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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Brandmauern, Abrissmauern, Brücken-, Kaimauern. Alle tragen Graffiti-Insignien des verzweifelten Versuchs, eine persönliche Spur zu hinterlassen. Wie sagte »Simpsons«-Erfinder Matt Groening so schön? »In der Zukunft werden eine Menge loser Kabel aus der Wand hängen!«
    Technologie kann unglaublich chic, sensationell, atemberaubend sein. Nur mit ihrer breiten Implementierung in der Wirklichkeit ist es anscheinend so eine Sache.
    Als im Jahr 2005 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos der Hochtechnologiepriester Nicholas Negroponte seine OLPC-Initiative (»One Laptop per Child« – ein Laptop pro Kind) präsentierte, war der Jubel groß. Man könne einem Kind einen vernetzten Computer im Wert von 200 Dollar einfach in die Hand geben – und dann getrost weggehen. Sagte Negroponte. Die Journalisten waren beeindruckt und schrieben mit. Wohlstand, Bildung, Fortschritt entstehen ganz von selbst. Aus dem instinktiven Umgang der »Kids« mit Computertechnologie.
    Im Jahre 2010 waren 2 Millionen OLPC-Computer ausgeliefert. Etwa 300 000 davon wurden in den Industrieländern als »Kultgerät« verkauft, bei Harrods oder Media Markt. In Indien wurden nur
800 OLPCs verteilt – das Riesenland entwickelt lieber einen eigenen Tablet-Kindercomputer, der nur 35 Euro kosten soll. Peru kaufte 800 000, die eingebunden in staatliche Schulprogramme (durchaus erfolgreich) verwendet werden. Aktivisten auch in den Adressatenländern kritisierten dennoch das Projekt heftig. Vor allem in Afrika sei das Geld besser angelegt, wenn man zunächst ein funktionierendes Schulsystem aufbauen würde. In 80 bis 90 Prozent aller Fälle vergammele das Gerät, weil die Kinder nach kurzer Zeit nichts mehr damit anzufangen wüssten und technische Defekte nicht behoben werden könnten.
    Von dem Schriftsteller William Gibson stammt der schöne Satz: »Die Zukunft ist längst schon da, nur ist sie leider ungleich verteilt.«
    Als Beweis für das ungeheure Galoppieren des Fortschritts gilt das Moor’sche Gesetz, die Verdoppelung der Rechengeschwindigkeit von Mikroprozessoren alle 18 Monate. Warwick und sein noch berühmterer Kollege Ray Kurzweil nehmen diese Formel als Beleg dafür, dass sich um uns herum eine Supertechnik entwickelt, die demnächst jenen großen Durchbruch in die transzendente Hypertechnologie bringt, der uns von allen Nöten der Sterblichkeit, der Krankheit, des Leidens befreien wird. 1 Künstliche Intelligenz wird alle Probleme über kurz oder lang lösen.
    An dieser Stelle sollten wir zunächst eine nüchterne, gemeine Gegenfrage stellen: Was ist Intelligenz?
    Computer können Schach spielen und ein Quiz lösen. Autos können selbstständig in eine Parklücke einparken. Kühlschränke können – demnächst ganz sicher – Salat anders kühlen als Fleisch. Ist das »intelligent«? Ja, wenn man Intelligenz als Einparken, Quizlösen, Salatkühlen und Schachspielen definiert. Die Tatsache, dass wir Maschinen, die so etwas können, als intelligent bezeichnen, sagt jedoch eher etwas über unseren Intelligenzbegriff aus als über die Zukunft. Der ist nämlich technizistisch geprägt.
    Kein Computer kann zum Beispiel sagen: »Ich bin ein Baum.« Menschen können das, obwohl es nicht »wahr« ist. Weil sie eine sinnlich-emotionale Beschreibung von »Baum« in sich tragen. Das Rascheln der Blätter, der Geruch der Rinde, das Knarren des Holzes,
die jahreszeitliche Färbung des Laubs, Blüte. Warum sind wir fähig zu solchen Übertragungen? Weil wir über Fleisch, Schmerz und Sterblichkeit mit der uns umgebenden Natur verbunden sind.
    In der Verwechslung von operativen Fähigkeiten mit »Intelligenz«, die sich im Paradox »künstliche Intelligenz« manifestiert, zeigt sich nichts anderes als das, was die Kognitionspsychologie Anthropomorphismus nennt. Menschen neigen seit Urzeiten dazu, die sie umgebende unbelebte Welt zu vermenschlichen. Wir projizieren unsere Innenwelten in die Umwelt. Wir sehen in Bäumen dunkle Wesen, in Nebelschwaden Gespenster, in Quacksalbereien heilige Prozesse. Mit derselben Inbrunst, mit der wir an höhere Wesen glauben, vermuten wir hartnäckig, dass Maschinen irgendwie ein »Eigenleben« führen. In ihnen wohnen entweder Dämonen oder gute Geister, Feen, Götter, die uns endlich aus dem Leiden, das Menschsein in seinem tiefsten Kern bedeutet, befreien können.
    So sind wir eben. Die Evolution hat uns seit den gefährlichen Tagen unserer Urvorfahren mit einer einfachen Anleitung zum Überleben ausgestattet: Sei

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