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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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so viele Möglichkeiten. Raubüberfall, hatte Magruder gemeint. Vielleicht … aber angesichts dessen, was er über O’Connells reizbares Temperament wusste, neigte er nicht zu der Annahme, dass eine Räuberbande ihn zufällig ausgewählt hätte - es gab wirklich Hühner, die einfacher zu rupfen waren.
    Doch was, wenn es O’Connell gelungen war, seinen Auftraggeber zu treffen - falls es einen solchen gab, ermahnte sich Grey zur Ordnung - und er seine Dokumente übergeben und eine Geldsumme erhalten hatte?
    Er zog die Möglichkeit in Betracht, dass der Auftraggeber O’Connell dann ermordet hatte, um sich sein Geld zurückzuholen oder einen Risikofaktor auszuschalten -
doch warum hatte er O’Connell dann nicht gleich umgebracht und die Dokumente an sich genommen? Nun … wenn O’Connell so klug gewesen war, die Dokumente nicht bei sich zu tragen und sein Auftraggeber das wusste, hatte er wohl darauf geachtet, zuerst die Waren in die Hände zu bekommen, bevor er weitere Schritte zur Beseitigung des Überbringers unternahm.
    Doch es war genauso gut möglich, dass jemand anders entdeckt hatte, dass sich O’Connell im Besitz einer Geldsumme befand und ihn im Verlauf eines Raubüberfalls umgebracht hatte, der nichts mit den gestohlenen Unterlagen zu tun hatte. Doch das Ausmaß der Verletzungen, die man ihm beigebracht hatte, deutete darauf hin, dass der Täter, wer er auch immer war, hatte sicher gehen wollen, dass O’Connell tot war. Zufällige Räuber hätte das nicht interessiert; sie hätten O’Connell eins über den Schädel gebrummt und sich davongemacht, ohne sich im Geringsten darum zu kümmern, ob er lebte oder starb.
    Ein Spion wäre wahrscheinlich sichergegangen. Und doch - hätte sich ein solcher Auftraggeber auf die Dienste von Komplizen verlassen? Denn O’Connell hatte sich eindeutig mehr als einem Angreifer gegenüber gesehen - und dem Zustand seiner Hände nach hatte auch er seine Spuren bei ihnen hinterlassen.
    »Was meint Ihr, Tom?«, sagte er, mehr um seine eigenen Gedanken zu ordnen als um Byrds Meinung zu hören. »Wenn es auf Geheimhaltung angekommen wäre, wäre es dann nicht vernünftiger gewesen, eine Waffe zu benutzen? Einen Mann zu Tode zu prügeln ist mit Sicherheit eine laute Angelegenheit, die eine Menge unerwünschter Aufmerksamkeit erregt, meint Ihr nicht auch?«

    »Ja, Mylord. Ich nehme es an. Obwohl, was das angeht …«
    »Ja?« Er sah sich nach Byrd um, der seine Schritte ein wenig beschleunigte, um zu Grey aufzuschließen.
    »Nun ja, es ist nur - ich hab’ natürlich noch nie gesehen, wie ein Mann zu Tode geprügelt wurde. Aber wenn man ein Schwein schlachtet, gibt es nur dann furchtbares Gekreische, wenn man es falsch macht.«
    »Falsch macht?«
    »Ja, Mylord. Wenn man es richtig macht, braucht man nur einen gezielten Schlag. Das Schwein merkt gar nicht, was es getroffen hat, und es gibt kaum Lärm. Aber wenn es ein Mann macht, der nicht weiß, was er tut, oder nicht genug Kraft hat -« Byrd verzog das Gesicht bei dem Gedanken an derartige Inkompetenz. »Genug Lärm, um die Toten zu erwecken. Gegenüber dem Geschäft meines Vaters ist eine Metzgerei«, erklärte er. »Ich habe schon oft gesehen, wie Schweine geschlachtet werden.«
    »Das ist ein sehr gutes Argument, Tom«, sagte Grey langsam. Wenn es um Raub oder Mord gegangen wäre, hätte man es mit sehr viel weniger Theater vollbringen können. Also war das, was Tim O’Connell zugestoßen war, wahrscheinlich ein Unfall … und doch war die Leiche einige Zeit nach dem Tod transportiert worden. Warum?
    Seine Überlegungen wurden durch die Geräusche eines heftigen Wortwechsels in der Gasse unterbrochen, die zur Rückseite des Gefängnisses führte.
    »Was machst du denn hier, du irische Hure?«
    »Ich habe das Recht, hier zu sein - im Gegensatz zu dir, du schäbige Diebin!«

    »Hexe!«
    »Miststück!«
    Als er den Streitgeräuschen in die Gasse hinein folgte, sah Grey Timothy O’Connells versiegelten Sarg auf dem Boden liegen, umringt von Menschen. Inmitten der Menge stand Mrs. O’Connells schwangere Gestalt in Kampfhaltung einer anderen, ihm unbekannten Frau gegenüber.
    Die Damen waren nicht allein, wie er sah; der Apotheker Scanlon versuchte vergeblich, Mrs. O’Connell zu bewegen, von ihrer Gegnerin abzulassen. Dabei stand ihm ein hoch gewachsener, grobknochiger Ire zur Seite. Die zweite Dame hatte ebenfalls Verstärkung dabei, und zwar in Person eines kleinen, fetten Klerikers, der einen steifen Kragen und einen

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