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Das Meer Der Tausend Seelen

Das Meer Der Tausend Seelen

Titel: Das Meer Der Tausend Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan , Catrin Frischer
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Zäunen, die schieben und stöhnen und viel zu nah sind, die man in einer dunklen Nacht mit Menschen verwechseln könnte. Irgendwo hatten sie alle Mütter, irgendwann in der Vergangenheit. Einige von ihnen hatten einen Liebsten. Kinder. Träume.
    Alles, was sie je hatten, ist nun weg. Es gibt nichts weiter als diesen sinnlosen Hunger, der nie befriedigt wird.
    Und dann überlege ich, ob eine der Frauen vielleicht meine richtige Mutter gewesen sein könnte, einer der Jungen mein Bruder. Und bald könnte Catcher auch einer von ihnen sein. Dieser Gedanke trifft mich mit Wucht, und mir fällt wieder ein, warum ich hier hinter der Barriere bin.

11
    S topp«, flüstere ich. Elias hört mich nicht. Vor Anstrengung keucht er jetzt beim Töten, wieder und wieder stößt er die Klinge durch den Zaun. Jedes Mal, wenn ein Mudo fällt, schreit er mit kaum verhohlener Wut.
    »Stopp«, sage ich lauter. Ich stürze auf ihn zu und reiße seinen Arm zurück, bevor er das Messer wieder durch den Zaun rammen kann. Fast schluchze ich, die Tränen bilden einen Kloß im Hals. Er sieht mich an, und ich bemerke seine Verärgerung. Ich entdecke Entsetzen und Furcht in seinem Gesicht, ehe er wieder eine unbeteiligte Maske aufsetzen kann.
    Er senkt den Arm, aber ich drücke weiter meine Finger auf seine Haut. Sie ist noch feucht, eine Mischung aus Schweiß und Meer. Mit seiner Wärme strahlt er Leben aus.
    Er sieht auf die Stelle, an der ich ihn berühre, und dann in meine Augen.
    Ich ziehe die Hand weg. Sein Blick trifft ruhig auf meinen, und ich trete einen Schritt zurück.
    »Das ist das Einzige, was wir tun können«, sagt er. Einen Moment lang denke ich, er spricht von uns. Denke, er meint meine Berührung. »Wir müssen sie töten. Sie reißen sonst den Zaun nieder. Es ist zu gefährlich.« Da begreife ich, dass er von den Mudo spricht.
    »Ich fand nur …« Ich weiß nicht, wie ich ihm erklären soll, was ich empfunden habe, dass ich mich plötzlich frage, wer die Mudo früher einmal waren, dass ich denke, es könnte eine Verbindung zwischen uns geben. Bei diesem Gedanken werde ich unsicher. »Schon gut«, murmele ich.
    »Das ist das einzig Menschliche, Gabry.« Er weist mit einer Handbewegung auf die Mudo, aber ich kann den Anblick nicht ertragen, die Vorstellung, Menschen, die ich liebe, auf der anderen Seite dieses Zaunes zu sehen. Wie mag es sein, wenn Catcher erst einer von ihnen ist?
    Ich bin verwirrt, ich bin es nicht gewohnt, die Mudo für etwas anderes zu halten als Monster. Nie waren sie etwas anderes für mich. Ob meine Mutter vielleicht immer so empfunden hat wie ich jetzt? Behandelt sie die Mudo vielleicht deshalb mit solchem Respekt, ehe sie sie am Strand tötet?
    »Es ist nicht fair ihnen gegenüber«, sagt Elias noch. Und ich will ihn fragen, was denn überhaupt fair ist in einem Leben wie unserem.
    Stattdessen nicke ich nur, als er zögernd die Klinge erhebt, und ich halte ihn nicht auf, als er seine Tätigkeit wieder aufnimmt. Ich will weggehen, tue es aber nicht. Ich will mir die Ohren zuhalten vor dem Stöhnen, vor der über Schädel kratzenden Klinge und dem Geräusch, das der Maschendrahtzaun macht … aber ich kann es nicht.
    Ich stehe an Elias’ Seite, während er sie alle tötet, und ich stehe immer noch da, als er keucht, nachdem der letzte zu Boden sackt.
    Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter gesagt hat, wir seien nicht mehr als unsere Geschichten. Ich schaue auf die Massen toten Fleisches, auf alle Geschichten, die nun für immer verstummt sind.
    »Es tut mir leid«, murmele ich. Weil ich mich so schwach fühle.
    »Mir auch«, sagt er. Er dreht sich zu mir um, seine Augen sind hell und eindringlich. »Bist du sicher, dass du deinen Freund sehen möchtest?«
    Er verharrt starr und wartet auf meine Antwort.
    Nein, will ich sagen. Ich möchte ihn bitten, mich nach Hause zu tragen, meine Erinnerungen auszulöschen. Ich möchte aufgeben und nichts von alldem erdulden müssen.
    Aber ich habe es Cira versprochen. Und mir selbst auch … Außerdem ist es nicht fair gegenüber Catcher, wenn er diese Sache allein durchstehen muss.
    »Ich bin mir sicher«, sage ich und mache einen Schritt nach vorn.
    Elias schüttelt den Kopf und holt einen weiteren Dolch von seinem Rücken hervor, der mit seinem identisch ist. Den Köcher nimmt er ab und reicht ihn mir mit dem Dolch zusammen, dann geht er voran in die Dunkelheit.
    Ich schnalle die Waffe um und schaue auf die Leichen auf der anderen Seite des Zaunes. Im Tod

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