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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Gleichgültigkeit Tür und Tor zu öffnen. Mit Weisheit können wir jener fatalen Kreisbewegung entgehen, mit der wir in der ersten Hälfte
unseres Lebens versuchen, in unserem Kopf Modelle zu schaffen, die die Welt abbilden, um in der zweiten Hälfte verzweifelt und vergeblich zu versuchen, die Welt unseren einmal gewonnenen Modellen anzupassen. So beschrieb der Neurowissenschaftler Bruce E. Wexler in »Brain and Culture« den Prozess des »falschen« Alterns, des Alterns zum Tode hin. 10 Wir können aber auch jenem gerontologischen Wahn entkommen, der uns vorgaukelt, das Alter wäre der einzig richtige Ort für »Tenorsaxophonkurse, Sprachkurse, Töpferkurse, Kochkurse, Tanzkurse, Lebenssinnkurse, Buschtrommeln an der Volkshochschule«, wie Sven Kuntze in seinem Buch »Altern wie ein Gentleman« schrieb. 11
    Ein weise gewordener Mensch kann sich gegen das Elend des Alters in einem gewissen Grade immunisieren. Im Zustand der Weisheit kommt es ihm weniger darauf an, was wir wissen, sondern wie wir Wissen in Beziehung setzen. Weisheit kann die Tröstungen der Religion durch Neurowirklichkeit ersetzen. Und durch soziale Bindungen, die in die Zukunft weisen. Weisheit bedeutet, wie William James es formulierte, »die Kunst, zu wissen, was man ignorieren kann«. Und der Inder Jiddu Krishnamurti nannte Weisheit »die höchste Form der Offenheit gegenüber dem Realen«. Durch Weisheit verbinden wir uns mit der Zukunft, wenn wir unsere Einsichten mit den Kommenden teilen.
    Ganz weit am Horizont sehen wir eine Gesellschaft, die durch Weisheitsmeme gesteuert ist und in der sich immer mehr Menschen lebenslang geistig umformen, bis zur höchsten Komplexität. Bis dahin mag es noch dauern. Aber machen wir uns einstweilen auf den Weg.

10 Die große Urbanisierung
    Steht man in der Morgendämmerung auf dem Namsan-Hügel und blickt auf Seoul hinab, sieht man kein Ende der Stadtlandschaft. Bis an den Horizont reihen sich die Riegel der Hochhäuser auf den Hügeln nördlich und südlich des breiten, gemächlich fließenden Han-Flusses, bis die Siedlungsmassen in den »urban sprawl« der Vororte übergehen. Auf achtspurigen Autobahnschneisen fließt der Verkehr quer durch die Häuserkonglomerate, durchquert in Tunneln die wenigen Grüngebiete der Stadt, ein ständiges Rauschen und Raunen liegt in der Luft.
    Der Park, der an den Hängen des Hügels liegt, ist sauber wie eine botanische Versuchsanstalt. Bei Sonnenaufgang picken Hundertschaften von Frauen und Männern im Rentenalter mit spitzen Stöcken auch das kleinste Kaugummipapier zwischen den kräftigen alten Kiefern auf. Ein Programm der Stadtverwaltung für rüstige und willige Alte, die nicht allein zu Hause hocken wollen, entlohnt durch sozialen Kontakt und eine warme Suppe. Auf den Spielplätzen, auf denen merkwürdige Geräte stehen, die eher an Bodybuilding-Maschinen erinnern als an Kindervergnügen, absolvieren Männer und Frauen zwischen 80 und 90 mit asiatischer Disziplin ihr Gymnastikprogramm.
    Seoul hat, wenn man den Großraum mit den Satellitenstädten dazurechnet, knapp 22 Millionen Einwohner, fast die Hälfte der südkoreanischen Bevölkerung lebt in der Megalopolis. Das Land urbanisierte sich nach 1945 in atemberaubendem Tempo, und Seoul wuchs so rasant wie kaum eine andere Stadt auf der Welt. Die Metropolregion von Tokio, der größten Stadt der Welt, umfasst heute 35 Millionen Einwohner. Aber während Tokio nach dem Krieg schon über 11 Millionen Einwohner besaß, war Seoul im
Jahre 1952 ein Ruinenfeld, gerade einmal 600 000 Einwohner lebten hier. Zweimal wurde die Stadt im vielleicht grausamsten Krieg der Neuzeit, dem Koreakrieg, von kommunistischen Truppen besetzt, die sich in der alten Kaiserstadt festsetzten. Brutale wochenlange Häuserkämpfe und amerikanische Artillerie sorgten dafür, dass beinahe kein Stein auf dem anderen blieb. Bis auf wenige Reste wurden alle historischen Bauten zerstört. Bei ihrem Rückzug über die spätere Demarkationslinie entführten die Nordkoreaner die Hälfte der Bevölkerung.
    Seoul ist, gerade deshalb, eine moderne Stadt. Schnell und ungeordnet am Reißbrett entworfen, gewuchert entlang der ungeheuren Ströme eines explosionsartig wachsenden Autoverkehrs und einer enorm erfolgreichen Export-Ökonomie, ist die Stadt Ausdruck der naturwüchsigen, brutalen Dynamik des industriellen Städtebaus. Trotzdem erinnert die Topografie auf verblüffende Weise an europäische Urbanformen. Das beginnt mit den katholischen Kirchen auf jedem

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