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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Luft einatmet.«
    »Nun, das ist es ja auch oft«, pflichtete ihm Scanlon bei. »Aber das Geheimnis der Heilung liegt im Blut, versteht Ihr? Das Okulum war das Geheimnis, das der Stabsarzt entdeckt hat und an mich weitergegeben hat. Obwohl es wahr ist, dass man manchmal mehr als einen Versuch braucht, um eine richtige Infektion herbeizuführen«, fügte er hinzu und rieb sich die Nase. »Bei Mrs. Maria habe ich Glück gehabt; die Anwendung hat nur eine Woche gedauert, und schon hat sie wunderbar gebrannt. Ich hoffe, bei Mr. Trevelyan wirkt es genauso gut. Er wollte aber erst mit der Behandlung beginnen, wenn wir sicher auf hoher See waren.«
    »Oh, ich verstehe«, sagte Grey. Und so war es auch. Trevelyan hatte sich nicht entschlossen, mit Maria Mayrhofer zu fliehen, um mit ihr zu sterben - sondern in der Hoffnung, den Fluch zu überwinden, der auf ihnen lag.
    »Nun gut, Sir.« Bescheidener Triumph leuchtete aus den Augen des Apothekers. »Versteht Ihr nun auch, Sir, warum ich glaube, dass Mr. Trevelyan in der Tat geneigt sein dürfte, auf mich zu hören?«
    »Das tue ich«, stimmte Grey ihm zu. »Und sowohl die Armee als auch ich werden Euch dankbar sein, Scanlon, wenn Ihr es zuwege bringt, dass diese Information rasch zurück nach London gelangt.« Er schob seinen Hocker zurück, hielt jedoch inne, um noch eine Bosheit abzufeuern.

    »Ich glaube allerdings, dass Ihr bald mit ihm sprechen solltet. Seine Dankbarkeit dürfte beträchtlich schwinden, wenn Frau Mayrhofer dank Eurer Wunderheilkunst stirbt.«

18
    Die Würfel Gottes
    Acht Tage verstrichen, und Maria Mayrhofer lebte immer noch - doch Grey konnte die Schatten in Trevelyans Augen sehen und wusste, wie sehr er die Rückkehr des Fiebers fürchtete. Sie hatte zwei weitere Fieberanfälle überlebt, doch Jack Byrd hatte Tom erzählt - und dieser hatte es natürlich ihm erzählt -, dass es knapp gewesen war.
    »Sie ist nicht viel mehr als ein gelber Geist, sagt Jack«, unterrichtete ihn Tom. »Mr. Scanlon macht sich große Sorgen, auch wenn er gute Miene zu alledem macht und ständig wiederholt, dass sie gesund wird.«
    »Nun, das hoffen wir doch wohl alle, Tom.« Er hatte Frau Mayrhofer nicht wieder gesehen, doch das, was er bei jener einen, kurzen Gelegenheit von ihr gesehen hatte, hatte ihn beeindruckt. Er neigte dazu, Frauen anders wahrzunehmen als die meisten anderen Männer; er schätzte Gesichter, Brüste und Pobacken als Objekte der Schönheit, nicht aber der Lust, und war daher nicht blind für die Persönlichkeiten, die dahinter lagen. Maria Mayrhofer hatte auf ihn Eindruck gemacht, als hätte sie eine Persönlichkeit von genügend Kraft, um den Tod persönlich in die Flucht zu schlagen - wenn sie es wollte.

    Und würde sie es tun? Er glaubte, dass sie sich zwischen zwei Polen hin- und hergerissen fühlen musste: der Stärke ihrer Liebe zu Trevelyan, die sie zum Leben zog, während die Schatten ihres ermordeten Mannes und Kindes sie zum Tod hinabziehen mussten. Möglicherweise hatte sie Scanlons Okulum als Glücksspiel akzeptiert und die Würfel in Gottes Hände gelegt. Wenn sie die Malaria überlebte, würde sie frei sein - nicht nur von der Krankheit, sondern auch von ihrem Leben davor. Wenn nicht… nun, dann würde sie für immer vom Leben befreit sein.
    Grey lag in der Hängematte, die man ihm im Mannschaftsquartier zugewiesen hatte, während Tom im Schneidersitz darunter auf dem Boden saß und einen Strumpf stopfte.
    »Verbringt Mr. Trevelyan viel Zeit bei ihr?«, fragte er neugierig.
    »Ja, Mylord. Jack sagt, er lässt sich nicht mehr abweisen, sondern weicht ihr kaum noch von der Seite.«
    »Ah.«
    »Jack macht sich auch Sorgen«, sagte Tom und blickte heftig blinzelnd auf seine Arbeit. »Aber ich weiß nicht, ob sie es ist, um die er sich Sorgen macht, oder er.«
    »Ah«, sagte Grey erneut und fragte sich, was Jack seinem Bruder verraten hatte - und was Tom vermutete.
    »Am besten lasst Ihr Eure Schuhe aus, Mylord, und geht barfuß wie die Matrosen. Seht Euch das an - das ist ja so groß wie eine Teetasse!« Zur Illustration steckte er zwei Finger durch das Loch in dem Strumpf und blickte tadelnd zu Grey auf. »Außerdem werdet Ihr Euch noch den Hals brechen, wenn Ihr das nächste Mal an Deck ausrutscht und hinfallt.«

    »Da habt Ihr wohl Recht, Tom«, sagte Grey und stieß sich mit den Zehen an der Wand ab, um die Hängematte zum Schaukeln zu bringen. Zwei Beinahe-Katastrophen auf dem feuchten Deck hatten ihn zum gleichen Schluss gebracht.

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