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Das Meer in deinem Namen

Das Meer in deinem Namen

Titel: Das Meer in deinem Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Koelle
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letzte Blüten an einem blauen und einem weißen Schmetterlingsflieder. Keine Sonnenblumen, kein Mädchenauge, keine roten Rosen. Nur Blau und Weiß, wie der Himmel und das Meer. Nur ein Löwenzahn blinzelte im Rasen. Der war mit dem Wind gekommen und hatte Henny nicht um Erlaubnis gefragt.

    Eine Bö trieb den Regen unter das Dach. Carly lehnte das Schild wieder gegen die Wand.
    „Wollen wir das nicht gleich aufhängen?“ Jakob Hellmonds tiefe Stimme hinter ihr ließ sie herumfahren.
    „Verzeihung, ich wollte Sie nicht erschrecken. Ist alles in Ordnung nach dem Abenteuer letzte Nacht?“ Er strahlte sie an.
    Ihr fiel auf, dass er seinen Bart gestutzt hatte. Das stand ihm gleich viel besser. Machte ihn jünger.
    „Wunderbar. Danke noch mal.“
    „Dafür nicht. Kommen Sie, das kann jetzt an seinen Platz!“ Unternehmungslustig hob er das Schild an.
    „Es regnet doch so!“
    „Na und?“ Er klemmte sich das Brett unter einen Arm und fischte mit der freien Hand in seiner Tasche, förderte eine Art Schiffermütze ähnlich seiner eigenen zutage und setzte sie ihr mit Schwung auf. „So! Kommen Sie!“
    Carly musste lachen und folgte ihm durch das nasse Gras. Es roch wundervoll.
    „Ich wollte eigentlich mähen“, fiel ihr ein.
    „Nicht bei dem Wetter. Läuft nicht weg. Henny mochte es auch lieber wild.“
    Er hatte etwas Mühe, die Kette in die Haken am Torbogen zu fädeln, die im Wind schaukelten. Schließlich hing das Schild wieder dort, wo es hingehörte. Ein seltsamer Stolz flackerte in Carly auf. Es sah so richtig aus. Nun lebte das Haus wieder, hatte seine Würde zurück.
    Jakob Hellmond beobachtete sie. „Jetzt ist es wieder ein Zuhause“, sagte er zufrieden.
    „Nicht für mich. Ich bin nur vier Wochen hier.“
    „Sie sind JETZT hier, also ist es jetzt Ihr Zuhause. Man muss da zuhause sein können, wo man ist. Joram ist daran zerbrochen, dass er das nie konnte. Außer vielleicht hier. Für Momente.“
    „Was, glauben Sie, ist mit ihm passiert? Lebt er noch?“
    Er schwieg einen Moment. „Das spielt nicht wirklich eine Rolle. Joram gehört zu den Menschen, die anwesend bleiben, selbst wenn sie nicht mehr da sind.“
    Wie er das sagte, klang es so normal. Carly war sich komisch vorgekommen, weil sie im Haus ständig das Gefühl hatte, Joram und Henny wären gegenwärtig.
    „Haben Sie Joram gut gekannt?“
    „Niemand hat Joram gut gekannt. Niemand außer Henny. Aber er ist ein paar Mal mit mir auf den Bodden rausgefahren, auf dem Boot, frühmorgens. Er wollte wieder einmal den Wind in den Segeln hören, sagte er. Und Treibholz fischen. Vielleicht haben Sie ja auch mal Lust?“
    Der Bodden war nicht das Meer. Sie hatte es im Lexikon nachgeschlagen. Ein Bodden ist ein flaches Küstengewässer, Brackwasser, das durch Landzungen vom Meer abgetrennt und nur durch ein paar schmale Arme damit verbunden ist. Ahrenshoop lag auf so einer schmalen Landzunge zwischen Meer und Bodden.
    „Irgendwann sehr gerne“, sagte Carly. Es ging nicht, dass sie von Windjammern träumte und sich dann nicht einmal traute, auf einem simplen Fischerboot mitzufahren. „Aber erst muss ich mich um das Haus kümmern. Ich habe noch keinen richtigen Anfang gefunden. Überall stoße ich auf Geschichten. Ich komme mir vor wie ein Eindringling.“
    Das war ihr so herausgerutscht. Komisch, so was sagte sie sonst nur zu Thore.
    „Am besten im Keller“, schlug Jakob vor. „Da packt man die Geschichten gleich an der Wurzel.“
    Erstaunt sah sie ihn an.
    „Was ist? Als Seemann kenne ich mich mit Geschichten aus. Seemannsgarn, Sie wissen schon. Außerdem sind alle alten Häuser voller Geschichten. Ich habe schon oft eines ausgeräumt. Hier an der Küste hilft man sich bei so was.“
    Carly zögerte.
    Er sah sie verständnisvoll-belustigt an. „Soll ich mitkommen?“
    Sie musste lachen.
    „Ich glaube nicht, dass Henny da eine Leiche versteckt hat.“
    „Vielleicht gibt es ja etwas anderes, das Sie raufgetragen haben möchten. Aber eine Bedingung hätte ich. Ich steige nur mit Leuten in Keller, die mich duzen!“
    Seinem spitzbübischen Grinsen war schwer zu widerstehen. „Geht in Ordnung.“

    Zurück unter dem schützenden Dach der Loggia nahm sie seine Mütze ab, reichte sie ihm.
    „Danke.“
    Er wehrte ab. „Behalte sie. Die wirst du hier noch brauchen. Steht dir übrigens gut. Nimm es als Willkommensgeschenk. Statt Salz und Brot. Mit so einer Mütze gehörst du ins Land.“
    „Danke!“, sagte sie zum zweiten Mal und fragte

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