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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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zurücklehnte und abwartete, bis etwas passierte.
    Â»Und was die Sorgenpüppchen angeht – Daniel hatte als Kind schreckliche Albträume. Er schlafwandelte immer in unser Zimmer und glaubte, Geister zu sehen. Er hatte eine unglaubliche Fantasie. Am Ende schlug unsere Köchin vor, ihm abends so ein Püppchen unter das Kissen zu legen, bevor er zu Bett ging, und es nachts wieder herauszuholen und ihm zu sagen, dass es alle bösen Träume mitgenommen habe.«
    Â»Hat das funktioniert?«
    Â»Elizabeth hat mir versichert, dass es eine ganz erstaunliche Placebo-Wirkung hatte. Aber warum er sie an Sie geschickt hat, kann ich mir nicht erklären.«
    Â»Wissen Sie noch den Namen der Köchin?«
    Â»Margarita … wie noch? Perez?« Ja, Schatz, Perez, so hieß sie . Daniels Mutter war offenbar ganz in der Nähe.
    Â»Ich werde sie ausfindig machen. Noch etwas?«
    Â»Ich nehme an, Sie wollen die Orte aufsuchen, auf die die Busfahrscheine ausgestellt sind. Um fünfzehn Uhr geht am Hauptbahnhof ein Bus nach San Antonio, das ist der Ort, wo Daniel zuletzt gewesen ist. Ich schlage vor, Sie fangen dort an. Sie könnten auch ein Auto mieten.«
    Â»Gut, ja, danke. Ich dachte, ich checke erst mal im Hotel ein, wenn’s recht ist.« Markus musste sich beherrschen, um nicht scharf zu klingen. Die Hitze am Flughafen machte ihn fertig. Er brauchte erst einmal dringend eine Dusche und etwas zu essen.
    Â»Ich melde mich wieder, sobald ich etwas Neues weiß. Wenn Sie irgendetwas brauchen, lassen Sie es mich wissen. Ich bin sicher, die Botschaft wird gern helfen, wenn ich mich dort telefonisch melde. Trotzdem wäre es besser, wenn wir ohne sie auskämen, zumindest solange wir nicht wissen, mit wem oder was wir es zu tun haben.«
    Markus steckte das Telefon wieder in die Tasche und wischte sich mit der Hand über die Stirn, ehe er auf den Ausgang zuschritt. Die Feuchtigkeit in der Luft war förmlich greifbar. Es war die Zeit der Stürme. Man spürte, dass sich etwas zusammenbraute.
    Â»Hier, legen Sie das bitte weg.« Edward Wiseman hielt der Krankenschwester, die im Türrahmen stand, das Telefon entgegen. Seine Hand zitterte und hörte auch nicht auf, als er sie auf die Armlehne seines Rollstuhls legte.
    Â»Mr Wiseman, es ist nicht gut für Sie, wenn Sie sich so aufregen«, sagte die Krankenschwester und nahm den Apparat entgegen, ehe sie die karierte Decke auf seinem Schoß zurechtzupfte.
    Â»Lächerlich«, knurrte er und machte eine wegwerfende Handbewegung. Doch sie ließ sich nicht beirren und zog weiter an der Decke herum.
    Â»Aber gut siehst du heute aus, Ted, du hast richtig Farbe im Gesicht. Das habe ich schon lange nicht mehr gesehen.« Elizabeth stand am Schreibtisch, mit geradem Rücken, wenn auch ein wenig steif wegen der Arthritis in ihren Hüftgelenken. Sie lächelte ihn an. Wie klar und konzentriert sein Blick war und wie wach und fokussiert sein Verstand – er wirkte um Jahre verjüngt. Die Informationen, die gestern per E-Mail gekommen waren, hatten ihm ein neues Ziel gegeben, eine neue Aufgabe für seinen rastlosen Geist.
    So hatte sie ihn nicht mehr erlebt, seit er vor zehn Jahren begonnen hatte, seine Biografie zu schreiben. Der wissenschaftliche Verlag der Yale University hatte ihm das Buchprojekt im Rahmen seiner Gastprofessur ans Herz gelegt. Es war für ihn die Chance gewesen, seine Einsätze in Südamerika und Osteuropa, seinen persönlichen Anteil am globalen Spiel, schwarz auf weiß zu dokumentieren. Es hatte ihm sehr viel bedeutet, und er hatte praktisch rund um die Uhr daran gearbeitet. Als die auf drei Bände angewachsene Arbeit schließlich publiziert war, hatte er in Interviews mit dem New Yorker und verschiedenen Literaturzeitschriften davon gesprochen wie von einem wissenschaftlichen Standardwerk. Die Rezensionen hatte er alle ausgeschnitten und in seinen Presseordner sortiert.
    In den folgenden Jahren hatte Elizabeth ihn immer wieder in dem Ordner blättern sehen, als suche er etwas, das er verloren hatte – als versuche er zu verstehen, welchen Platz die Geschichte für ihn reserviert hatte. Er verbrachte mehr Zeit mit dem Lesen der alten Artikel als mit ihr oder Daniel. Als sie erfuhren, dass ihr Sohn in London Probleme hatte, blieb er vollkommen kalt und gleichgültig. Der Junge solle endlich erwachsen werden und die Dinge nicht immer so schwarz-weiß sehen, hatte er nur

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