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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Rufe, als heule jemand in einem Schornstein - er nahm an, dass die Nampara versuchte, mit jemandem auf dem Truppenschiff zu kommunizieren. Wo war seine Uniform? Ah, da, ordentlich gebürstet an einem Haken neben der Tür aufgehängt. Würde Tom Byrd mit ihm gehen wollen, wenn das Regiment einen neuen Posten bezog? Er konnte es nur hoffen.
    Vorerst jedoch war da noch Toms Bruder, der hier vor ihm saß.
    »Ich würde Euch eine Stelle anbieten - als Hausdiener -«, fügte er hinzu und sah den jungen Mann direkt an, damit diesem auch ganz klar war, was hier angeboten wurde und was nicht, »- im Haus meiner Mutter. Ihr hättet also Arbeit.«
    Jack Byrd nickte, die Lippen leicht gespitzt.
    »Nun, Mylord, das ist sehr liebenswürdig. Obwohl Mr. Trevelyan für mich vorgesorgt hat; ich würde nicht hungern. Aber ich sehe keine Möglichkeit, ihn zu verlassen.«
    Dieser letzte Satz klang so fragend, dass Grey sich hinsetzte, um sich der Situation angemessen zu widmen, und sich so drehte, dass er mit dem Rücken zur Wand saß.
    Suchte Jack Byrd eine Rechtfertigung, um zu bleiben, oder eine Entschuldigung, um zu gehen?
    »Es ist nur so … ich bin schon sehr lange bei Mr. Joseph«, sagte Byrd und streckte die Hand aus, um die Katze an den Ohren zu kraulen - mehr, um Greys Blick auszuweichen als aus angeborener Katzenliebe, dachte Grey. »Er hat gut für mich gesorgt; ist immer gut zu mir gewesen.«

    Und wie gut genau? fragte sich Grey. Er war sich in Bezug auf Byrds Gefühle vollkommen sicher - und auch hinreichend sicher in Bezug auf Trevelyans, was das anging. Ganz gleich, ob es jemals Intimitäten zwischen Trevelyan und seinem Bediensteten gegeben hatte - und er neigte dazu, dies zu bezweifeln -, es gab keinen Zweifel, dass Trevelyans Gefühle jetzt einzig der Frau galten, die unter Deck lag, schweigend und gelb zwischen zwei Schüben ihrer Krankheit.
    »Er ist solcher Loyalität nicht würdig. Das wisst Ihr«, sagte Grey und beließ den letzten Satz irgendwo im Niemandsland zwischen Behauptung und Frage.
    »Und Ihr seid es, Mylord?« Die Frage wurde ohne jeden Sarkasmus gestellt und Byrds grünbraune Augen ruhten ernst auf seinem Gesicht.
    »Wenn Ihr Euren Bruder meint, so schätze ich seine Dienste mehr, als ich sagen kann«, erwiderte Grey. »Ich hoffe, dass er das weiß.«
    Jack Byrd lächelte schwach und sah auf seine Hände hinunter, die auf seinen Knien lagen.
    »Oh, das glaube ich schon.«
    Eine Zeit lang saßen sie da, ohne etwas zu sagen. Die Spannung zwischen ihnen ließ allmählich nach, als löste das Schnurren der Katze sie auf. Das Rufen über ihnen war verstummt.
    »Es ist möglich, dass sie stirbt«, sagte Jack Byrd. »Nicht, dass ich ihr das wünsche; ganz und gar nicht. Aber es könnte sein.« Er sagte es nachdenklich und ohne jede Spur von Hoffung - und Grey glaubte ihm, dass es keine gab.
    »Es könnte sein«, pflichtete er ihm bei. »Sie ist sehr
krank. Aber Ihr meint, wenn dieses Unglück eintreten sollte -«
    »Nur, dass er dann jemanden braucht, der sich um ihn kümmert«, antwortete Byrd rasch. »Nur das. Ich würde nicht wollen, dass er allein ist.«
    Grey verkniff sich die Antwort, dass es Trevelyan schwer fallen dürfte, an Bord eines Schiffes mit zweihundert Matrosen allein zu sein. Die Geräusche des Hin und Hers der Mannschaft waren nicht verstummt, sondern hatten ihren Rhythmus geändert. Das Schiff rauschte nicht mehr dahin, doch es lag auch nicht reglos im Wasser; er konnte den sanften Sog von Wind und Strömung an der Schiffswand spüren. Er streichelte die Katze und stellte es sich wie die Hände des Ozeans auf der Haut des Schiffes vor. Er fragte sich flüchtig, ob es ihm wohl gefallen hätte, zur See zu fahren.
    »Er sagt, dass er ohne sie nicht leben will«, sagte er schließlich. »Ich weiß nicht, ob er es ernst meint.«
    Byrd schloss kurz die Augen, und seine langen Wimpern warfen ihre Schatten auf seine Wangen.
    »Oh, er meint es ernst«, sagte er. »Aber ich glaube nicht, dass er es tun würde.« Er öffnete die Augen und lächelte ein wenig. »Damit will ich natürlich nicht sagen, dass er ein Heuchler ist - das ist er nicht, nicht mehr, als jeder Mensch es von Natur aus ist. Aber er -« Er hielt inne und schob die Unterlippe vor, während er überlegte, wie er ausdrücken sollte, was er meinte.
    »Es ist einfach so, dass er so lebendig scheint«, sagte er schließlich langsam. Er blickte zu Grey auf, und seine dunklen Augen leuchteten. »Nicht die Art Mensch, die sich umbringt.

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