sollen allein zurückbleiben?“ Alister zog die Brauen hoch. „Blind wie ein Maulwurf und leicht wie eine Feder – ich könnte meinen Bruder problemlos zwischen diese Zahnräder werfen und zusehen, wie er zermalmt wird.“
„Glaub ihm kein Wort.“ Cristof zog hinten an ihrem Rücken ein paar Schrauben fest.
„Keine Sorge, ich käme gar nicht auf die Idee“, versicherte Taya, woraufhin Alister verärgert aufstand, an den Rand des Zahnrades trat und hinuntersah.
„Hier!“ Cristof nahm Taya die Feder ab, die er ihr gegeben hatte, und fügte sie dem Bündel defekter und ausgetauschter Federn hinzu, das er bereits neben sich gesammelt hatte. Er hob eine der Roben auf, die Alister auf dem Boden liegengelassen hatte, schnitt mit Mühe einen Streifen schwerer Seide davon ab und packte ihn als Kompresse zwischen Tayas Anzug und die Wunde. „Glaubst du wirklich, dass du fliegen kannst?“, erkundigte er sich dabei leise.
„Ich muss, und deswegen wird es auch gehen. Wir können ihn nicht allein da hochschicken.“
Cris fuhr sich mit allen zehn Fingern durch das kurze Haar. „Doch. Natürlich wird er fliehen, das ist gar keine Frage, aber ehe er uns im Stich lässt, setzt er höchstwahrscheinlich ein Notsignal ab. Soweit vertraue ich ihm. Soviel Ehre hat er im Leib.“
„Wäre es Euch lieber, er entkäme?“ Taya suchte in Cristofs hagerem, scharfkantigen Gesicht nach einer Antwort. Seine Augen blitzten zornig, aber sie wusste genau, dass sich der Zorn nicht gegen sie richtete. Cristof war wütend auf sich
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