Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
wird und in dem unter hohem sozialen Druck Brillanten von Kunst, Kultur und Innovation entstehen. Einst heruntergekommene Viertel wie Harlem und die Bronx werden saniert und erleben einen Prozess der Gentrifizierung.
Wie hat New York das geschafft? Ein Grund ist sicher die Null-Toleranz-Politik einer neukonservativen Stadtregierung, geführt von zwei unermüdlichen Exzentrikern, Robert Giuliani und Michael Bloomberg. Aber New York ist nicht nur auf den Felsen der Halbinsel Manhattan erbaut, sondern auch auf einer erstaunlichen Zivilgesellschaft, einem Geist der Hoffnung und Kooperation. Gute große Städte beziehen ihre Energie aus einem Kulturfaktor, der wieder und wieder denunziert worden ist und der dennoch den Kern der globalen Zivilisation bildet: Multikulturalität. Jene Energie, die entsteht, wenn man das Anderssein der anderen als Reichtum, nicht als Verlust empfindet.
Der urbane Turnaround
Der Megatrend Urbanisierung nahm erst vor rund 20 Jahren an Fahrt auf und wurde zu einem globalen Formungsphänomen. Die riesigen Agrarnationen Indien und China begaben sich auf denselben Pfad der Verdichtung und Verstädterung wie das Europa des frühen 20. Jahrhunderts. 2005 überschritt die Anzahl der globalen Stadtbewohner erstmals die 50 Prozent, und die Landflucht auf allen Kontinenten ist ungebrochen. Das verschiebt auch die ökonomischen Gewichte von den Nationalstaaten zu den urbanen Regionen: Heute erbringen 40 Stadtregionen zwei Drittel der Weltwirtschaftsleistung. 1
Doch die Städte, die auf unseren Planeten wachsen, wuchern, blühen, vegetieren, sind so unterschiedlich, wie man es sich kaum vorstellen kann. Nehmen wir Singapur, eine relativ junge Stadt, an den kulturellen und ökonomischen Schnittstellen Südostasiens gelegen. In dieser Stadt liegt das Jahreseinkommen im Durchschnitt bei 60 000 Dollar, höher als in Deutschland und den USA. Raub, Mord, Kaugummis auf den Straßen, Rauchen in der Öffentlichkeit, aber auch Abtreibungen sind so gut wie unbekannt. Die Kriminalitätsrate liegt nahe null, die ethnische Vielfalt ist enorm hoch, die Lebensqualität einzigartig. Praktisch jeder in Singapur gehört zur Mittelschicht, Arbeitslosigkeit ist kein Problem – wer arbeitslos ist, wird sofort mit einem anstrengenden Job in der Stadtpflege versorgt.
Eine autoritäre Stadtregierung, die alles für das Wohl ihrer Bürger unternimmt, jede Kippe auf der Straße streng bestrafen lässt, treibt den Prototyp der »kybernetischen Stadt« voran, in der nichts dem Zufall überlassen wird und alle Systeme ökonomisch und politisch optimiert sind. Eine Stadt als Verwaltungswunder, als Meisterwerk der Systemkunst. Böse Zungen nennen es »Disneyland mit Todesstrafe«.
Nehmen wir Dubai City, eine mithilfe von Lohnsklavenarbeit aus dem Wüstenboden gestampfte Megalopolis, Heimat des höchsten Gebäudes der Welt, des Burdsch Chalifa. Ein extrem polarisiertes, artifizielles Gebilde, erfunden und errichtet von einer feudalen Kaste, die um jeden Preis postindustrielle Modernisierung betreiben will. Eine wahrhaft globale Stadt, die kaum lokale Märkte kennt und deshalb von den Finanz- und Verkehrsströmen des Planeten abhängig ist, gleichzeitig aber von ihnen »befeuert« wird. Ist das überhaupt eine Stadt?
Nehmen wir Detroit. Die ehemalige Boomtown der Autoindustrie verlor in den letzten zwei Jahrzehnten rund die Hälfte ihrer Bewohner – eine Million Menschen! Größere Teile der Stadt liegen heute in Ruinen, die sozialen Probleme haben sich zugespitzt. Mittlerweile gibt es erste Anzeichen einer Erholung: Seit einigen Jahren steigt die Anwohnerzahl im Zentrum der Stadt wieder an, die Mittelschicht kehrt zurück, Bars, Cafés und Galerien öffnen dort wieder ihre Türen. Eine Rekonstruktion, wie sie auch in maroden Industriestädten wie Manchester und Liverpool gelang.
Schließlich Lagos. Eine riesige, in einem Sumpfdelta gebaute wilde Ansammlung von Hütten, in denen das nackte Elend herrscht, 70 Prozent der Einwohner von Lagos leben in Slums, die regelmäßig bei Regenfällen von den Fäkalien der Bewohner geflutet werden. Die Säuglingssterblichkeit und Rate der gewaltsamen Todesfälle ähnelt jenen in einem Kriegsgebiet. Die öffentliche Infrastruktur in Anspruch zu nehmen kommt einer Militärübung gleich: Von einem Ende der Stadt zum anderen muss man sich seinen Weg freikaufen, manchmal sogar freidrohen oder gar freischießen.
Aber neuerdings hat Lagos ein funktionierendes Bussystem. Mit Bussen aus Deutschland,
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