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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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möchte nicht mehr bei mir anrufen. Danke.«
    Nein.
    Â»Frau Fischer, wenn Sie bitte Ihren Gatten von weiteren Anrufen bei mir abhalten würden.«
    Nein.
    Â»Leider belästigt mich Ihr Mann fortdauernd, obwohl ich ihn konstant abweise. Ich bin der Meinung, Sie sollten darum wissen.«
    Besser.
    Ich hatte den Finger noch in der Wählscheibe stecken, als es hinter mir raschelte.
    Â»Was tust du da?«
    Ich drückte auf die Gabel.
    Elisabeth sah mich mit einer Mischung aus Bestürzung und Entsetzen an, die mir in den Bauch fuhr und dort schmerzhaft stecken blieb.
    Â»Ich jage einen Mann zum Teufel. Gute Sache, das.«
    Elisabeth nahm mir den Hörer aus der Hand, strich mir etwas Feuchtes von der Wange und sagte: »Aber doch nicht so!«
    Sie fasste mich bei der Hand, führte mich in die Kajüte, wo niemand außer uns war, drückte mich am Personaltisch auf die Eckbank und sagte: »Warte hier!«

    Mit der Keksbüchse und einem Stück Erdbeertorte kam sie hinter dem Tresen hervor, klemmte sich eine Flasche unter den Arm und installierte sich neben mir. Sie schob Likörgläser, Torte und Kekse zwischen uns, seufzte: »So. Jetzt mal von vorn. Was hattest du vor?«
    Und wieder begann ich meine Geschichte zu erzählen, richtete mich auf einen langen Monolog ein, aber nach wenigen Sätzen schüttelte Elisabeth den Kopf und sagte: »Das kenne ich schon. Was ich wissen will, ist, wie du da anders herauszukommen gedenkst als durch Verrat.«
    Ich starrte sie an und fing wieder ein bisschen an zu heulen, was ihren Blick milder werden ließ.
    Â»Wir brauchen einen Plan!«
    Elisabeth hielt mir ein Stofftaschentuch hin, wartete, bis ich damit fertig war, und steckte das verrotzte Knäuel in ihre Rocktasche.
    Â»Liebst du den Mann?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Willst du ihn loswerden?«
    Ich nickte.
    Â»Sicher?«
    Ich nickte.
    Â»Wie oft hast du ihm schon gesagt, dass er dich in Ruhe lassen soll?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    Â»Herrgott!«
    Sie zog den Tortenteller zu sich herüber, nahm eine Gabel voll und schüttelte, während sie kaute, fortdauernd den Kopf.
    Â»Ein klarer Schnitt: präzise, hart, schmerzhaft, heilbar.«
    Ich verstand nicht und sagte: »Ich verstehe nicht.«
    Â»Wir werden das üben!«

    Â»Nein!«
    Â»Doch!«
    Selten bin ich mir so blöd vorgekommen.
    Wir übten mehrere Versionen von »Schluss machen«, und Elisabeth spielte die unterschiedlichsten Variationen von männlichen Reaktionsmöglichkeiten durch, bei jeder Runde die Gläser neu gefüllt, bis wir beide vor Lachen kaum noch sprechen konnten. Es half. Nach einer weiteren Stunde nahm sie mich wieder bei der Hand, zerrte mich ins Büro, drückte mir den Telefonhörer ans Ohr.
    Â»So! Jetzt rufst du ihn an! Und halt die Frau da raus. Ich gehe in die Küche.«
    Und ich gehorchte, machte es tatsächlich.
    In der Firma bekam ich ihn gleich ans Telefon, spulte meine vorgefertigten Sätze ab, die frostige Variante, erntete Schweigen, redete weiter, die geschwätzige Variante, wiederholte mich, kam aus dem Konzept, weil ich mit jeder Antwort gerechnet hatte, außer mit keiner.
    Â»Hast du mich verstanden?«
    Sein Atem ging dicht an meinem Ohr.
    Â»Hörst du mich?«
    Atmen.
    Â»Ich sehe mich ansonsten gezwungen, deine Frau anzurufen.«
    Ich zuckte zusammen, als nach einer Weile doch noch seine Stimme durch den Hörer drang: »Das wird nicht nötig sein.«
    Â»Du lässt mich in Frieden?«
    Â»Verlass dich darauf.«
    Nichts mehr von Samt und Traurigkeit, vielmehr Ruhe, kühle Gefasstheit, als hätte ich bei ihm soeben einen Auftrag storniert.

    Ich wartete noch einige Sekunden, ob er noch etwas von sich geben würde, als ich es knacken hörte. Vorbei.
    Eine nicht messbare Zeitspanne lang sah ich auf den Apparat, dachte nichts, betrachtete die graue, verdrehte Gummispirale, die sich auf der Tischplatte wand, dachte »präzise, hart, schmerzhaft, heilbar« und dass ich mich nicht immer nur aus allem raushalten sollte.
    Hinterher ging ich geraden Wegs in die Küche, legte Elisabeth wortlos die Stirn auf die Schulter, ließ mir den Rücken klopfen und erbrach wenig später ein Erdbeertorten-Likör-Gemisch ins Handwaschbecken, ohne dass es mir peinlich war.
    Trotz des mehrfach beiseitegeschobenen Gedankens, dass ein Anruf im nüchternen Zustand vielleicht doch die

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