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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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kalt war, was? Wer ist denn hier die Schlampe, du mit deinem Bauch kurz vorm Platzen!«
    »Ich bin eine verheiratete Frau - zweimal verheiratet! Und du, ohne Namen und ohne Anstand -«
    »Ach, Francie, Francie -« Scanlon legte die Arme um seine aufgebrachte Frau und hielt sie mit aller Kraft zurück. »Lass doch, Liebste, lass doch. Du willst doch nicht, dass dem Kleinen etwas zustößt, oder?«
    Auf diese Weise an ihren empfindlichen Zustand erinnert, gab Francine nach, obwohl sie sich weiter aufplusterte und dabei stark an einen Bullen erinnerte, der einen Haufen Eindringlinge von einer Wiese vertrieben hat und sicher gehen will, dass sie auch vertrieben bleiben.
    Grey wandte sich wieder der anderen Frau zu, just als diese erneut den Mund öffnete. Er hielt ihr die Schwertspitze mitten vor die Brust und verkürzte ihre Argumentation zu einem knappen, erschrockenen »Iiek!«
    »Wer zum Teufel seid Ihr?«, fragte er entschlossen, denn seine Geduld war jetzt erschöpft.
    »Iphigenia Stokes«, erwiderte sie brüskiert. »Wie könnt Ihr es wagen, Euch an meiner Person zu vergreifen, Ihr?« Sie trat einen Schritt zurück und hieb mit einer
Hand nach seinem Schwert. Diese war zwar mit einem schwarzen Spitzenhandschuh bekleidet, doch der konnte nicht verbergen, wie kräftig und rot sie war.
    »Und wer seid Ihr ?« Grey fuhr zu dem kleinen Geistlichen herum, der sich hinter einem Fass in Sicherheit gebracht und die Vorstellung in aller Ruhe genossen hatte.
    »Ich?« Der geistliche Herr machte ein überraschtes Gesicht, verbeugte sich jedoch bereitwillig. »Reverend Mr. Cobb, Sir, Hilfspfarrer von St. Giles. Ich bin gebeten worden herzukommen und die Obsequien für den verstorbenen Mr. O’Connell zu sprechen, im Auftrag von Mrs. Stokes, die, wie ich höre, mit dem Verblichenen persönlich befreundet gewesen ist.«
    »Ihr was ? Ein verdammter Protestant ?« Francine O’Connell-Scanlon richtete sich zu voller Größe auf und zitterte erneut vor Wut. Mr. Cobb betrachtete sie argwöhnisch, schien sich jedoch an seinem Rückzugsort hinreichend sicher zu fühlen, denn er verbeugte sich höflich vor ihr.
    »Die Bestattung soll im Kirchhof von St. Giles stattfinden, Ma’am - wenn Ihr und Euer Gatte teilnehmen möchtet?«
    Bei diesen Worten drängte sich das gesamte irische Kontingent nach vorn, offenbar in der Absicht, den Sarg zu ergreifen und ihn mit Gewalt wegzuschleppen. Ohne sich davon einschüchtern zu lassen, rückte Mrs. Stokes’ Eskorte mit Feuereifer vor, wobei sich einige der Herren Bretter von einem baufälligen Zaun abrissen, um sie als Knüppel zu benutzen.
    Mrs. Stokes feuerte ihre Truppen mit »Katholische-Hure!«-Rufen an, während Mr. Scanlon, der einen unentschlossenen
Eindruck machte, seine Frau aus der Gefahrenzone zerrte und gleichzeitig die freie Faust in Richtung der Protestanten schüttelte und allerhand irische Beschimpfungen brüllte.
    Da er einen blutigen Aufstand kommen sah, sprang Grey auf den Sarg und schwang sein Schwert heftig hin und her, um die Anstürmenden zurückzutreiben.
    »Tom!«, rief er. »Hol die Konstabler!«
    Tom Byrd hatte nicht auf Anweisungen gewartet, sondern war anscheinend schon während der Anfänge der Rauferei verschwunden, um Verstärkung zu holen; Grey hatte das Wort »Konstabler« kaum ausgesprochen, als auf der Straße das Geräusch rennender Schritte erklang. Konstabler Magruder und zwei seiner Männer kamen in die Gasse geschossen und hielten ihre Knüppel und Pistolen bereit, während Tom Byrd keuchend die Nachhut bildete.
    Angesichts dieses Eintreffens bewaffneter Autoritäten trennten sich die verfeindeten Trauergesellschaften augenblicklich, ihre Messer verschwanden wie von Zauberhand, und die Knüppel wurden mit der größten Beiläufigkeit fallen gelassen.
    »Seid Ihr in Schwierigkeiten, Major?«, rief Konstabler Magruder, der ein deutlich amüsiertes Gesicht machte, als er zuerst die Teilnehmerinnen des Witwenwettstreits und dann Grey auf seiner wackeligen Insel betrachtete.
    »Nein, Sir, ich danke Euch«, erwiderte Grey höflich und schnappte nach Luft. Er spürte die billigen Bretter des Sarges unheilvoll ächzen, als er das Gewicht verlagerte, und der Schweiß rann ihm an der Wirbelsäule entlang. »Wenn es Euch aber nichts ausmachen würde, noch einen Moment dort stehen zu bleiben …?«

    Er holte tief Luft und trat vorsichtig von seinem Podest. Er war durch eine Pfütze gerollt; sein Hosenboden war nass, und er konnte spüren, dass der Rocksaum unter

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