Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
Vom Netzwerk:
Finger nachdenklich an den Türrahmen. »Hast du einen Weber-Grill?«
    Er starrte mich verständnislos an.
    »Schon gut. Dann fangen wir am besten ganz klein an. Eier, Milch, Käse, Tomaten, vielleicht eine Tüte vorgeschnittenen Salat, Obst, Steak oder sonst etwas zum Abendessen …«
    Er seufzte auf. »Ich hole Stift und Papier.«

    Als er im Mietwagen losfuhr, blickte ich ihm nach, bis das letzte metallische Aufblitzen im Blätterdickicht verschwunden war. Ich hatte völlig vergessen, ihn zu fragen, warum wir überhaupt hier waren. Weshalb Lymington? Schließlich war ich nicht aus ganz Manhattan verbannt worden, sondern nur aus der Liegenschaft, die die Firmenzentrale von Sterling Bates beherbergte. Es war beinahe, als wären wir auf der Flucht und würden uns tief in den Wäldern von Connecticut hinter einem undurchdringlichen Schutzwall aus Bäumen, endlosen Steinmauern und Vogelgesang verstecken.
    Ich holte Reisetasche und Laptoptasche aus dem Maserati und schleppte sie ins Haus, war jedoch unsicher, wo ich sie hinstellen sollte, denn die Schlafplatzfrage war noch nicht geklärt. Eine köstlich bange Vorahnung breitete sich in meiner Mitte aus, als mir plötzlich ein Bild vor Augen stand – weiße Laken, warme nackte Haut und Nähe. Nun, warum nicht? Sicher hatte er mich deshalb hergebeten. Ein Schlupfwinkel und Liebesnest.
    Als in der Richtung, wo die Küche lag, laut das Telefon klingelte, zuckte ich zusammen.
    Im ersten Moment zögerte ich. Schließlich war es Julians Haus. Also war es vielleicht besser, wenn ich nicht ranging. Aber was, wenn es Julian selbst war, der sich erkundigen wollte, ob ich entrahmte oder zweiprozentige Milch bevorzugte? Er wusste ja, dass ich kein Mobiltelefon mehr hatte.
    Hastig folgte ich dem Geräusch und entdeckte das Telefon auf einem kleinen Schreibtisch an der Wand. Kurz schwebte meine Hand über dem Apparat. Dann nahm ich ab.
    »Hallo?«, meldete ich mich und fügte rasch hinzu: »Hier bei Laurence.«
    Schweigen und leises Atmen.
    »Hallo?«, versuchte ich es noch einmal. »Julian, bist du das?«
    Eine Pause. »Ist Mr. Laurence zu sprechen?«, erklang dann eine stockende Männerstimme.
    »Äh … nein. Er ist gerade nicht zu Hause. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
    »Keine Nachricht«, entgegnete der Anrufer und legte auf.
    Eine halbe Stunde später hörte ich den Kies in der Auffahrt knirschen und ging hinaus. Julian lud gerade die Einkäufe aus dem Auto.
    Wir brachten die Sachen ins Haus und fingen an sie wegzuräumen. »Oh, jemand hat für dich angerufen, während du weg warst«, fiel mir ein.
    Er hielt inne und drehte sich zu mir um. »Bist du rangegangen?«
    »Ja. Ich dachte, du könntest es sein.« Ich spürte seinen Blick auf mir, während ich den Orangensaft aus der Einkaufstüte angelte. »War das in Ordnung? Ich wollte mich nicht aufdrängen.«
    Als er ausatmete, bemerkte ich, dass er die Luft angehalten hatte. »Nein, natürlich nicht. Das heißt, es ist überhaupt nicht aufdringlich, wenn du ans Telefon gehst.«
    »Keine eifersüchtigen Ex-Freundinnen oder so?«, hakte ich, nur halb im Scherz, nach.
    Ein Schnauben. »Nein.« Er legte die Trauben ins Obstfach des Kühlschranks. »Hat er seinen Namen genannt?«
    »Nein«, antwortete ich. »Ich habe gefragt, aber er sagte nur, keine Nachricht.«
    »Amerikaner oder Brite?«
    »Amerikaner.«
    »Hast du gesagt, wer du bist?«
    »Nein. Warum?«
    Er räusperte sich. »Unter den gegebenen Umständen solltest du das auch besser für dich behalten.«
    »Welchen Umständen?«
    »Kate«, antwortete er ruhig, »wenn sich der … Vorfall von heute herumspricht, könnten einige Leute Fragen stellen. Dass wir einander kennen, weiß ohnehin schon alle Welt. Falls jemand eins und eins zusammenzählt und herauskriegt, dass du dich in meinem Haus aufhältst …«
    »Angst um deinen guten Ruf?«, fragte ich kühl.
    »Nein, um deinen. Und um deine Sicherheit.«
    »Meine Sicherheit?« Ich legte den Brotlaib weg, den ich gerade in der Hand hatte. »Was meinst du mit Sicherheit?«
    »Nichts. Nur, dass wir alles in Betracht ziehen sollten. Vorsicht ist die Mutter der Weisheit.«
    »Bin ich deshalb hier?«
    Er zwang sich zu einem Lächeln. »Unter anderem.«
    »Und was sind die anderen Gründe?« Mein Magen knurrte.
    »Hunger?«
    »Wechsle nicht das Thema.«
    »Iss ein Sandwich«, sagte er, griff in die letzte Tüte und warf mir ein Schinken-Käse-Baguette, frisch von der Imbisstheke, zu. »Wir reden später darüber.«

    Julian

Weitere Kostenlose Bücher