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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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beobachtet. Ich schwöre es.«
    »Aber jetzt ist er verschwunden«, erwiderte ich beklommen.
    »Soll ich ihm hinterher?«
    »Du nimmst deine Pflichten als Leibwächter ziemlich ernst, was?«
    »Na ja, ich will schließlich nicht, dass dein toller Typ mich einen Kopf kürzer macht, weil du gekidnappt worden bist. Der würde mich doch kaltblütig umnieten, stimmt’s?«
    »Nun, der komische Kerl ist ja jetzt weg«, entgegnete ich. »Also zerbrich dir nicht mehr den Kopf darüber. Hier ist der Schlüssel. Ich habe den Code zur Alarmanlage.«
    Beim Eintreten schlug uns der warme Geruch nach Holz und Putz entgegen, wie er in einem Haus herrscht, das den ganzen Sommer über leer gestanden hatte. Ich ließ den Blick durch die Vorhalle schweifen, wo es noch genauso aussah wie im letzten Dezember. Genau hier hatte ich gestanden, als Julian mich gefragt hatte, ob er mich wiedersehen könne.
    »Netter Schuppen«, stellte Charlie anerkennend fest. »Gut gemacht, Wilson.«
    »Ja, danke.« Ich ging ins Wohnzimmer und schaute aus dem Fenster zur Straßenecke hinunter.
    Ein Mann lehnte an der Mauer des Wohnblocks, sprach eindringlich in sein Mobiltelefon und beobachtete dabei Julians Eingangstür.

20
    G ehorsam blieb ich den ganzen Tag mit Charlie im Haus, ging nur rasch ein paar Lebensmittel kaufen und verfolgte ansonsten am Computer die Nachrichten auf CNBC, um herauszufinden, was da gespielt wurde. Da man über die Sitzung nichts Neues verlauten ließ, waren nur immer Wiederholungen von Julian beim Betreten des Sterling-Bates-Gebäudes zu sehen. Dazu gaben verschiedene Branchenkenner ihre Mutmaßungen über die Vorgänge hinter diesen Mauern zum Besten.
    Als sich die Abendessenszeit näherte, schickte ich Julian eine Nachricht. »Kommst Du heute Abend nach Hause? Was ist los? CNBC zeigt schon den ganzen Tag Bilder von Dir.«
    Seine Antwort erfolgte rasch. »Schaffe es nicht zum Abendessen. Komme bestimmt, um ein paar Stunden zu schlafen. Warte nicht auf mich.«
    Ich sah Charlie an. »Ich glaube, er ist müde. Und vielleicht schlechter Laune.«
    »Dein Problem«, erwiderte er gähnend, »nicht meines. Altes Mädchen, sind die Klamotten fürs Per Se in Ordnung?«
    Ich musterte ihn. Er trug ein ordentliches Hemd und eine Khakihose, allerdings keine Krawatte. »Keine Ahnung, war noch nie dort. Vielleicht kannst du dir eine Krawatte von oben leihen.«
    Er runzelte die Stirn. »Meinst du, das geht?«
    »Wenn er sauer wird, übernehme ich die Verantwortung, okay?« Ich stand auf, griff nach meiner Tasche und stieg die Treppe hinauf. Da ich bereits im Klavierzimmer gewesen war, wusste ich, dass Julians Schlafzimmer hinten sein musste. Bei der Erinnerung stieg mir die Röte in die Wangen.
    Ich schleppte meine Tasche den Flur hinunter und öffnete die Tür. Richtig geraten. Es war eindeutig sein Schlafzimmer. Dunkle, schlichte Möbel, weiße Bettwäsche. Ich stellte meine Tasche in die Ecke und machte mich auf die Suche nach Julians Wandschrank. Es gab nur noch eine weitere Tür. Als ich sie öffnete, sah ich, dass sie in einen kleinen, auf beiden Seiten von vertäfelten Schranktüren gesäumten Flur führte, der an einem Badezimmer endete. Julian würde doch sicher nichts dagegen haben, oder? Schließlich wollte ich nicht schnüffeln, sondern nur eine Krawatte holen.
    Natürlich würde es ihn nicht stören. Er würde sich sogar darüber freuen. Ich hatte seine Stimme im Ohr, eine ungeduldige Stimme: Kate, du bist jetzt hier zu Hause.
    Ich machte eine der Schranktüren auf und erkannte überrascht, dass der Schrank dahinter leer war. Ich versuchte es bei der nächsten – ebenfalls leer. Hinter der dritten kamen – genauso leere – Schubladen in Sicht. Auf der ganzen Wandseite befanden sich nichts als Kleiderstangen und ungenutzter Platz, erfüllt von einem leichten Geruch nach Farbe und Sägespänen.
    Als ich mich umdrehte und eine Tür auf der anderen Seite des Flurs öffnete, stieß ich auf eine Reihe ordentlich aufgehängter dunkler Anzüge. Ich berührte einen davon, strich mit der Hand über die Schulterpartie und betastete das glatte, dichte Gewebe mit den Fingerspitzen. Ein Hauch Zedernholz stieg mir in die Nase. Kurz drückte ich die Lippen auf den marineblauen Wollstoff und schloss die Tür.
    Der nächste Schrank war mit Schubladen ausgestattet, keine Krawatte weit und breit. Doch im dritten hingen Julians Hemden und ein Krawattenhalter. Gott sei Dank. Ich wählte willkürlich eine Krawatte aus, schloss rasch die Tür und

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