Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
Vom Netzwerk:
offen stand. Paolo lehnte lässig im Rahmen und grinste.
    »Wo ist mein Sohn?«, schrie Ansgar aufgebracht und wollte schon auf Paolo losgehen. Hanne hielt ihn aber im letzten Moment zurück.
    »Hey, hey, nicht so aufbrausend«, sagte Paolo und lachte. »David ist noch da.«
    »Das wissen wir«, sagte Hanne herablassend und zog ihren Mann ein Stück zu sich. Sie wollte, dass er sich zurückhielt. Ganz sicher war seine untypische Agressivität nicht der richtige Weg, diese Sache hier zu bewältigen. Irgendwas sagte ihr, dass man sich vor Paolo Jobim in Acht nehmen musste.
    »Wo liegt also das Problem?«, fragte Paolo.
    »Wir würden es begrüßen, wenn David sich nicht bei Ihnen aufhält.« Hanne bemühte sich um einen ruhigen aber eindeutigen Tonfall. Nur damit, glaubte sie, konnte man dem Chef ihres Mannes beikommen.
    »Wie alt ist David?« Paolos grinsen wurde breiter.
    »Das tut jetzt nichts zur Sache!«, schrie Ansgar dazwischen. Hanne hielt ihn eisern fest.
    Paolo leckte sich über die Lippen. Hanne wusste sofort, dass dies eine Anspielung auf Ansgars Schilderung sein musste. Dieser Mann hatte David geküsst und nun wollte er Ansgar mit seiner Geste provozieren.
    »Er ist siebzehn und damit minderjährig, das sollten sie wissen«, sagte Hanne kalt.
    »Aber er darf sich aufhalten wo er will, oder nicht?«
    »Nicht solange wir seine Eltern sind«, sagte Ansgar.
    »Ansgar, was ist eigentlich dein Problem?«, fragte Paolo und setzte eine verwirrte Miene auf.
    »Das weißt du ganz genau.« Ansgars Stimme war zu einem dunklen Grollen geworden. Hanne befürchtete, dass er jeden Moment wieder auf seinen Chef losgehen wollte. Wenn sie ehrlich war, hätte sie nicht mal etwas dagegen, so wie sich dieser Kerl hier aufspielte. Wo blieb eigentlich David? Er konnte doch unmöglich überhören, was hier geschah. In Hannes Kopf reihten sich mit einem Mal Bilder von ihrem geknebelten Sohn in den unterschiedlichsten Versionen auf. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass David sich einfach in diesem Haus aufhielt und sie ignorierte.
    »Wo ist David?«, platzte es aus ihr heraus.
    Paolo sah sie verwundert an. »Im Haus, wo sollte er sonst sein?«
    Hanne ließ Ansgar los und trat auf Paolo zu. Fast erwartete sie, dass er ihr den Eintritt verwehren würde, doch der Kerl machte ihr Platz, sodass sie sich an ihm vorbei ins Hausinnere schieben konnte. »David?«, rief sie laut, bekam aber keine Antwort.
    »Was hast du mit meinem Sohn gemacht?«, hörte sie draußen ihren Mann fragen.
    »Es ist nichts geschehen, was er nicht auch wollte«, sagte Paolo genüsslich.
    Hanne drehte sich um und sah diesen ekelhaften Mann, wie er sich wieder vollkommen überheblich gegen den Türrahmen lehnte. Ihr Blick wurde kurz in die Küche gelenkt. Dann sah sie zurück zu Paolo, der ihren Sohn ... Ja was? Was hatte er mit ihm gemacht? So wie Ansgar es beschrieben hatte, war David ihm tatsächlich freiwillig in die Fänge gegangen. Trotzdem fühlte Hanne in sich das Verlangen, eine der gusseisernen Pfannen aus der Küche zu nehmen und damit auf diesen Kerl einzuschlagen, bis er sich nicht mehr regte. Die Vorstellung erschreckte sie.
    »Er ist oben«, sagte Paolo plötzlich zu ihr.
    Hanne zuckte zusammen. Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass er sich umgedreht hatte. In seinen Augen funkelte es. »Es sei denn, sie haben hier unten etwas gefunden, das ihnen mehr bedeutet.« Er zwinkerte ihr zu. »Habe ich gewonnen?«
    »Ansgar!« Hanne war plötzlich panisch. Hatte dieser Mann gerade tatsächlich ihre Gedanken erraten?
    »Was ist?«, fragte Ansgar, der nun auch ins Haus kam und Paolo dabei zur Seite stieß. »Was ist los?«
    Paolo lächelte. Mehr tat er nicht, mehr schien er nie zu tun.
    »Ich ...« Hanne brach ab. Was sollte sie sagen? Für das, was sie soeben empfunden hatte, gab es keine Erklärung. Sie war sich nicht mal mehr sicher, ob sie diesen Augenblick tatsächlich erlebt hatte.
    »Hanne! Was ist?« Ihr Mann sah sie böse an.
    »Nichts«, sagte Hanne schließlich. Doch in Paolos Augen konnte sie lesen, dass es stattgefunden hatte. Irgendwas war gerade passiert.
    »Er ist oben«, sagte Paolo leise, so als ob er sich geschlagen gab.
    Hanne drehte sich augenblicklich um und stürmte die Treppe hinauf. Je weiter sie von diesem Mann weg kam, desto besser fühlte sie sich. Erst auf dem oberen Absatz blieb sie wieder stehen.
    »Er hatte Sehnsucht nach seinem Freund«, hörte sie Paolo unten erklären. »Darum ist er zu mir gekommen. Er wollte die

Weitere Kostenlose Bücher