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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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schuldbewusste Miene auf. »Aber da kannte ich dich ja auch noch nicht. Außerdem sagt meine Mutter immer, dass man die eigenen Fehler mit Humor nehmen soll.«
    »Schlau, schlau«, sagte David und sprang auf. Die Gedanken von zuvor waren in weite Ferne gerückt. Jetzt da er Merlin gegenüber stand, zählte nur noch die Gegenwart. Er fühlte sich großartig.
    »Sollen wir mal langsam?«, fragte Merlin mit einem Blick auf die Uhr.
    »Klar, gestern war ich schon zu spät.«
    Merlin zog eine Augenbraue hoch. »Bist wohl noch auf deiner Bank eingeschlafen, was?«
    »Könnte man so sagen, ja.«
    Sie gingen schweigend nebeneinander her. Eigentlich war der Weg über die Wiese viel zu eng, aber sie teilten sich den gepflasterten Streifen und gingen mit dem jeweils äußeren Fuß auf dem Rasen, was ein seltsames auf und ab beim Gehen ergab.
    Als sie fast am Schultor angekommen waren, sagte Merlin: »Mensch, da habe ich jetzt schon so ziemlich den kürzesten Schulweg und nun auch noch einen Begleiter. Wenn ich das Linda mal unter die Nase reibe, rastet sie sicher aus. Die beschwert sich immer, dass sie fast eine Stunde zur Schule braucht und niemanden hat, mit dem sie auf dem Weg quatschen kann.«
    David nickte nur. Die Erwähnung von Linda warf ihn in seine Gedanken von zuvor zurück. Und wieder fiel ihm sein alberner Zwiespalt auf: Auf der einen Seite wünschte er sich ebenfalls eine beste Freundin, die zu ihm hielt, mit der er alles teilen konnte, auf der anderen schreckte ihn Linda aber auch sehr ab. Er glaubte, dass sie ihm eine Freundschaft zu Merlin nicht so einfach machen würde. Bestimmt war sie auch gestern schon eifersüchtig gewesen und deshalb so seltsam. Aber das waren nur Spekulationen. David versuchte seinen Kopf wieder klarzubekommen.

    14

    Während des Unterrichtes bemerkte Merlin, dass David ihn ab und zu beobachtete. Fast machte es den Eindruck, als müsse er über etwas nachdenken, das ihn betraf. Entgegen seinem natürlichen Verhalten wurde Merlin nervös. Sicherlich hatte David von anderen mitbekommen, dass er schwul war und machte sich jetzt darüber Gedanken. Merlin konnte geradezu spüren, wie den Blicken der Gedanke ›so sieht also ein Schwuler aus‹ folgte. Genau das war es, was er absolut nicht leiden konnte. Entweder gingen die Jungs gleich auf Distanz und machten noch ein wenig Theater, damit auch das weite Umfeld garantiert mitbekam, wie absolut unschwul sie selbst waren. Oder aber sie wurden verständnisvoll und studierten ihn, stellten blöde Fragen und warfen einen mit allen anderen Schwulen und einem Haufen Klischees zusammen. Da waren ihm die Typen mit ihrem Antihomotheater fast noch lieber. Er hatte keine Lust, als Prototyp für das Homosexuelle an sich angesehen zu werden. Es nervte ihn ohnehin schon über die Maßen, dass ihn alle in diese Richtung drängten. Gar nicht zu reden von Linda, die das Ganze auch noch mit ihrer selbstoffenen Art gern unterstützte.
    Wie auf Kommando kam ein Briefchen geflogen. Merlin strich es unwirsch glatt. Hast du es ihm endlich gesagt? Genervt stöhnte er auf.
    »Was ist?«, fragte David und sah ihn wieder auf diese Art an, als könne er schwule Probleme eh nicht verstehen, würde aber gern versuchen, doch irgendwie zu helfen.
    »Nichts«, sagte Merlin matt. Glücklicherweise gab sich David damit zufrieden.
    Linda, ich habe keinen Bock, es jedem gleich aufs Auge zu drücken! Und ich sage dir, der Kerl ist absolut hetero! , schrieb er auf den Zettel, knüllte ihn zusammen und warf ihn zurück. Hoffentlich würde sich Linda damit zufrieden geben und ihn für heute in Ruhe lassen.
    »Schreibst du schon wieder nicht mit?«, flüsterte David.
    »Ich hab Kopfschmerzen.« Merlin versuchte möglichst leidend auszusehen und glaubte, recht erfolgreich damit zu sein.
    »Oh«, machte David. »Ich kann dir nachher gern meine Mitschrift kopieren.«
    »Nett.«
    »Oder kannst du das schon?«, fragte David weiter. »Ich hab das schon in Hamburg gemacht.«
    »Nein«, sagte Merlin und stützte den Kopf auf die Hände auf. Wie hatte er sich nur heute morgen noch freuen können, diesen Kerl wiederzusehen? Eigentlich wusste er doch schon die ganze Zeit über, dass der Gedanke an eine kleine Romanze sowas von weit hergeholt war. Trotzdem, jetzt, da er sich einmal gedanklich darauf eingelassen hatte, war es schwierig, dem gefühlsmäßig entgegenzuwirken. Das war doch echt zum Schießen!
    Wieder landete ein Briefchen auf seinem Tisch. Schwachsinn! Der steht auf dich! Sag's ihm

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