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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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von innen gegen seinen Bauch. Ihm wurde klar, dass er es nicht mehr rechtzeitig bis nach oben ins Bad schaffte. Fahrig riss er die Tür zum Gästeklo auf. Aus den Augenwinkeln sah er seine Mutter, die ihm über die Straße folgte. David keuchte. Im letzten Augenblick schaffte er es, sich über die Toilettenschüssel zu beugen.
    »David!«, kreischte seine Mutter im Flur.
    David stöhnte bevor sich sein Magen wieder zusammenkrampfte und er erneut würgen musste. Nicht mal beim Kotzen ließ man ihn allein, durchfuhr es ihn. Dann spuckte er einen weiteren Schwall gelblichen Magensaft.
    Nach einigen Minuten klang der Anfall ab und David konnte sich zitternd erheben. Mit dem Handrücken wischte er sich die Tränen aus den Augen, um wieder halbwegs sehen zu können. Seine Mutter stand ihm gegenüber und sah ihn mit großen Augen an.
    »Du hast doch was genommen, oder?«, fragte sie. »Man übergibt sich nicht einfach so.«
    David ignorierte sie und beugte sich über das Waschbecken. Süßliches Wasser lief ihm in den Mund. Er spülte. Dann trocknete er sich an einem der Gästehandtücher.
    »David, dein Vater und ich wollen mit dir reden«, sagte seine Mutter und deutete auf das Wohnzimmer.
    Die Haustür war wieder geschlossen. Das konnte nur bedeuten, dass sein Vater schon auf ihn wartete. David atmete tief ein. Wenn er jetzt schnell nach oben lief, konnte er sich immer noch einsperren. Aber die Chance, dass seine Eltern ihn in Ruhe lassen würden, standen mehr als schlecht. Also kam er der Geste seiner Mutter nach und betrat das Wohnzimmer.
    Wie er es erwartete hatte, saß sein Vater auf dem Sofa und sah ihn finster an.
    »Du hast uns einiges zu erklären«, sagte Ansgar und ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht aufgeben würde, bevor nicht alles erklärt war.
    David schwieg. Wie er solche Momente doch hasste! Komischerweise kannte er sie erst, seit sie hier in Neuss wohnten, seit er Merlin und seine Familie kennengelernt hatte.
    »Was war das vorhin auf der Arbeit?«, fragte Ansgar.
    David sah, dass sein Vater sich mühsam zurück hielt. Er dachte über die Frage nach. Was sollte das? Was erwartete sein Vater darauf für eine Antwort? Sollte er ihm etwa sagen, dass er sich von Paolo auf eine nicht begreifliche Art angezogen fühlte? Er zuckte mit den Schultern.
    Sein Vater sprang auf. »Verdammt! Ist dir eigentlich klar, dass du mit meinem Chef geknutscht hast und es alle Leute sehen konnten?«
    David schluckte. Nein, das war ihm so nicht wirklich klar gewesen. Bisher hatte er noch keinen Gedanken daran verschwendet, dass es außer seinem Vater noch jemand gesehen haben könnte.
    »Ihr hättet wenigstens die Tür zulassen können!«, schrie sein Vater.
    »Ansgar!«, sagte seine Mutter vorwurfsvoll.
    »Die Tür war zu.« David fühlte sich wieder schwindelig. »Wenn du sie nicht aufgemacht hättest ...«
    Sein Vater sah ihn vollkommen fassungslos an. »Keiner geht in dieser Firma einfach so in Paolos Büro«, sagte er leise. »Das ist das Erste, was man lernt.«
    David dachte einen Moment darüber nach. Ja, das hatte ihm Paolo auch sofort gesagt. Trotzdem hatte doch sein Vater ... Oder hatte etwa Paolo ... David wusste nun nichts mehr. Um ihn herum drehte sich alles. Er drehte sich herum und lief taumelnd nach oben. Er konnte jetzt nicht länger mit seinen Eltern sinnlose Gespräche führen. Etwas geschah, das er sich nicht erklären konnte.

    117

    Merlin saß hilflos auf der Couch. Er hatte sich den ganzen Tag über von Christian ablenken lassen, aber jetzt war der Moment gekommen, da er sich endlich Gedanken über seine Zukunft machen musste.
    »Du siehst aber nicht gerade aus, als würden dir Euromünzen aus dem Arsch purzeln«, stellte Christian auf seine gewohnt charmante Art fest.
    Merlin lächelte kurz. Doch seine Gedanken hatten ihn schnell wieder im Griff. Seine Mutter befand sich jetzt gerade wohl in Berlin bei ihrem Vater. Die Vorstellung, dass er nun nach so vielen Jahren seinen Großvater kennenlernen sollte, erschreckte ihn irgendwie. Was würde der wohl von ihm halten.
    »Jetzt mach dich nicht fertig«, sagte Christian und stellte ihm einen Wodka mit Lemon hin.
    »Ich muss mir aber Gedanken machen«, antwortete Merlin leicht gereizt. »Ich meine, da wartet wohl ein komplett neues Leben auf mich und ich habe keine Ahnung, ob es mir gefällt.«
    Christian setzte sich auf den Sessel gegenüber. »So wie ich das verstanden habe, gefiel dir dein bisheriges Leben auch nicht gerade, oder?«
    Merlin schwieg.

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