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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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bekämpfen müssen, weil sie uns deprimiert. In dieser mentalen Schizophrenie wird das Sozialkapital früher oder später verbraucht.
    Eine erste Lösung in Richtung kreativerer Kooperation wäre, den Radius der Verantwortung zu verkleinern. Das Gemeinwesen, das wir mit unseren Steuerzahlungen bedienen, ist womöglich einfach zu groß, zu unüberschaubar, zu abstrakt geworden. Weil in der globalen Welt die Idee der »Nation« erodiert, bildet in Zukunft die »Neue Lokalität«, die Gemeinde, die Region, eine starke Basis der Gemeinsamkeit. Sollte man dann nicht den Kommunen mehr direkte Steuern zahlen und ihnen auch mehr Aufgaben übertragen?
    In kleineren Nationen, wie den Ländern Skandinaviens, in Stadtstaaten ist das »Steuerproblem« weitaus geringer, weil die Bürger unmittelbar mitverfolgen können, was mit ihrem Geld geschieht. In Norwegen ist im Internet für alle einsehbar, was jeder an Steuern zahlt – in einer Vertrauenskultur gilt das nicht als Affront und Eingriff in die Privatsphäre, man begreift es vielmehr als »einen Beitrag leisten«. In der Schweiz kann die Höhe der kantonalen Steuerzahlungen sogar von den Bürgern per Volksabstimmung festgelegt werden. Die einzelnen Kantone werben per Steuerwettbewerb um Neuzuzüge. Entgegen allen Unkenrufen hat dies nicht zu einem neoliberal-kapitalistischen Verfall geführt, und auch die Schulen und Straßen sind nicht in erbarmungswürdigem Zustand. Überregionale Züge, Autobahnen und ein Stromnetz über Kantonsgrenzen hinweg existieren auch in der Schweiz. Regionalisierung muss also nicht separatistisch sein. Direkte Demokratie hilft offensichtlich, robuste Kooperationsformen zu entwickeln. Sie
muss aber, so die Befürchtung, wohl ein paar hundert Jahr erlernt und eingeübt werden.
    Eine andere Möglichkeit effektiverer Kooperationstechniken im Sozialen führt über das Prinzip der Beobachtbarkeit. »Alle unsere Erfahrungen und Ergebnisse«, so schreibt Martin Nowak in »Supercooperators«, »weisen darauf hin, dass Kooperationsverhalten vor allem durch eine verbesserte Öffentlichkeitspolitik zu erreichen ist. Informationen öffentlich zu machen führt zu einem höheren Grad von Kooperation.« Der australische Evolutionsbiologe David Haig formuliert es etwas anders: »Für direkte Gegenseitigkeit braucht man ein Gesicht. Für indirekte einen Namen!« 5
    In Uganda gibt es eine lange Tradition von Schulspenden. Sie stammen teilweise aus dem Inland, teilweise aus dem Ausland. Rund 80 Prozent dieser Spenden verschwanden früher in den Taschen dubioser Mittlerorganisationen oder in denen der Lehrer oder Direktoren. Die ugandische Regierung veranlasste vor einigen Jahren, dass die Namen und Fotos der Spender für die jeweilige Schule am Eingang an einem Schwarzen Brett veröffentlicht werden müssen. Zusätzlich wurden Listen der Spender in zwei Zeitungen veröffentlicht – die größeren Spenden mit Fotos der Spender. Seitdem kommen über 75 Prozent aller Spenden tatsächlich an. Besonders effektiv war die Methode in Schulen, in denen die Eltern ihre Kinder öfter selbst ablieferten und Zugang zu Zeitungen hatten.
    In der Weiterentwicklung kreativer Kooperation dreht sich alles um die Qualität von Feedback-Schleifen. 6 Wie Nowak herausgearbeitet hat: Indirekte Kooperation wächst immer dann, wenn es einen Beobachter gibt, der von allen Teilnehmern des sozialen Spiels wahr- und ernstgenommen wird. Das Uganda-Beispiel, auf unsere neue globale Welt übersetzt, bedeutet: Es kommt entscheidend darauf an, dass und wie wir öffentliche Feedback-Schleifen für individuelle Verhaltensweisen zur Verfügung stellen. Was aber wäre besser geeignet für diese Aufgabe als das Internet mit seinen unentwegten Rankings und Rückmeldungen?

    Der Präventionismus
    Viele soziale Probleme und Aufgaben wie die Armutsbekämpfung, die Gewaltbekämpfung, das ganze Gesundheitswesen, die Altersversorgung sind im genuinen Sinn komplex. Für ihre Lösung wird es kein Patentrezept, keine »einmalige Maßnahme« geben; notwendig sind feine Abstimmung, Trial and Error, neue soziale und mentale Allianzen. Und ein nach den Gesetzen der Spieltheorie »konditionaler Sozialstaat«, der immer wieder aufs Neue Lernprozesse organisiert – um herauszufinden, wie man das Zusammenspiel der Beteiligten Schritt um Schritt verbessern kann.
    Viele Ansätze sozialstaatlicher Ink lusionsprogramme, die die Selbstverantwortung der Betroffenen stärken und ihren Zugang zu öffentlichen Gütern verbessern

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