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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wahrscheinlich,
dachte er, verirrt sich so selten ein Schiff in diesen Hafen, daß
jeder Fremde hier eine kleine Sensation darstellt. Dann
entdeckte er etwas, was ihn überraschte. Inmitten der kleinen
Menschenmenge, die sie umlagerte, stand ein Mann. Er war ein
gutes Stück größer als die meisten anderen, tadellos frisiert
(auch das unterschied ihn von den struppigen und zum Großteil
stoppelbärtigen Gestalten) und vor allem: Er trug nicht die
übliche, grobe Arbeitskleidung, sondern eine dunkelblaue
Marineuniform, auf deren Ärmeln goldene Offiziersstreifen
blitzten. Er stand einfach da und blickte ihn an, und er tat es auf
eine Art, die Mike nicht gefiel. Unauffällig versuchte er an
Trautmans Seite zu gelangen und raunte ihm zu: »Sehen Sie
nicht hin – aber da ist ein Offizier. «
Trautman sah natürlich doch hin, aber er tat es ganz bewußt so
direkt, daß es als ganz normaler, neugieriger Blick in die Runde
durchgehen mochte. »Ich sehe ihn«, flüsterte er. »Und?«
»Das gefällt mir nicht«, antwortete Mike. »Er trägt die gleiche
Uniform wie der Verletzte. Was macht ein Offizier der Royal
Navy in einem Kaff wie diesem?« Trautman zuckte mit den
Schultern – und dann tat er etwas, was Mike schier den Atem
stocken ließ: Er wandte sich um und trat direkt auf den Offizier
zu. »Sir!« sagte er. »Gut, daß ich Sie treffe. Sie können mir
sicher weiterhelfen. Mein Name ist Trautman. Das da –« Er
deutete auf Mike und Serena. »– sind meine Enkel, Mike und
Sally. Wir haben diesen Mann heute nacht in einem Boot auf
dem Meer treibend aufgefunden, und mir scheint, er gehört zur
Navy. Er trug eine Uniform wie Ihre. Vielleicht vermissen Sie
ihn schon?« Eine Sekunde lang spiegelte sich nichts als blankes
Mißtrauen auf dem Gesicht des Offiziers. Aber dann trat er
näher, warf einen flüchtigen Blick auf den Verletzten und
schüttelte den Kopf. »Er muß von der HARRISON sein«, sagte
er. »Nein, ich kenne ihn nicht. Aber ich weiß, woher er kommt.
« Er sah auf, lächelte entschuldigend und salutierte nachlässig,
als er sich wieder direkt an Trautman wandte. »Bitte
entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit, Sir. Mein Name ist
Stanley. Kapitän Mark Stanley von der HMS GRISSOM. Ich
danke Ihnen im Namen Seiner Majestät, daß Sie den Mann
gerettet haben. Was hat er für Verletzungen?«
Etwas an der Art, auf die er diese Frage stellte, gefiel Mike
nicht, und Trautman mußte es wohl ganz ähnlich ergehen, denn
er zögerte eine Winzigkeit, ehe er antwortete: »Ich verstehe
nichts davon, Sir. Aber ich glaube, man hat auf ihn geschossen.
« »Ja, das denke ich auch«, antwortete Stanley. »Er sieht nicht
gut aus. Ein Wunder, daß er noch lebt. Wo bleibt dieser Arzt?«
Er sah sich suchend um, dann rief er mit erhobener Stimme:
»Sparks!« Es verging nur eine Sekunde, dann drängte sich ein
Mann in der blauen Uniform der Kriegsmarine durch die
Menge, deren Aufmerksamkeit sich mittlerweile völlig auf den
Offizier und Trautman konzentriert hatte. Er war ebenso groß
und tadellos gekleidet wie Stanley, hatte aber deutlich weniger
Streifen auf dem Ärmel. Wahrscheinlich sein Adjutant, dachte
Mike. Der Mann nahm vor Stanley Aufstellung und salutierte
zackig. »Sir?«
»Hängen Sie sich ans Funkgerät«, antwortete Stanley. »Sie
sollen den Arzt herschicken. Wir haben hier einen Verletzten. «
Sparks eilte mit Riesenschritten davon, und Stanley drehte
sich wieder herum und sagte: »Nichts gegen den Arzt der guten
Leute hier, aber ich denke, daß sich unser Doktor ein wenig
besser auf die Behandlung von Schußverletzungen versteht. «
Wie auf ein Stichwort hin kam in diesem Moment der Mann
zurück, den Trautman nach dem Arzt geschickt hatte. Er war
nicht allein. In seiner Begleitung befand sich ein älterer Mann
mit schütterem Haar, der noch einen Morgenmantel trug und
vollkommen verschlafen wirkte. Trotzdem mußte er Stanleys
Worte gehört haben, denn er spießte ihn mit Blicken regelrecht
auf. Aber er enthielt sich jedes Kommentares, sondern beugte
sich nur wortlos über den Verletzten und schüttelte den Kopf,
als Trautman Anstalten machte, die Decke beiseite zu schlagen,
in die er eingewickelt war. »Hier kann ich überhaupt nichts für
ihn tun«, sagte er. »Bringt ihn in mein Haus. Aber vorsichtig. «
Trautman und die beiden Männer, die ihm schon zuvor geholfen
hatten, hoben den Verletzten behutsam auf und trugen ihn zu
einem der schmalbrüstigen, alten Häuser. Es ging durch einen
dunklen

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