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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Verfassung war, trank mürrisch einen Schluck Tee und nahm diese Ankündigung mit einem Kopfnicken entgegen. Adams, der erst seit kurzem als Hausdiener arbeitete und neu bei Grey war, fasste dies als Erlaubnis auf und trat beiseite, um die wartende Gestalt mit einer Geste hereinzubitten.
    »Wer seid Ihr denn?« Grey sah den jungen Mann, der
nun zum Vorschein kam, mit verständnislosem Erstaunen an.
    »Tom Byrd, Mylord«, sagte der junge Mann und verbeugte sich respektvoll, den Hut in der Hand. Er war gedrungen und kräftig, hatte einen Kopf wie eine Kanonenkugel und war so jung, dass er noch Sommersprossen auf den blassen Wangen und auf seiner Stupsnase hatte. Trotz seiner Jugend strahlte er allerdings bemerkenswerte Entschlossenheit aus.
    »Byrd. Byrd. Oh, Byrd!« Lord Johns träge Gehirnwindungen setzten sich langsam in Bewegung. Tom Byrd. Wahrscheinlich war dieser junge Mann ja mit dem verschwundenen Jack Byrd verwandt. »Warum seid Ihr - oh. Schickt Euch vielleicht Mr. Trevelyan?«
    »Ja, Mylord. Oberst Quarry hat ihm gestern Abend eine Note geschickt und ihm geschrieben, man hätte Euch damit betraut, Euch um… äh-hem.« Er räusperte sich übertrieben mit einem Blick auf Adams, der zum Rasierpinsel gegriffen hatte und angestrengt damit in der Seifenschale rührte, um reichlich Rasierschaum zu produzieren. »Mr. Trevelyan hat gesagt, ich solle Euch aufsuchen und Euch zur Hand gehen, wobei auch immer Eure Lordschaft Hilfe braucht.«
    »Was? Verstehe; wie freundlich von ihm.« Byrds würdevolles Benehmen amüsierte Grey, doch seine Diskretion sprach für ihn. »Welchen Dienst verseht Ihr denn normalerweise in Mr. Trevelyans Haushalt, Tom?«
    »Ich bin Hausdiener, Sir.« Byrd richtete sich so gerade auf, wie er konnte, und hob das Kinn, um noch ein oder zwei Zentimeter hinzuzufügen; Dienstboten wurden normalerweise ebenso sehr nach ihrem Aussehen wie nach
ihren Fähigkeiten ausgesucht und waren meistens hoch gewachsen und gut gebaut. Byrd entsprach nicht gerade der Norm, aber die fehlende Körperlänge machte er durch seinen Eifer wett.
    Grey rieb sich die Oberlippe, dann stellte er seine Teetasse beiseite und warf einen Blick auf Adams, der die Seifenschale hingestellt hatte und jetzt in der einen Hand das Rasiermesser hielt, in der anderen den Streichriemen, anscheinend unsicher, wie er beides am besten wirksam zur Anwendung brachte. »Sagt mir, Byrd, habt Ihr irgendwelche Erfahrung als Leibdiener?«
    »Nein, Mylord - aber ich kann jemanden rasieren.« Tom Byrd vermied es mit Bedacht, Adams anzusehen, der den Streichriemen weggelegt hatte und jetzt mit gerunzelter Stirn am Rand seiner Schuhsohle ausprobierte, wie scharf die Klinge war.
    »Aha?«
    »Ja, Mylord. Mein Vater ist Barbier, und wir Jungs mussten den abgebrühten Schweinen, die er kaufte, die Borsten abrasieren, aus denen er Pinsel gemacht hat. Zum Üben.«
    »Hmmm.« Grey betrachtete sich im Spiegel über der Kommode. Sein Bart war nur ein oder zwei Töne dunkler als sein blondes Haar, aber er wuchs kräftig, und die dichten Stoppeln glänzten wie Weizenstroh im Morgenlicht. Nein, er konnte wirklich nicht auf seine Rasur verzichten.
    »Nun gut«, sagte er resigniert. »Adams - gebt Tom das Rasiermesser, bitte. Dann bürstet meine älteste Uniform ab und sagt dem Kutscher, dass ich ihn brauche. Mr. Byrd und ich werden uns eine Leiche anschauen.«

     
    Eine Nacht im Wasser des Puddle Docks und zwei Tage in einem Schuppen hinter dem Gefängnis von Clapham hatten Timothy O’Connells Erscheinung, die sowieso nie seine besondere Stärke gewesen war, auch nicht weiter gut getan. Immerhin konnte man ihn aber noch erkennen, was man von dem Gentleman, der an der Wand auf einem Stück Leinen lag, nicht behaupten konnte. Anscheinend hatte er sich erhängt.
    »Bitte dreht ihn auf den Bauch«, sagte Grey knapp durch sein Taschentuch, das er mit Wintergrünöl getränkt hatte und sich vor die untere Gesichtshälfte hielt.
    Die beiden Häftlinge, die dazu abgestellt worden waren, ihn in diese provisorische Leichenhalle zu begleiten, machten aufmüpfige Gesichter - sie waren bereits gezwungen worden, O’Connell aus seinem billigen Sarg zu holen und sein Leichentuch zu entfernen, damit Grey ihn untersuchen konnte -, doch auf ein schroffes Wort des befehlshabenden Konstablers setzten sie sich widerwillig in Bewegung.
    Immerhin war er grob gewaschen worden. Die Spuren seiner letzten Schlacht waren deutlich zu sehen, obwohl die Leiche aufgedunsen und ihre Haut stark

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