Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
Gegentrend entsteht eine komplexere Synthese.
In dieser Schleifenbewegung findet sich das eigentliche Geheimnis, das tiefere Wesen der Megatrends – ihre Tiefendimension, die sie von »normalen« Trendbewegungen unterscheidet. Während »simple« Trends einfach »mehr« werden, sind Megatrends so mächtig, dass sie Gegenbewegungungen provozieren. Aber das ist nicht das Ende der Geschichte:
■ Globalisierung löst Identitäten und räumliche Zuordnungen auf. Umso mehr suchen wir nach Heimat, Zugehörigkeit, Konstanz. Irgendwann wird aus beiden Komponenten ein »glokales« Lebensgefühl, das beide Pole miteinander vereint.
■ Das Internet verbindet uns rund um die Uhr mit anderen Menschen – aber wie organisieren wir jetzt die Konzentration, die Ungestörtheit, das Kontemplative, das reale Soziale? Früher oder später entsteht eine »selektive Konnektivität«. Wir kombinieren das Beste beider Welten.
■ Wir wollen (die meisten Männer auch), dass Frauen mehr Einfluss in der Gesellschaft ausüben können. Aber selbst Frauen fürchten sich davor, und sie sind nicht gewillt, zu allen Bedingungen Karriere zu machen oder Einfluss auszuüben. Durch den »Megatrend Frauen« verändert sich die Struktur der Macht selbst.
Wie die Drift der Kontinentalplatten ständig neue Landschaften formt, transformieren die Megatrends die Topographien, aus denen heraus sie entstanden sind. Neues reagiert mit hochgewirbeltem Alten zu einem »erlöst Neuen«. Kraft und Gegenkraft reagieren nach dem uralten Prinzip von These, Antithese, Synthese. Man kann es auch in der etwas verquasten Prosa der Systemtheorie ausdrücken: Megatrends sind operative Agenten, die durch Paradoxien höhere Komplexität erzeugen!
6 Die neue Globalisierung
Ein elektrischer Toaster nimmt in unseren Haushalten nicht gerade einen Ehrenplatz ein. Als eher profanes Low-Tech-Produkt unterliegt diese Gattung einem besonders schnellen Preisverfall, je mehr die Globalisierung fortschreitet. Der örtliche Elektromarkt verkauft ein simples Exemplar schon für rund 20 Euro. Es gibt die alten Dinger mit den Klappseiten, die wir noch aus unserer Kindheit kennen, ideal zum Fingerverbrennen. Manche ticken. Manche klingeln. Die teuren spucken das Brot mittels einer Feder nach oben aus – plooinng. Andere schweigen still, bis ihr Inhalt zu Kohle geworden ist. Die Flaggschiffe, die an die gute alte Zeit der stromlinienförmigen Autos erinnern, aus Aluminium und mit drei Auswurfschlitzen für XXL-Formate, können auch schon einmal mehrere 100 Euro kosten. Man kauft sie sich gerne als Junggeselle – Toaster sind der schnellste Weg zur warmen Mahlzeit – und rümpelt sie in einem Familienhaushalt eher in die unteren Fächer, bevor sie von den pubertierenden Kindern wieder für grauenhafte Kalorien-Experimente mit laufendem Käse hervorgeholt werden.
Wie aber wird ein Toaster hergestellt? Am Fließband in China, denkt man sofort. Und allzu schwierig kann das nicht sein.
Thomas Thwaites, ein Kommunikationsdesigner am Royal College of Art in London, hat ein interessantes Experiment gemacht. Er hat versucht, einen Toaster zu bauen. Mit Materialien, die »man in der Gegend so findet«. 1 Mit dem Wissen und Können eines normalen Menschen.
Thwaites nahm zunächst einen real existierenden Toaster auseinander. Und zählte rund 200 Komponenten, selbst beim billigsten Modell. Dann analysierte er die globalen »Zutaten« dieses simplen Geräts. Kupfer. Eisen. Nickel. Ein asbestähnliches Material mit
dem Namen »Mica«, um das die Heizdrähte gewickelt sind (unentflammbar, hitzeresistent). Plastik für eine Menge anderer Details und Komponenten.
Thwaites reiste in eine Eisenmine in Wales und förderte mithilfe eines netten Bergmanns tatsächlich einen Klumpen Eisenerz zutage. Diesen bearbeitete er erst mit einem Haarföhn, dann mit einem Asbestofen in Kombination mit einem Laubsauger (zur Erzeugung von Temperaturen oberhalb von 400 Grad). Schließlich konnte er in einem Mikrowellen-Ofen ein Stück Eisen von der Größe einer Münze gewinnen.
Beim Plastik ging es nicht viel einfacher. Seine Versuche, statt Erdöl Kartoffelstärke zu verwenden, führten nur zu Schimmelbildung. Öl verbrannte. Schließlich schmolz Thwaites Plastiktüten von einer nahen Müllkippe ein und formte daraus einen nach Plastik aussehenden (und riechenden) flachen Klumpen.
Kupfer gewann er durch Elektrolyse und Abwasser aus einer Kupfermine. Er schaffte es, mithilfe einer Drahtziehmaschine, die man bei der
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