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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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das viel geschmähte Automobil verbindet Peripherie und Zentrum. In entschlossenen, manchmal diktatorischen Operationen schlagen die neuen Stadtplaner, wie etwa der Pariser Präfekt Georges-Eugène Haussmann, breite Schneisen durch die eng bebauten Viertel.
    Die Städte des Fin de Siècle und der frühen Moderne wachsen über das alte Elend hinaus, es entstehen neben den großzügigen »bürgerlichen« Stadtquartieren zahlreiche Arbeitersiedlungen, darunter
solche im visionären Bauhausstil der zwanziger Jahre. Der soziale Gemeindebau in Wien bietet innerhalb von 30 Jahren einer halben Million Menschen einen nie gekannten Komfort: Toiletten, Warmwasser, Elektrizität. Auf der anderen Seite des Atlantiks künden die leuchtenden Hochhäuser der amerikanischen Metropolen von den utopischen Kräften des Urbanen, in dem sich unermesslicher Reichtum bildet, der allen Bürgern zugutekommen soll. Städte sind Träume, Fanale, Zielorte am Horizont, aber auch soziale Zentrifugen, in denen immer wieder bittere Armut und heroischer Reichtum neu gemischt und destilliert werden. Sie repräsentieren Brillanz – der Kultur, des Geistes – und gleichzeitig Nivellierung, Vermassung, kritische Kollektivität.
    Wie Städte Zukunft schaffen
    Bagdad war zwischen 800 und 1100 ein urbanes Wunder. Die abbasidischen Kalifen gründeten die Stadt im Jahr 762 dort, wo Karawanenrouten sich mit dem Wasserlauf des Tigris kreuzten. Die im Kern kreisrund konzipierte Stadt war von fruchtbarem Land umgeben, lag klimatisch günstig und besaß eine sichere Wasserversorgung. Bevölkerungsforscher gehen davon aus, dass Bagdad um das Jahr 1000 herum über eine Million Einwohner hatte und damit (neben dem chinesischen Xi’an) die größte Stadt der Welt war. Die Kalifen schufen die berühmten hängenden Gärten, die Sindbad und viele Mythen inspirierten. Aber sie akkumulierten auch Wissen. Bagdad sammelte in seiner Glanzzeit Schüler, Studenten, Mathematiker, Astronomen und Philosophen aus Abend- und Morgenland wie Perlen oder Goldschätze. Und stellte ihnen einen eigenen Palast zur Verfügung, das »Haus der Weisheit«. Alle wichtigen Schriften der Antike wurden ins Arabische übersetzt, von der »Physik« des Aristoteles bis zum Alten Testament, von den indischen mathematischen Schriften bis zu Hippokrates’ »Aphorismen«. Zu Beginn des 9. Jahrhunderts schrieb der Philosoph Yaqub al-Kindi in Bagdad eine der ersten Abhandlungen über die Ökologie. Medizinisches Wissen kam von den Persern, Papierkunst aus China. Über fast ein Jahrhundert
war Bagdad die unbestrittene Kapitale der Welt. Der Treibstoff hierfür waren Handel, Ideen, Toleranz und Offenheit, garantiert durch kluge und weitsichtige Herrscher.
    Das zweite Beispiel ist New York. In den kulturkritischen Diskursen taucht die Stadt immer wieder als Metapher für das Scheitern der Moderne auf. »Gotham City«, das meint die korrupte, kriminelle Stadt, in der keine Bürger wohnen, sondern Marionetten und Verbrecher, in der keine zivile Gesellschaft, keine Nachbarschaft existiert, sondern nur Kommerz, Verfall und Vorteilsnahme. Dafür braucht es, wen wundert’s, einen Super-, Spider- oder Batman, um das Böse aus seiner Zentrale in der Spitze eines Wolkenkratzers zu vertreiben.
    In den siebziger Jahren sah es tatsächlich so aus, als würde die »Speerspitze aller Städte« scheitern. US-Präsident Ford weigerte sich, die bankrotte Stadt mit Staatsgeldern zu sanieren. Reportagen schilderten die Stadt als ein Kriegsgebiet – Bilder von Ruinen in der Bronx, die den Trümmerfeldern des Zweiten Weltkriegs ähnelten, gingen um die Welt. Die Mordrate in New York lag im Jahr 1990 bei fast 2500 Opfern pro Jahr.
    Heute sind es, bei nochmals gestiegener Bevölkerungszahl, unter 400. New Yorks jüngste Geschichte zeigt, wie sich Städte wiedererfinden, neu »beseelen« lassen. Wie sie Krisen nicht nur überstehen, sondern sogar von ihnen inspiriert werden können. Als 2001 die von al-Qaida entführten Flugzeuge in die Türme des World Trade Center einschlugen, glauben viele, dass New York sich von diesem Anschlag nie mehr erholen würde. Aber seither ist ein neues Nachbarschaftsgefühl entstanden. Die Grundstückspreise sind erneut um 10 Prozent gestiegen. Immer noch, und immer wieder, zieht New York die Kreativen, die Einfallsreichen, die Optimisten der Welt an. Immer noch, vielleicht mehr denn je, ist die Stadt Symbol eines unentwegten Transformationsprozesses, in dem aus dem Niedergang eine Renaissance

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