Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
Frauen, sagen: »Man sehnt sich fast nach einer solchen Zeit zurück, als man einfach noch Mann oder Frau sein konnte.« Oder: »Was für ein Drama, was sich da abspielt, aber ein wunderbares!«
So wünschenswert wir reale Gleichheit zwischen Mann und Frau auch moralisch finden, so schwer tun wir uns emotional mit ihr. Und das hat seine Gründe. Wenn Männer und Frauen gleich sind, so unsere dumpfe Ahnung, gibt es weniger spannungsreiche, poetische, erotische Momente im Leben.
Unterschiede sind nicht nur spannend, sie sind auch praktisch. Die nüchterne Wahrheit ist: Klare Rollenteilung macht das Leben einfacher, eindeutiger, prägnanter – und wohl auch glücklicher. Unterschiede reduzieren die schreckliche Kompliziertheit des
Lebens. Wer jemals in einem Haushalt mit striktem Gleichheitsgebot gelebt hat, weiß, wie ermüdend das Aushandeln jedes Handgriffs sein kann. Man kocht stümperhaft, dilettiert beim Organisieren – und sinkt abends zusammen todmüde ins Bett. Gut sind wir immer nur als Spezialisten. Gleichheit schafft Stress. Differenz schafft Kompetenzen.
In der Jäger- und Sammlerkultur, unserer wahren Herkunft, waren Männer und Frauen zwar unterschiedlich, aber auch gleichrangig. Ihr jeweiliger Beitrag zum Überleben war existenziell. Eine Demütigung oder Abwertung des einen Geschlechts konnte sich eine solche Gesellschaft um den Preis des Überlebens gar nicht leisten. In der agrarischen Welt standen die Frauen auf den bäuerlichen Höfen » ihren Mann«. Es gab Arbeitsteilung, aber Produktion und Reproduktion waren praktisch nicht getrennt. Großfamiliäre Strukturen verwischten die Machtgrenzen; selbst wenn es einen »Patriarchen« gab, waren es doch oft die Frauen, die Entscheidungen trafen, verantworteten und »durchzogen«.
Der Evolutionspsychologe Roy Baumeister hat in seinem Buch »Is There Anything Good About Men?« die soziale Ko-Evolution zwischen Männern und Frauen so erklärt:
»Die Männer haben die Frauen nicht unterworfen. Vielmehr blieb die weibliche Sphäre in etwa das, was sie immer war, während sich die männliche Sphäre mit ihren weiten und flachen sozialen Beziehungen allmählich als immer erfolgreicher erwies. Weil immer mehr Wissen angesammelt wurde, entwickelten sich Religion, Kunst, Literatur, Wissenschaft, Technik – all das entstand aus der männlichen Sphäre heraus. Die weibliche Sphäre blieb für andere wichtige Dinge verantwortlich, vor allem für die Aufzucht der nächsten Generation und die Erhaltung der Art. « 13
Die traditionelle Geschlechterordnung ist nicht von den Männern erfunden worden, auch nicht von den Frauen nur »ertragen«. Sie hat sich in einem langen Adaptionsprozess entwickelt – und dabei immer an neue (Produktions-)Verhältnisse angepasst. Die kleinen
Unterschiede, die die Evolution uns mit auf den Weg gegeben hat, wurden in unterschiedlichen Umwelten unterschiedlich ausgelesen. Dabei entstanden vielfältige Modelle von Mann-Frau-Arbeitsteilungen, die wir nicht verstehen können, wenn wir sie vorschnell als »unemanzipativ« denunzieren.
Behandeln moderne Gesellschaften die Geschlechter gleicher als traditionelle? Aber klar, würde man sofort sagen. Im Hinblick auf formale Rechte mag das stimmen. Aber nicht im kulturellen Verhalten. Eine Studie aus dem Jahr 2008 unter dem Titel »Why can’t a man more be like a woman?« 14 lieferte ein irritierendes Ergebnis. In »gebundenen« Gesellschaften (des agrarischen oder indigenen Typs) sind die Rollendifferenzen eher gering ausgeprägt. In Indien, Botswana, selbst Simbabwe erwiesen sich Männer im Durchschnitt als kooperativer, fürsorglicher, vorsichtiger, gefühlsbetonter als ihre Geschlechtsgenossen im Westen (sofern kein Bürgerkrieg herrscht). Auch in islamisch geprägten Kulturen konnte dieser Effekt festgestellt werden. In den westlichen Ländern gab es hingegen viel mehr Extremcharaktere: überzogen weiblich auftretende Frauen, enorm machomäßig agierende Männer.
Preisfrage: Wo gibt es mehr Ingenieurinnen, in den USA und Europa oder in Saudi-Arabien? Man ahnt es schon: In den arabischen Ländern gibt es weit mehr weibliche Ingenieure und Techniker als in westlichen Ländern. Freie Berufswahl führt erstaunlicherweise zu einer Re-Polarisierung der Berufsbilder. In der westlichen Welt wollen die meisten jungen Frauen oder Mädchen weibliche »Sinnberufe« ergreifen – Tierärztinnen, Friseusen oder Sozialarbeiterinnen oder gleich Model und Popstar. Diese Jobs und Berufe sind
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