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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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bestrafen.
    Manches spricht dennoch dafür, dass wir uns weltweit längst auf dem Weg in eine neue Gesundheitskultur befinden. Ein deutliches Zeichen ist der Niedergang des Rauchens – oftmals dank staatlicher Präventionspolitik. Australien verbietet ab 2012 Markenlogos auf Zigarettenschachteln, es dürfen dann nur noch Verstümmelungsszenen aus der Serie »offene Raucherlunge und ausfallende Zähne« zu sehen sein. Interessant ist, dass solche drastischen Maßnahmen sich ausgerechnet in Kulturen durchsetzen, die prinzipiell freiheitsliebend sind. In den angelsächsischen Ländern, die sich sonst so individualistisch und liberal geben, sind Rauchen und Trinken in öffentlichen Räumen heute schon so gut wie verboten. Generell sinkt überdies der Fleischkonsum, ebenso der Alkoholkonsum. Viele dieser Tendenzen werden zwar durch eine »Extremisierung der Ränder« zunichte gemacht – der Zunahme gesunder Lebensstile in der gesellschaftlichen Mitte steht ein extrem ungesunder Lebenswandel einer Minderheit gegenüber. Aber »Problemgruppen« lassen sich in vieler Hinsicht besser behandeln als »breite« Verhaltensweisen, die aus der kollektiven Übereinkunft aller stammen.

    Paradoxe Interventionen
    Von König Henry IV. von England geht die Sage, dass er eines Tages etwas gegen die Verschwendungssucht seiner Untertanen unternehmen wollte. Er verbot alles »stolze und eitle Verhalten auf den Straßen, in dem Reichtum und Reichtümer zur Schau gestellt, Preziosen, Gold oder ähnliche Gegenstände an Kleidungsstücken getragen werden«. Nichts geschah. Die Reichen fuhren weiter in goldenen Kutschen vor und protzen weiterhin mit ihren Preziosen. Einige Monate später hatte Henry eine Eingebung. Er erließ ein Dekret, das alle Diebe und Prostituierten ausdrücklich von der Luxusregelung ausschloss! Innerhalb weniger Tage veränderte sich das Straßenbild, die Leute gaben sich bescheidener.
    Wie bringt man Menschen dazu, weniger Autos mit unsinnig großem Hubraum und drei Tonnen Gewicht zu kaufen? Den stärksten Einbruch in der Verkaufsstatistik werden übermotorisierte SUVs in dem Augenblick erleben, wenn der russische Mädchenhändlerverband Audi- und Porsche-Dickschiffe als einzige Dienstwagen zulässt …
    Paradoxe Intervention ist eine Möglichkeit, Ziele zu erreichen. Aber es gibt auch noch subtilere Wege. Im Netz kursieren seit einiger Zeit Filme einer Aktionsgruppe, die sich »The Fun Theory« nennt und (ausgerechnet) von einem Autokonzern gesponsort wird. In Echtzeit-Experimenten wird gezeigt, wie sich Entscheidungssituationen besser »designen« lassen. Das Ganze geschieht nach den Ideen von Richard H. Thaler und Cass Sunstein, die in ihrem Buch »Nudge« genau diese Frage wissenschaftlich aufgearbeitet haben. 8
    Wie kann man Menschen dazu bewegen, seltener die Rolltreppe zu nehmen und stattdessen die Treppe hinaufzulaufen? Statt Verbote, Mahnungen oder Aufklärungsschilder nutzte die Gruppe im wahrsten Sinn des Wortes die Spieltheorie. Sie baute aus den Stufen einer Treppe, die neben einer Rolltreppe verlief, ein Klavier, das man durch Treppensteigen zum Klingen bringen konnte. 60 Prozent nutzten nun die Treppe – und hatten Spaß beim Musikmachen. In einem anderen Experiment wurde aus Recycling ein »Bottlegame«.
Beim Einwerfen von Recycling-Altglas in die unterschiedlichen Container beginnt sich eine Slot-Maschine zu drehen, bei drei Richtigen bekommt man eine Kinokarte oder eine Freikarte für ein Museum. So viele Flaschen gab es in der ganzen Stadt nicht, wie Menschen dort hineinwerfen wollten! Ein drittes Experiment konvertierte Strafe in Belohnung. In einem verkehrsberuhigten Wohngebiet wurden durch Schilder alle Autofahrer darauf hingewiesen, dass sie an einer Lotterie teilnehmen, die das Bußgeld der Zuschnellfahrer an die Korrektfahrer verloste. Das Durchschnitsstempo ging drastisch nach unten, und trotzdem gab es immer mal wieder einen ordentlichen Gewinn.
    Man könnte jetzt natürlich argumentieren, dass das alles Spielkram ist – und die üblichen Tiraden gegen die »Bevormundungsgesellschaft« halten. Oder andersherum nach mehr Autorität rufen, das heißt die Rolltreppe einfach abbauen (was ist dann mit den Behinderten?). Oder das Pfand pro Flasche auf 100 Euro setzen. Oder die Strafen für Schnellfahren drastisch erhöhen. Aber moderne Gesellschaften befinden sich nun einmal im Dilemma zwischen Freiheit und Kooperation. Wenn Regeln, Verhaltensweisen, Wertesysteme nicht evolutionär, durch

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