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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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sah mich an, schien ernsthaft zu erwarten, dass ich mich in irgendeiner Weise dazu äußere.
    Â»C’est la vie«, sagte die Tante, »die Zukunft wird kürzer, die Freunde werden weniger, man sortiert die Verluste und versucht Haltung zu bewahren. Mach kein Drama daraus, Lizzy, es könnte schlimmer sein!«
    Â»Ihr habt hier wenigstens ein richtiges Leben«, sagte ich, »das kann noch lange nicht jeder von sich behaupten.«
    Â»Leben«, sagte Ruth, »ja«, und ging eine weitere Flasche vom Besten holen.
    Keine Ahnung, wie lange wir dann noch schweigend und trinkend in der Kajüte saßen. Es ging uns nicht so schlecht dabei.
    Dass zu diesem Zeitpunkt für Ruth Zukunft bereits real zu etwas sehr knapp Bemessenem geworden war, kapierte ich erst später.

    Elisabeth erhob sich schließlich, strich mir im Vorbeigehen über den Rücken, sagte: »Nichts für ungut, Kleine«, und ging.
    Die Tante schüttelte den Kopf und sagte: »Sie war wirklich einmal eine schöne Frau!«
    Â»Ist sie doch noch immer«, sagte ich, und der Blick, mit dem Ruth mich bedachte, war irgendwo zwischen Spott und Mitleid einzuordnen, aber allemal wohlwollend.
    Â»Gute Nacht!«, sagte die Tante und klopfte beim Aufstehen auf den zusammengeklappten Computer, der noch immer auf dem Personaltisch stand. »Morgen sind wir wieder vernünftig, und du zeigst mir noch einmal unser Palau von oben.«
    Â»Mach ich gerne. Das andere Palau zeige ich dir auch.«
    Â»Wirklich? Wie sieht es aus?«
    Â»Als hätte jemand grüne Hügel ins Blau gekleckst.«
    Die Tante lächelte versonnen, summte mehr, als dass sie sprach: »Und wandert die Welt schon in fremdestem Schwunge, schmeckt uns das Charonsgeld längst unter der Zunge.«
    Â»Wie bitte?«
    Â»Wir saufen alle zu viel!«
    Â 
    Am nächsten Morgen waren wir bereits vor dem Frühstück von jeglicher Melancholie kuriert, denn ein geplatztes Abwasserrohr sorgte dafür, dass der Keller vollgelaufen war und wir, wie die Tante es treffend formulierte, »knietief in der eigenen Scheiße.«
    Ich roch es schon beim Aufwachen. Ruth, Ania, Olga und Elisabeth rannten mit Eimern, Lappen und Schrubbern die Treppe runter und wieder rauf, jemand drückte mir einen verbeulten Blecheimer in die Hand und brüllte: »Der Keller!«
    Unten angekommen, fiel mir nicht mehr ein als: »Ach du Kacke!«
    Â»Kann man so sagen.«

    Â»Entschuldigung, was kann ich tun?«
    Â»Dreimal darfst du raten!«
    Immerhin konnte ich etwas später damit punkten, dass ich mittels meines neugelegten Zugangs zur Welt binnen fünf Minuten einen Sanitär-Betrieb mit Sonntags-Notdienst ausfindig gemacht und kontaktiert hatte, nachdem das Branchen-Telefonbuch von Ruth mit derben Flüchen als verschollen gemeldet worden war.
    Â»Sie werden in etwa vierzig Minuten hier sein!«
    Â»Dass mir so lange keiner aufs Klo geht«, sagte die Tante und nickte mir anerkennend zu: »Hat sich schon gelohnt, die Maschine.«
    Es dauerte dann doch über eine Stunde, bis der Laster über den Anfahrtsweg rangiert worden war und zwei freundliche Herren in blauen Overalls den Kameraschlauch ins palausche Rohrsystem einführten.
    Â»Oje!«, sagte der Kräftigere der beiden, der sich als Wolfgang Müntner vorgestellt hatte. Was darauf folgte, war ganz und gar nicht das, was wir hören wollten.
    Bis zum frühen Abend wurden mehrere Meter Kellerboden aufgebrochen und provisorisch wieder geschlossen, wir gingen alle mindestens einmal in die Dünen pinkeln, beseitigten den gröbsten Dreck und sahen zu, wie schließlich doch noch die Bruchstelle gefunden und geflickt wurde, mit dem Hinweis, da müsse man aber bald etwas Grundsätzliches mit der maroden Substanz unternehmen.
    Â»Ja, sicher«, sagte die Tante und starrte finster auf das Desaster.
    Â»Was wird Ihr heutiger Einsatz denn kosten?«, fragte Elisabeth, während sie den beiden Herren Kaffee und Streuselkuchen anbot.

    Â»Machen Sie sich keine Sorgen, das übernimmt die Gebäudeversicherung. Oder die Hausrat. Ich weiß nicht genau, wie das bei Gewerbe ist. Fragen Sie am besten beide.«
    Die Tante fasste sich ans Kinn und stieß geräuschvoll die Luft aus.
    Â»Nein!«, rief Elisabeth.
    Ruth drehte sich auf dem Absatz herum und knallte die Tür hinter sich zu.
    Die Sanitär-Männer starrten ihr verblüfft hinterher. Müntner

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