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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Berührung kommt, wird sofort zu
Dampf, der in die Höhe schießt, und neben ihm stürzt das kalte
Wasser nach unten. Auf diese Weise entsteht ein unvorstellbarer
Sog! Kein Wunder, daß der Golfstrom um die halbe Welt
reicht! Das Wasser wird hier regelrecht nach unten gerissen!«
»Ja, aber wohin verschwindet all dieses Wasser?« fragte
Mike.
Winterfeld schwieg einen Moment. »Fahr ein Stück nach
rechts«, sagte er. »Und etwas tiefer. « Mike gehorchte, aber
vorsichtig. Die NAUTILUS zitterte und stampfte jetzt
ununterbrochen, und er hatte die Leistung der Motoren fast bis
zum Maximum erhöht, um überhaupt ihre Position zu halten.
Was er vorhin über diesen Sog gedacht hatte, stimmte nicht. Er
war hundertmal stärker, als sie alle angenommen hatten, selbst
Winterfeld und seine Techniker. Mike war gar nicht mehr so
sicher, daß das Schiff diesen tobenden Naturgewalten noch
lange widerstehen würde. Trotzdem sank die NAUTILUS
allmählich tiefer. Mike bemühte sich, einen respektvollen
Abstand zu der Kette von Licht und heißen Dampf speienden
Bergen zur Linken zu halten, aber das Schaukeln des Schiffes
nahm noch mehr zu. Als sie schließlich den Meeresgrund
erreichten, liefen die Maschinen mit aller Kraft. Mikes Augen
hatten sich mittlerweile an die düsterrote Helligkeit draußen
gewöhnt, so daß er ihre Umgebung erkennen konnte. Was er
sah, versetzte ihn in Erstaunen, aber es ließ ihn auch erschauern.
Es war nicht das erste Mal, daß er den Meeresboden mit eigenen
Augen sah, nicht einmal in einer solchen Tiefe – aber er hatte
noch nie etwas wie das erblickt.
Unter ihnen war nichts als nackter, schimmernder Fels. Es gab
keinen Krümel Sand, keinen Schlick, kein Leben, nur Steine
und Felsen, die allesamt sonderbar rund und wie glattpoliert
aussahen – und genau das waren sie auch. Der ungeheure Sog,
der hier unten herrschte, hatte alle scharfen Kanten
abgeschliffen und jede größere Erhebung eingeebnet. Der
Anblick war ungemein deprimierend. Die Meere waren die
Wiege des Lebens, aber hier gab es nichts, nichts außer Wasser
und rötlichem Licht und tobender Bewegung. Unter der
NAUTILUS breitete sich eine öde Mondlandschaft aus, auf der
es niemals Leben gegeben hatte und niemals geben würde.
»Dort vorne!« sagte Winterfeld. »Siehst du es?« Mike nickte.
Diesmal hatte er es im selben Moment entdeckt wie Winterfeld:
Nicht mehr sehr weit vor ihnen hörte der Meeresboden einfach
auf. Der schimmernde Fels brach ab, und wo der Meeresgrund
sein sollte, gähnte nur ein gewaltiger, schwarzer Abgrund.
»Vorsichtig jetzt«, sagte Winterfeld. Die Warnung wäre nicht
nötig gewesen. Mike drosselte die Geschwindigkeit der
NAUTILUS immer mehr, bis sie sich fast nur noch im
Schrittempo bewegten. Und schließlich mußte er den Schub der
Motoren sogar umkehren, um das Schiff auch nur auf der Stelle
zu halten. Der Sog war jetzt so gewaltig, daß er selbst das
hundert Meter lange Unterseeboot einfach mit sich gerissen
hätte, hätten die Maschinen sich nicht dagegengestemmt.
Unmittelbar über der Kante hielten sie an. Und für lange,
endlose Sekunden wurde es sehr still im Salon der NAUTILUS.
Der Anblick war ungeheuerlich.
Unter ihnen gähnte die gigantischste Schlucht, die Mike
jemals gesehen hatte. Der Fels stürzte so weit in die Tiefe, daß
man nirgendwo einen Boden hätte erkennen können, und der
gegenüberliegende Rand des Abgrundes war so weit entfernt,
daß sie ihn nicht einmal mehr sehen konnten. Selbst der Grand
Canyon war gegen diese Schlucht nicht mehr als ein
kümmerlicher Riß.
»Da hast du die Antwort auf deine Frage«, sagte Winterfeld.
Seine Stimme klang fast bewundernd. »Das Wasser muß diesen
Schacht gegraben haben«, sagte er. »Mein Gott, es muß
Millionen von Jahren gedauert haben!«
Es fiel Mike nicht leicht, Winterfelds Gedanken zu folgen –
aber vielleicht lag das eher daran, daß ihn der Anblick, der sich
ihnen bot, einfach erschlug. Was sie sahen, war ein Fluß im
Meer, eine gewaltige Rinne, die das Wasser, das von der
Meeresoberfläche herabstürzte, im Laufe von Jahrmillionen in
den Meeresboden gegraben hatte und durch die es mit
unvorstellbarer Gewalt davonschoß. Mike wagte sich
nicht
vorzustellen, was geschähe, wenn die NAUTILUS in diese Strömung geraten wäre. Vermutlich würde sie im Bruchteil
einer Sekunde einfach in Stücke gerissen. »Ich glaube, das war's
dann, Winterfeld«, sagte er. Winterfeld sah ihn fragend an.
»Was meinst du damit?«
»Das fragen Sie

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