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Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Das Meer der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Das Meer der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatriz Williams
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bist du böse.«
    »Natürlich bin ich böse. Ich finde, dass du es übertreibst.«
    »Nein, das stimmt nicht. Also melde dich, damit ich weiß, dass alles in Ordnung ist, bitte?«
    »Wird gemacht.« Ich biss mir auf die Lippe. »Tschüss.«
    »Tschüss, Liebling. Ich …«
    Wahrscheinlich wollte er ich liebe dich sagen, aber ich unterbrach die Verbindung, weil ich in diesem Augenblick zu verärgert war, um diesen Satz zu hören. Was sollte das alles? Ich konnte ja gerade noch verstehen, warum er mich nur ungern nach Manhattan fahren ließ, denn die Sache mit dem Professor in Harvard und seinem durchwühlten Büro konnte tatsächlich ein Grund sein, um sich Sorgen zu machen. Aber dieser Aufstand wegen eines Ausflugs nach Newport? Zu einem Buchladen? Glaubte er etwa, dass ich eine Anstandsdame nötig hatte?
    Mit einem unverbindlichen Lächeln riss ich voller Tatendrang die Tür des Buchladens auf. Bis auf Regale, Bücherstapel und einen einsamen lesenden Verkäufer war der Laden leer. Beim Läuten des Türglöckchens blickte er auf.
    »Hallo. Ich … äh … habe dieses Buch vor ein paar Tagen geschenkt bekommen. Eine Biographie.« Ich hielt sie zur Erklärung hoch. »Das Buch wurde von Ihrem Laden abgeschickt. Allerdings war keine Karte dabei, weshalb ich mich frage, von wem es wohl sein mag.«
    Er runzelte die Stirn. »Von hier abgeschickt?«, wiederholte er, als wäre die Existenz leibhaftiger zahlender Kunden für ihn eine völlig abwegige Vorstellung.
    »Das stand zumindest im Absender. Vielleicht haben Sie es ja im Computer.«
    »Kann ich das Buch mal sehen?«
    Ich reichte es ihm.
    »Gebraucht, was?« Er blätterte darin. »Kenn ich nicht. Denke, ich kann es nachschauen.«
    Er setzte sich, drehte sich zum Computer um und tippte etwas ein. »Oh, die Bestellung ging per Telefon ein«, verkündete der Verkäufer, als ob das alles erklären würde.
    »Per Telefon also. Könnten Sie mir den Namen sagen?«
    »Kein Name. Mit Kreditkarte bezahlt, aber diese Informationen speichern wir nicht. Datenschutz.«
    »Sie wissen also wirklich nicht, wer das Buch an mich geschickt hat.«
    »Ja, das ist echt komisch.« Er musterte den Bildschirm. »Nur die Telefonnummer. Jemand muss vergessen haben, den Rest einzugeben. Gina ist manchmal ein bisschen zerstreut.« Er verdrehte die Augen, wohl um mir mitzuteilen, dass er immer auf Zack war.
    »Könnte ich die bitte haben?«
    »Tut mir leid, doch ich darf keine persönlichen Daten rausgeben.« Er betrachtete mich mit einem entschuldigenden Lächeln.
    Ich hielt kurz inne. »Wirklich? Das ist aber jammerschade. Ich wollte mich so gerne bei ihm bedanken.« Ich beugte mich über die Theke, dass sich meine Brüste gegen die Holzplatte drückten, und lächelte ihn betörend an. »Darf ich nicht wenigstens einen kurzen Blick darauf werfen, nur um festzustellen, ob ich die Nummer kenne?«
    »Gut«, erwiderte er, an mein Dekolleté gewandt. »Das müsste in Ordnung gehen, solange Sie sie nicht aufschreiben.«
    »Aber nein, natürlich nicht. Mich würde nur interessieren, ob es jemand ist, den ich kenne.«
    Der Verkäufer drehte den Bildschirm zu mir herum. »Hier.« Er zeigte mit dem Finger darauf.
    9175553232. Ich brannte die Nummer in mein Gedächtnis ein.
    »Vielen Dank«, sagte ich geistesabwesend, denn meine Gedanken überschlugen sich bereits. 917 war die Vorwahl eines in Manhattan registrierten Mobiltelefons. »Das war sehr lieb von Ihnen.«
    »War mir ein Vergnügen. Wirklich.«
    Ich richtete mich auf und streckte die Hand aus. »Äh … mein Buch?«
    »O ja.« Er gab es mir zurück. »Entschuldigung.« Ich griff danach, aber er ließ nicht sofort los. »Kann ich sonst noch was für Sie tun?«, fragte er.
    »Nein danke. Sie waren sehr nett.« Ich wandte mich zum Gehen.
    »Äh … Sind Sie noch eine Weile in der Stadt? Dann könnten wir vielleicht zusammen einen Kaffee trinken.«
    »Tut mir schrecklich leid«, erwiderte ich und schaltete mein Lächeln um ein paar Stufen herunter, »aber ich bin mit meinem Freund hier.«
    »Vielleicht das nächste Mal?«
    »Ja, vielleicht. Noch mal danke.«
    Ich hastete aus dem Laden, so dass die Tür unter lautem Klingeln hinter mir zufiel, und eilte die Straße entlang. An der Ecke angekommen, holte ich mein Telefon heraus und tippte die Nummer ein.
    Sofort sprang die Mailbox an. Die Standardansage, eine neutrale weibliche Computerstimme: »Der Teilnehmer mit der Nummer 9-1-7-5-5-5-3-2-3-2 ist derzeit nicht erreichbar. Bitte hinterlassen Sie nach

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