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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Ich habe ihn vor ein paar Stunden ins Bett geschickt und gesagt, ich würde für ihn wachen.«
    »Danke.« Er richtete sich vorsichtig in den Kissen auf. »Wir fahren gar nicht, oder?«
    Erst jetzt wurde ihm klar, dass es die fehlende Bewegung war, die ihn geweckt hatte; das Schiff wiegte sich sanft auf den Wellen, die sich unter dem Kiel hoben und senkten, aber seine rasende Fahrt war zum Stillstand gekommen.
    »Nein, Mylord. Wir haben angehalten, damit das andere Schiff neben uns längsseits gehen kann.«
    »Schiff. Das Segel! Was für ein Schiff ist es?« Grey setzte sich senkrecht hin und stieß sich um ein Haar erneut den Kopf an einem schmalen Bücherbord über der Koje.
    »Die Scorpion «, erwiderte Jack Byrd. »Ein Truppenschiff, sagt der Maat.«
    »Ein Truppenschiff? Dem Himmel sei Dank! Wohin ist es unterwegs?«
    Durch seine abrupte Bewegung aufgestört, rollte sich die Katze mit einem protestierenden Mirp ! auseinander.
    »Weiß nicht. Sie sind noch nicht in Rufweite. Der Kapitän ist nicht besonders erfreut«, merkte Byrd an. »Aber Mr. Trevelyan hat die Order erteilt.«
    »Ach, wirklich?« Grey sah Byrd fragend an, doch dessen glattes, schlankes Gesicht zeigte keine besondere Reaktion. Es mochte Trevelyans Order gewesen sein, die
dazu geführt hatte, dass sie Kontakt zu dem anderen Schiff suchten - doch er hätte ein Jahreseinkommen darauf verwettet, dass die tatsächliche Order von Finbar Scanlon gekommen war.
    Er atmete tief durch und wagte es kaum zu hoffen. Möglicherweise fuhr das andere Schiff ja gar nicht nach England; es konnte sie leicht überholt haben und aus England nahezu überallhin unterwegs sein. Doch wenn es Frankreich oder Spanien ansteuerte, irgendein Land, von dem er relativ schnell nach England gelangen konnte, dann würde er bald zurück in London sein. Hoffentlich noch rechtzeitig.
    Er verspürte den unmittelbaren Impuls, aus dem Bett zu hechten und sich in seine Kleider zu stürzen - irgendjemand, wahrscheinlich Tom, hatte ihn entkleidet und ihn im Hemd ins Bett gelegt -, doch es war klar, dass noch einige Zeit vergehen würde, bis die beiden Schiffe sich Seite an Seite manövriert hatten, und Jack Byrd machte keine Anstalten, sich zu erheben und zu gehen, sondern saß stumm da und betrachtete ihn nachdenklich.
    Plötzlich wurde ihm klar, warum das so war, und er hielt in seiner Bewegung inne und wandelte sie so ab, dass er stattdessen nach der Katze griff, die er auf seinen Schoß legte, wo sie sich prompt erneut zusammenrollte.
    »Wenn das Schiff in die richtige Richtung unterwegs ist, werde ich natürlich an Bord gehen und nach England zurückkehren«, hob er vorsichtig an. »Euer Bruder Tom - meint Ihr, er möchte mich begleiten?«
    »Oh, das möchte er gewiss, Mylord.« Byrd richtete sich auf dem Hocker auf. »Besser, wenn er nach England heimfahren kann, damit unser Vater und die anderen erfahren,
dass es ihm gut geht - und mir«, fügte er etwas verspätet an. »Ich nehme an, sie werden sich ein wenig Sorgen machen.«
    »Davon gehe ich aus.«
    Es folgte eine peinliche Pause, doch Byrd bequemte sich immer noch nicht zum Gehen. Grey erwiderte seinen Blick.
    »Möchtet Ihr mit Eurem Bruder nach England zurückkehren?«, fragte Grey schließlich ganz unverblümt. »Oder möchtet Ihr in Mr. Trevelyans Diensten nach Indien weiterfahren?«
    »Nun, genau das, Mylord, frage ich mich selbst, seit dieses Schiff uns so nah gekommen ist, dass Mr. Hudson sagen konnte, was für ein Schiff es ist.« Jack Byrd kratzte sich nachdenklich unter dem Kinn. »Ich bin schon sehr lange bei Mr. Trevelyan - seit ich zwölf war. Ich … hänge an ihm.« Er warf Grey einen raschen Blick zu, dann hielt er inne, als warte er auf etwas.
    Also hatte er sich nicht geirrt. Er hatte diesen unbewachten Ausdruck in Jack Byrds Gesicht gesehen - und Jack Byrd hatte gesehen, dass er ihn beobachtete. Er zog eine Augenbraue hoch und sah, wie sich die Schultern des jungen Mannes plötzlich entspannt senkten.
    »Nun … denn.« Jack Byrd zuckte mit den Achseln und ließ die Hände auf seine Knie sinken.
    »Tja.« Grey rieb sich ebenfalls das Kinn und fühlte seinen starken Bartwuchs. Tom würde noch Zeit haben, ihn zu rasieren, bevor die Scorpion neben der Nampara längsseits ging, dachte er.
    »Habt Ihr mit Tom gesprochen? Er hofft doch bestimmt, dass Ihr mit ihm nach England zurückkommt.«
    Jack Byrd biss sich auf die Unterlippe.

    »Ich weiß.«
    Jetzt ertönten oben Stimmen, die merkwürdig klangen; langgezogene

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