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Das Meer und das Maedchen

Das Meer und das Maedchen

Titel: Das Meer und das Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathi Appelt
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alles auf einmal?
    1. Das Zischen der Soße, die außen am Topf hinunterfloss und in die Herdflamme tropfte.
    2. Den Aufprall der Flasche mit Petite Tartines roter Pfeffersoße, die Signe aus der Hand und auf den Boden fiel.
    3. Signes Stimme, die „ MIRJA !“ brüllte, und zwar so laut, dass BF anfing zu jaulen und die Pfoten über den Kopf legte.
    Das mit den Pfoten sah Mirja natürlich nicht, aber das war auch nicht nötig. Das machte BF immer, wenn Signe anfing zu schreien.
    Hier gab es nur noch eins: Rückzug!
    Und genau das tat Mirja. Sie rannte hinter BF her in ihr Zimmer und warf die Tür hinter sich zu.
    14 Signes Herz raste. Was um alles in der Welt war geschehen? Der Fußboden war klatschnass, die Schale – das Einzige, was ihr von ihrer Mutter geblieben war! – war in zwei Teile zerbrochen und das Gumbo war angebrannt.
    Wie war es möglich, dass Mirja in so kurzer Zeit so viel Unheil hatte anrichten können? Dreißig Minuten. Eine halbe Stunde. So lang war das doch nun wirklich nicht.
    Aber es war lange genug, dass ein Gumbo überkochen konnte. Lange genug, dass Mirja die Schale zerbrechen konnte.
    Signe zog den Topf vom Feuer und schaltete den Herd aus. Sie musste nicht in den Topf schauen, um zu wissen, dass sich dort nichts als eine schwarze, angebrannte Masse befand. Sie ließ den Deckel auf den Topf fallen, damit der Rauch nicht durch die ganze Küche zog. Dann bückte sie sich und hob die Bruchstücke der Schale auf. Sie waren fettig. Signe schnupperte. Es roch nach Speck. Signe kratzte sich am Kopf. Warum Speck? Sie stellte die beiden Hälften der Schale auf die Arbeitsplatte und starrte sie an. Speck?
    Wozu hatte Mirja Speck gebraucht?
    Dann fiel ihr Blick auf die Blechwanne. Wasser. Sonst nichts. Keine Krabben. Keine einzige Krabbe. Und ganz plötzlich wusste Signe, was Mirja getan hatte. Sie hatte mithilfe von Speck und der Schale die Krabben freigelassen.
    Signe sank auf einen Stuhl und starrte durch die offene Küchentür auf Mirjas Zimmer. Die Luft war dunstig vom Rauch.
    Was in Dreiteufelsnamen war in dieses Mädchen gefahren?
    Signes Herz schlug schneller.
    Was war nur in sie selbst gefahren, dass sie Mirja allein gelassen hatte? Mirja war gerade einmal zehn Jahre alt, ein Kind, das an Elfen und Feen und Engel glaubte … Das glaubte, dass seine Mutter eine Meerjungfrau war. Signe hatte nie widersprochen. Signe wusste, dass Mirja an Magie glaubte.
    Aber was genau, fragte sich Signe, hatte Magie mit Krabben zu tun? Und als ob sich das angebrannte Gumbo dieselbe Frage stellte, rutschte ein einzelner Tropfen zischend an der Außenseite des Kochtopfs entlang.
    15 In der tiefen, tiefen Nacht klopfte Mirja leicht auf ihre Hosentasche und spürte die Kontur von Yema-yás kleiner Holzfigur durch den Stoff.
    Yemayá.
    Mr Beauchamp hatte Mirja erzählt, dass Yemayá die Grandmère allen Wassers war.
    Yemayá, die große Mutter.
    Königin der Meerleute.
    Oberhaupt der Wale und Seeschlangen.
    Herrscherin über die Flüsse und Seen, die Bäche und Sümpfe.
    Von allen Meerleuten liebte Mirja Yemayá am meisten. Die Göttin der Tiefe. Yemayá.
    Wenn man ihr ein Geschenk darbrachte, durfte man sich etwas wünschen.
    16 Wünsche. Mirja hatte sich schon oft etwas gewünscht, wenn sie eine Sternschnuppe sah oder einen Regenbogen oder wenn sie ein vierblättriges Kleeblatt fand. Es waren kleine Wünsche gewesen, zum Beispiel Schokotropfen mit Mandeln oder gebatikte Schnürsenkel. Aber jetzt war es Zeit für einen großen Wunsch. Für einen riesengroßen Wunsch.
    Der ganze Tag war schlimm, schlimm, schlimm gewesen, angefangen mit diesen verdammten Krabben. Jeder, aber auch wirklich jeder Bewohner des kleinen Universums war böse auf sie. Und all das Böse und Schlimme hatte die Fensterläden zum Klappern gebracht, hatte sich in den Ecken festgesetzt, die Vorhänge aufgebauscht und ihre Haut klebrig gemacht.
    Als der Abend hereinrollte, blieb Mirja nichts weiter übrig, als sich mit einem Teller Käsestückchen und Tomatenscheiben in ihr Zimmer zu hocken. Das war ein jämmerlicher Ersatz für das leckere Gumbo, aber Mirja durfte sich wohl kaum beklagen.
    Stundenlang war das Böse-Schlimme in ihrem Zimmer herumgewirbelt und hatte die Luft kalt gemacht. Trotz der warmen Sommerbrise, die durch das offene Fenster zog, waren Mirjas Füße wie zwei Eisblöcke. Sie zog die oberste Schublade ihrer Kommode auf, um sich ein Paar Socken zu holen, und sah … den Glücksbringer. Den Glücksbringer ihrer Mutter!
    Der

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