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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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Licht kam. Anfangs war es nur Getuschel von denen, die bei den Sitzungen dabei gewesen waren. Doch die Legende wuchs beinahe wie von selbst und war in der als klatschsüchtig bekannten Finanzbranche bald ein offenes Geheimnis. Obwohl es bis jetzt weder einen Artikel im Wall Street Journal noch ein Interview beim CNBC gegeben hatte, waren alle im Bilde.
    Warum?, hatte ich ihn gefragt. Warum hatte er das Ruder in die Hand genommen und Aufmerksamkeit auf sich gelenkt? So riskierte er doch, dass seine Tarnung aufflog.
    Weil es nötig war, hatte seine knappe Antwort gelautet.
    Denn in Julians Welt verhielten sich Männer eben so. Sie ergriffen die Initiative, taten ihre Pflicht und verschanzten sich nicht hinter Ausreden, selbst wenn das ein Opfer bedeutete.
    Als ich nun sein scharf geschnittenes Profil betrachtete, auf das die fahle Nachmittagssonne bläuliche Schatten warf, verschwand meine Missstimmung. Ich berührte seine Wange und drehte sein Gesicht sanft zu mir um. »Julian«, sagte ich. »Liebling.« Seine Augen weiteten sich, denn ich benutzte fast nie Kosenamen. »Vergiss meine Bemerkung von vorhin. Es ist mir eine Ehre, deine Vorzeigefrau zu sein.«
    Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus, das nur für mich allein bestimmt war. »Liebling«, erwiderte er, »die Ehre ist ganz auf meiner Seite.« Der Wagen verließ den Park und überquerte den Central Park West. »Übrigens«, fügte er ein wenig verlegen hinzu, »wirst du heute Abend Geoff Warwick und seiner Frau begegnen.«

    »Oh«, sagte ich. »Können wir ihnen nicht einfach aus dem Weg gehen?«
    »Nein«, entgegnete er. »Wir sitzen in derselben Loge.«
    »Wir sitzen in derselben Loge?«, wiederholte ich.
    »Ich teile sie schon seit Jahren mit ihm. Ich weiß, dass es dir unangenehm ist, Liebling, aber wir werden es sicher schaffen, höflich zu sein. Und wenn nur Carla zuliebe.«
    »Seit wann interessierst du dich für Carlas Gefühle?«, murrte ich. Dass ich Geoff nicht ausstehen konnte, war ein offenes Geheimnis, aber Carla war auf ihre Weise sogar noch schlimmer. Sicher würde sie mir wieder in gekünstelter Fröhlichkeit um den Hals fallen, was mir besonders verhasst war.
    »Liebling, sei nachsichtig«, sagte Julian und nahm meine Hand.
    »Aus gesellschaftlichen Gründen nett zu Leuten zu sein, die ich nicht mag, liegt mir eben nicht. Außerdem verstehe ich nicht, warum er mich von Anfang an abgelehnt hat«, fügte ich seufzend hinzu. »Ich bin doch eigentlich ein sympathischer Mensch, oder?«
    »Es liegt nicht an dir«, erwiderte er. »Er will mich nur beschützen. Schon seit der Schulzeit hält er mich für zu leichtgläubig und für vorschnell, was das Schließen von Freundschaften angeht.« Ich musterte ihn prüfend, denn seine Stimme klang auf einmal angespannt.
    »Ich weiß, dass es dir gegenüber nicht fair ist. Also verspreche ich, brav zu sein. Schließlich ist der Schuss für ihn nach hinten losgegangen.«
    »Wie das?«
    »Weil«, flüsterte ich und beugte mich hinüber, um ihn zu küssen, »ich dich ohne dieses Buch vielleicht nie ins Bett gelockt hätte.«
    Lachend erwiderte er meinen Kuss. »Ich wage zu behaupten, dass es irgendwann dennoch dazu gekommen wäre. Wir sind da. Bist du bereit?«
    Ich blickte aus dem Wagenfenster. Roter Teppich. Fotografen. Was war nur aus meinem Leben geworden. »Okay«, antwortete ich und holte tief Luft. »Bringen wir es hinter uns.«
    »Ich weiche nicht von deiner Seite«, beteuerte Julian.
    Als die Autotür aufschwang, wurde ich von einem Blitzlichtgewitter geblendet. So anmutig wie möglich stieg ich, auf die Hand des Fahrers gestützt, aus. Im nächsten Moment ragte Eric links neben mir auf. Kurz darauf erschien Julian auf meiner anderen Seite. Ich spürte, wie seine Hand sich um meine schloss, und lächelte gelassen. Brust raus, Bauch rein.
    Langsam gingen wir los und warfen uns gehorsam in Positur, wenn ein Fotograf uns etwas zurief. Dabei versuchte ich elegant und locker zu wirken. Zum Glück bat uns niemand um ein Spontaninterview. Das war uns nämlich in der vergangenen Woche bei einer Filmpremiere passiert. Ich hatte herumgestanden wie eine Idiotin, während Julian die Reporterin, ein dick geschminktes Mädchen von E!, das vermutlich einen Hedgefonds nicht von einer Heckenschere unterscheiden konnte, mit seinem Charme betört hatte. Wieder war es sein gutes Aussehen, das ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Vermutlich hatte sie geglaubt, dass er in dem Film mitspielte. Michelle hatte

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