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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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nie etwas so Großes gesehen, das fliegen konnte. Aber dann schoss einer auf uns zu, und ich war der Langsamste, als wir wegliefen.« Seine Stimme brach bei der Erinnerung. »Um mich herum und auf mir war überall grüner Schleim. Säure. Sie brannte und juckte, und dann sah ich Knochen.«
    Ich erschauderte. Das war das erste Mal, dass ein Drache ihn getötet hatte.
    »Als ich wiedergeboren wurde, war es in Heart. Es schien, als hätten die Drachen es vor uns bewacht oder versucht, es zu zerstören.« Er hatte immer noch diesen entrückten Gesichtsausdruck, als blickte er fünftausend Jahre in die Vergangenheit. »Sie haben uns jedes Mal auf die gleiche Weise angegriffen, einer flog immer direkt zum Tempel, als wolle er ihn aus dem Boden reißen. Sie waren jedes Mal erfolglos, aber das hat sie nicht aufgehalten. Fünfzehn weitere Mal in meinen frühen Leben. Säure, Zähne, oder sie haben mich einfach von einer Mauer gestoßen.« Er seufzte. »Niemand sonst hatte so ein Pech. Ich dachte, sie hätten es speziell auf mich abgesehen.«
    Ich drehte mich und berührte seine Wange, und ich zeichnete Muster auf seine Haut. Sie war jetzt trocken, der Schweiß ganz verschwunden.
    »Ich bin alt , Ana.« Er sagte es so, als würde das etwas ändern. Ich wusste bereits, dass dies nur eine Inkarnation des Musikers war, den ich immer bewundert hatte. Er schloss die Finger sanft um mein Handgelenk. »Ich bin so oft gestorben. Es tut immer weh.«

    Ich ließ die Finger auf seinem Kinn ruhen. »Immer?«
    »Manche Tode sind schlimmer als andere. Die leichten Tode sind die, wenn man an Gift oder einer Krankheit stirbt. Manchmal auch an Altersschwäche.«
    Aus dem Raum wurde Winter. »Wie ist das?«
    »Bei Janan. Das solltest du nicht fragen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich sollte es dir nicht sagen wollen.«
    Eines Tages würde ich ebenfalls sterben. Ich konnte genauso gut vorbereitet sein.
    »Es ist, als würde man aus sich selbst herausgerissen. Als sei man in riesigen Klauen oder Feuer oder Zähnen gefangen. Es ist erstickend. Und dann kommt es einem für eine Ewigkeit so vor, als sei da nichts, aber wenn man genauso schmerzhaft zurückkommt, sind nur Jahre vergangen. Jedes Mal, wenn du getötet wirst – Sylphen, Drachen, Riesen, irgendwas Gewaltsames –, dauert der Schmerz an, selbst nachdem deine Seele den Körper verlassen hat. Etwas Körperloses sollte nicht solche Schmerzen empfinden können.« Er zögerte, und seine Stimme wurde weich. »Ich bin auch von einer Sylphe verbrannt worden. Es ist dann nie mehr wie zuvor. Manchmal kann ich das Feuer selbst Generationen später noch spüren.«
    Ich hielt die Fäuste an die Brust.
    »Das ist der Grund, warum sich alle auf die Gegenwart und die Zukunft konzentrieren. Die Vergangenheit ist zu schmerzhaft, wenn du dich daran erinnerst, wie Leben enden. Häufig abrupt.« Er schüttelte den Kopf. »Bei einem Drachenangriff vor vier Generationen musste Stef meine Mütze retten, damit sie begraben werden konnte. Sie war beiseitegeworfen worden und das Einzige, was von mir übrig geblieben war.«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, so zu leben oder zu sterben. Über Jahrtausende hinweg. Und dann war ich aufgetaucht und stellte Fragen über Dinge, die vor meiner Zeit geschehen
waren. Ich hatte nicht gewollt, dass meine Neugier so viel Schmerz verursachte.
    Ehe ich eine Entschuldigung finden konnte, die gut genug war, fuhr er fort: »Ich denke, es wäre letzte Woche nicht so dramatisch gewesen, wenn mich nicht schon knapp zwanzig Jahre davor ein Drache getötet hätte.«
    Das war vor meiner Geburt gewesen, aber ihm kam es vermutlich wie gestern vor. »Was ist passiert?«
    Sein Griff um mich lockerte sich. »Ich bin nach Norden gegangen, weil ich einsam war. Ich fühlte mich leer, und ich brauchte Inspiration. Stef, die gerade ihr erstes Quindec erreicht hatte, bat mich, nicht zu gehen, weil ich zu alt war, aber es gab für mich keinen Grund zu warten. Ciana war einige Jahre zuvor gestorben.«
    Ich nickte. Li hatte gesagt, dass Sam und Ciana einander nahegestanden hatten.
    »Nachdem ich wochenlang gereist war«, murmelte er und klang jetzt so, als wäre er weit fort, »stieß ich auf eine weiße Mauer, die sich über eine Meile erstreckt haben muss …« Seine Stimme verlor sich.
    »War sie wie die von Heart?«
    Er blinzelte. »Was?«
    »Die Mauer. Hatte sie einen Puls wie die von Heart?«
    »Ich …« Er wirkte so verwirrt wie an dem Tag, an dem ich ihn gefragt hatte, woher er wisse, dass

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