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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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    Die scheinbar paradoxe Tatsache der globalen Spreizung erklärt sich aus den Extremen. Einige hunderttausend Menschen weltweit verdienen heute aufgrund der Skalierungseffekte globaler Ökonomien viel mehr als die Reichen des Jahres 1970. Reiche Russen, Chinesen, Inder gab es bis vor ein, zwei Jahrzehnten praktisch überhaupt nicht. Allein deren gewaltiges Vermögen verschiebt heute die Gewichte der Wohlstandsstatistik und hat doch für die Einzelerfahrung wenig Auswirkungen (die Dagoberts von früher, die Rockefellers und Rothschilds des 19. und 20. Jahrhunderts, waren proportional zum Bevölkerungsdurchschnitt allerdings mindestens so reich wie Bill Gates oder Ingvar Kamprad von IKEA).
    Die Tatsachse, dass der Abstand zwischen den ganz Reichen und den wirklich Armen größer ist, heißt aber trotzdem nicht, dass es »immer mehr Armut gibt«. Denn das ganze System des Einkommens verschiebt sich derweil in Richtung Wohlstand. Deshalb gilt das (scheinbare) Paradox, dass immer mehr Menschen wohlhabender werden, während die Ungleichheit steigt. Anders ausgedrückt: Der Trend zu mehr Gleichheit in der globalen Mitte und der Trend zur »Extremisierung der Ränder« existieren gleichzeitig.

    Unser armes Hirn, das auf Entweder-oder-Modelle gepolt ist, mag solche Komplexitäten überhaupt nicht.»Die Reichen werden immer reicher« kann daher nur heißen: Die Welt wird immer ungerechter. Genau das aber wird die Welt nicht. Die ungerechte Armut, in der die Milliarden Menschen des Ostens lebten, verringert sich gerade. Die ungerechte Armut in Afrika mildert sich in vielen Regionen, wenngleich sicherlich nicht in allen.
    In Skandinavien hat sich in den letzten zwanzig Jahren der Gini-Koeffizient (der Indikator für die sozialen Unterschiede) praktisch nicht erhöht. Diese Gesellschaften sind eher egalitär orientiert; Reichtum, Status, Aufstieg sind hier keine wirklichen Sehnsuchtsmeme. In den angelsächsischen Ländern stieg der Gini-Koeffizient stärker, in Deutschland von 0,27 auf 0,3 – auch nicht gerade ein Anzeichen für die völlige »Spaltung der Gesellschaft«. Aber ein guter Grund, darüber nachzudenken, wie wir die Polarisierungstendenzen bremsen können.
    Was hat dies mit der Globalisierung zu tun? Viel. Globalisierung ist der Motor hinter beiden Effekten, dem steigenden Wohlstand und der zunehmenden Differenz. Globalisierung erzeugt jenes Skalensystem, in dem immer komplexere Arbeitsteilungen zu immer größeren Wertschöpfungen, damit früher oder später zu weltweit wachsendem Wohlstand führen. Vergleichbare Arbeit tritt nun nach den Marktgesetzen in eine globale Konkurrenz ein – und so sinken tendenziell die Löhne im unteren Bereich.
    Globalisierung wirkt als kreative Zerstörung alter, eingesessener Systeme. So entstehen »Drittweltmärkte« in Ökonomien der ersten Welt. Und gleichzeitig Enklaven von Wohlstand und Reichtum in Armutsgesellschaften. Unser altes Modell »Hier wir Reichen – dort die Armen«, gerät gründlich durcheinander. Der Automobilarbeiter kann sich plötzlich im Urlaub von Billiglohnempfängern massieren und bedienen lassen, die ein Zehntel seines Lohnes für Zuwendungsarbeit verdienen. Die Welt ist nicht nur ungerecht, sie ist kreuz und quer verwirrend.
    »Die Arbeitsteilung dürfte die produktiven Kräfte der Arbeit mehr als alles andere fördern und verbessern«, schrieb Adam Smith
bescheiden. Der Wohlstand der Nationen – oder Regionen – entsteht durch die simple Tatsache, dass auf diesem Planeten immer mehr Menschen für immer mehr Menschen arbeiten. Mit ihren Ressourcen, ihrem Wissen, ihrer Kompetenz, ihrem Können. Nichts anderes ist Globalisierung – in ihrem ursprünglichen, ökonomischen, aber auch in ihrem höheren, symbolischen Sinn. Wir sind zunehmend voneinander abhängig, verwoben in ein einziges Schicksalsgeflecht. Und genau das ist es, was uns Angst macht.
    Der verwirrte Geist
    »Nichts Besseres weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen / als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei /wenn hinten weit in der Türkei / die Völker aufeinander schlagen.« So dichtete Goethe in »Faust I«. Man kann sich den behaglichen Bürger längst vergangener Zeiten vorstellen, wenn er sich im Sessel am Kamin zurücklehnte, um in einer raschelnden Zeitung Geschichten über Wochen zurückliegende Ereignisse zu lesen, die mit ihm nicht das Geringste zu tun hatten. In dieser Phase der Globalisierung, vor der Erfindung von

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