Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben
als Ciana nicht zurückkam, aber Dossam glaubt, du seiest ein Geschenk. Das macht dir doch sicher Mut.«
Sam. Ich versuchte, nicht an Sam zu denken, der dort draußen mit Drachen und Sylphen gefangen war. Besser, weiter Fragen zu stellen, wie sehr ich mir auch wünschte, Meuric daran zu erinnern, dass er es war, der mich Sam weggenommen hatte. Das machte mir nun wirklich Mut. »Aber Janan hat jedem Menschen Leben gegeben, und er sagte, ich sei ein Fehler. Wie kann er Fehler machen?«
Meurics Gesichtsausdruck war so düster wie Donnerwolken. Keine Ahnung, was er tun würde, wenn ich weiter in ihn drang, falls er überhaupt etwas tun konnte, aber ich hätte Sams Klavier darauf gewettet, dass Meuric mehr über den Tempel wusste, als er zugab. Ich musste nur die richtigen Fragen finden.
»Wonach suchst du?«, fragte er. »Willst du hören, dass du ein Fehler bist? Würde es etwas ändern, wenn ich dir sagte, dass du keiner bist? Du weißt bereits, dass ich an Janan glaube, und dies ist sein Tempel. Er ist der Tempel. Er spricht nicht oft, aber er lügt niemals. Wenn er gesagt hat, du seiest ein Fehler, dann bist du einer. Ich weiß nicht, woher du gekommen bist, doch ich weiß, dass Janan nichts mit dir zu tun hatte. Deine Antworten sind nicht hier drin.«
Die Worte trafen mich wie ein Faustschlag. Ich konnte nur nicken. Es war sicher nicht die Antwort, die ich wollte, aber ich hatte vor langer Zeit gelernt, dass mich niemand belügen würde, nur um meine Gefühle nicht zu verletzen.
Ich wollte wirklich nur wissen, was geschehen war. Ich konnte nicht ändern, was ich war oder was ich nicht war. Ich senkte den Blick. »Weißt du, wie man hier herauskommt? Ich möchte Sam suchen.«
»Ja, das können wir tun.« Seine Hand fuhr über die Manteltasche, so schnell, dass ich es nicht hätte sehen sollen. Ich heuchelte Interesse an meinen Ärmeln, an dem dunklen Stoff über weißer Haut. »Komm mit.«
Zu einfach. Irgendwann hatte er aufgegeben, so zu tun, als wisse er nichts über den Tempel. Das konnte nur bedeuten, dass er mich an einen Ort führen wollte, zu dem ich nicht hinwollte.
»Okay.« Ich zog meine Kleidung zurecht und schulterte den Rucksack, schwer von den Büchern, die ich gestohlen hatte. »Ja, ich möchte eigentlich nicht länger hierbleiben. Man kann nichts sehen, und nichts ist so, wie es aussieht.« Ich ging auf ihn zu und blieb auf Armeslänge von ihm stehen. Ich hielt ihn zwischen der umgedrehten Grube und mir.
»Beunruhigend, nicht wahr?«
Ich zögerte und wünschte mir verzweifelt, ich wäre so tapfer, wie Sam es behauptete.
Bevor ich handeln konnte, bemerkte Meuric irgendetwas an mir – Haltung oder beschleunigte Atmung vielleicht – und sagte: »Es wird einfacher sein, wenn du dich benimmst.«
»Was wird einfacher sein?«
»Dich hier drin zu verirren. Du wirst keinen Hunger oder Durst haben. Du wirst nicht müde werden. Janan will dich nicht, und ich werde dich nicht töten, aber du verursachst zu viele Probleme in Heart. Du stellst zu viele Fragen. Ich hatte gehofft, es würde sich ändern, wenn ich dich Li zurückgebe. Diese Situation hier ist nicht das, was ich mir vorgestellt hatte.«
»Sam wird dich nicht …«
»Sam wird annehmen, dass du gestorben seist. Bei einem Angriff von Drachen oder Sylphen werden viele Leichen nie gefunden. Er wird traurig sein, aber er wird darüber hinwegkommen. Es sei denn, er stirbt ebenfalls. Und selbst dann ist es unwahrscheinlich, dass er vor der Seelennacht wiedergeboren wird.«
»Was geschieht dann?« Die Seelennacht war erst an der Frühlings-Tag-und-Nacht-Gleiche im Jahr der Seelen, noch über ein Jahr hin.
Er entblößte seine Zähne, als er lächelte. »Darüber brauchst du dir nicht den Kopf zu zerbrechen.«
Ich bewegte mich nicht.
»Eine Geburt ist nie schön, Ana. Sie ist schmerzhaft. Glaub mir, hier drin wirst du glücklicher sein.« Er machte eine ausholende Handbewegung durch den Raum, als wäre er die große Konzerthalle im Rathaus, doch ich sah nur kaltes, unerbittliches Weiß. »Und du wirst ewig leben. Ist es nicht das, was du willst?«
»Ich will nach Hause gehen. Ich will, dass die Leute damit aufhören, mir zu sagen, was ich tun soll. Sie sollen nicht mehr darauf bestehen, dass Fortschrittsberichte das Wichtigste in meinem Leben sind, und sie sollen nicht mehr glauben, ich hätte irgendeinen schändlichen Plan, die Menschen durch Neuseelen zu ersetzen. Ich habe keinen Plan. Aus irgendeinem Grund wurde mir die Chance
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