Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)
es passiert ist.«
Er lächelte zärtlich. »Eric wartet unten und wird dich begleiten. Ich bin um zehn zurück. Kannst du um halb zwölf fertig sein?«
»Ich denke, das müsste ich schaffen.« Ich streichelte seine Wange. »Julian, heiraten wir heute wirklich?«
Sein Lächeln brachte den Raum zum Strahlen. »Ja, Mrs. Ashford.« Er zog mich hoch und küsste mich auf die Lippen. »Worauf du dich verlassen kannst.«
Eigentlich hatte Julian mich zu meinem Arzttermin begleiten wollen, doch ich hatte ihn überzeugen können, dass er anderswo dringender gebraucht wurde. »Sie wird heute keine Ultraschallaufnahme machen«, sagte ich, »sondern mich nur rasch untersuchen und mir eine Liste von Geboten und Verboten mit auf den Weg geben.«
In Wahrheit wollte ich verhindern, dass es sich herumsprach. Es würde auffallen, wenn wir gemeinsam die Praxis einer Frauenärztin betraten, denn Julian war inzwischen überall bekannt.
Ich hatte Glück gehabt, überhaupt einen Termin zu bekommen. Vielleicht war ich ja auch nur naiv in der Frage, wie einfach sich die Dinge mit Geld und Prominentenstatus regeln ließen. Außerdem behandelte mich meine Ärztin so respektvoll wie nie zuvor.
»Nun«, begann sie, »ich muss Sie das fragen. Freuen Sie sich darüber?« Sie sah mich vielsagend an.
Oh. Ob ich das Baby behalten wollte. »Es war zugegebenermaßen eine Überraschung«, erwiderte ich mit so fester Stimme wie möglich, »aber inzwischen haben wir uns daran gewöhnt. Wir freuen uns.« Ich spürte, wie ich zu zittern begann. Wir würden ein Kind bekommen. Kate und Julian würden Eltern werden.
Ein wenig benommen wankte ich aus der Praxis und wünschte, ich hätte Julian doch gebeten, mitzukommen. Eric erwartete mich draußen. Ich fragte mich, was er wohl denken mochte. Er sprach nämlich nicht viel.
»Ich glaube, ich würde unterwegs gern irgendwo einen Kaffee trinken«, teilte ich ihm mit. Er nickte so gleichmütig wie immer und begleitete mich zu Starbucks.
Ich bestellte einen koffeinfreien Kaffee mit Vanillegeschmack und erkundigte mich wie immer bei Eric, ob er auch etwas wolle. Er lehnte – ebenfalls wie immer – ab. Also setzte ich mich mit meinem Becher an einen Tisch und sah die Broschüren durch, die die Ärztin mir mitgegeben hatte. Offenbar würde in der neunten Woche die erste Ultraschallaufnahme stattfinden. Außerdem eine Blutabnahme und eine Urinuntersuchung. Kein Alkohol, kein Koffein, keine Kopfschmerztabletten, kein Thunfisch, keine Leber, kein Weichkäse, kein halb durchgebratenes Steak, kein Sushi, eigentlich gar nichts mehr. Wenn ich die verbotenen Lebensmittel ebenso mied wie die, von denen sich mir der Magen umdrehte, sah es ganz danach aus, als ob ich mich in den nächsten siebeneinhalb Monaten von verkohltem Steak und Kräckern würde ernähren müssen.
»Kate Wilson! Was für ein Zufall.«
Ich blickte in das lächelnde Gesicht von Alicia Boxer.
Allerdings war es nicht mehr ganz dasselbe Gesicht wie noch vor kurzem. Seit CNBC sie durch die Mangel gedreht hatte, war sie um fünf bis zehn Jahre gealtert. Ihr Grinsen war nicht mehr ganz so breit, ihre Haut war schlaffer geworden, und die Falten um die Augen hatten sich dauerhaft eingegraben. Lediglich ihre Stirn war so unnatürlich glatt, wie es nur eine gründliche Botox-Behandlung zustande bringt. Sie hatte die heutige Ausgabe der New York Post unter dem Arm.
»Alicia?«, rief ich ungläubig aus.
»Darf ich mich setzen?«
Ich überlegte kurz. Eric trat vor und zog die Augenbrauen hoch, was wohl so viel bedeutete wie: Soll ich ihr die Kniescheiben zerschmettern, Miss W.?
»Wow«, sagte sie, »ist das Ihr Leibwächter?«
»Ja«, antwortete ich. »Klar, nehmen Sie Platz.« Hastig stopfte ich die Broschüren in meine Handtasche.
Sie stellte ihren Becher ab und ließ sich auf dem Stuhl neben mir nieder. »Das ist aber wirklich ein Zufall.« Sie tippte auf die Zeitung. »Das sind Sie, richtig? Sie und Julian?«
Ich wollte es schon abstreiten, erkannte aber, dass es zwecklos war. »Vielleicht«, räumte ich ein und trank einen Schluck Kaffee.
»Respekt, Sie haben gewonnen. Ich hatte Sie völlig unterschätzt. Jetzt ist mein Leben ein Scherbenhaufen, und Sie heiraten einen Milliardär.« Sie zuckte mit den Schultern. »Gut gemacht.«
»Alicia, ich hatte nie vor, Ihr Leben zu ruinieren.«
»Ich an Ihrer Stelle hätte es getan.«
»Alicia, ich bin nicht wie Sie.«
Sie lachte auf. »Nein, sind Sie nicht. Offenbar gibt es da oben doch einen
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