Das Midas-Kartell
einer Vogue . Eine Frau mit wohlgeformtem Körper und dunklem Haar, das ihr bis zu den Schultern reichte und einen scharfen Farbkontrast zu ihrem leichten Sommerkleid bildete. Ein Sonnenstrahl lieà ihre Beine durch den Stoff schimmern. Für ein Foto hätte er das Ganze nicht besser arrangieren können.
Die Frau sah hoch, fing seinen Blick auf und schaute rasch wieder weg, als machte er sie verlegen. Markus konnte die Augen nicht von ihr abwenden.
»Ihr Wagen steht bereit, ich brauche nur noch die Kopie Ihres Führerscheins.«
»Wie bitte? Ach ja, natürlich, vielen Dank.« Widerstrebend wandte er sich dem Mann am Empfang zu, musste aber immer wieder zu der Frau neben dem Eingang schauen. Maya waren unter ihren Vorfahren gewesen, aber auch Spanier. Er spürte, wie ihn vom Unterleib bis in die Fingerspitzen ein elektrischer Schlag durchfuhr. Er versuchte sich einzureden, dass es nur an den besonderen Lichtbedingungen, an ihrer Pose und dem Schnitt ihres Kleides lag. Jetzt war wirklich nicht die Zeit für so was. Und doch â auf dem Weg nach drauÃen zu seinem Mietwagen wagte er noch einen Blick.
Diesmal sah sie nicht auf, sondern blieb versunken in eine Doppelseite mit Bildern der Londoner Fashion Week. Er stieà gegen jemanden, der ihm durch die Tür entgegenkam, und murmelte eine Entschuldigung. Um Himmels willen, Markus, beschwor er sich, reià dich zusammen .
37
Ravenshill, Suffolk, England, 06:00 Uhr
»Malcolm, hier ist Pieter. Mein Bruder ist bei mir. Das ist eine Konferenzschaltung auf einer nicht sicheren Leitung, also bitte keine Details.«
Laudon, der ganz offensichtlich unter einem schweren Kater litt, schmatzte angewidert, als hätte er noch den sauren Nachgeschmack des Whiskys vom Vorabend im Mund. Er hatte bereits angekündigt, dass er nach Singapur zurückmüsse, weil dort angeblich dringende Probleme auf ihn warteten, aber Pieter hatte ihm gar nicht zugehört. Er würde ihm nicht ersparen, sich anzuhören, was Malcolm Fretwell in Guatemala für die Familie tat.
»Was gibt es Neues? Von der Operation in London habe ich schon länger nichts mehr gehört«, erkundigte sich Pieter.
»Wir haben das im Griff«, sagte Malcolm.
»Sie meinen, Sie haben den Umschlag?«
»Ich meine, ich habe das Ziel im Visier. Sobald sich eine Gelegenheit bietet, und das wird voraussichtlich in den nächsten zwölf Stunden sein, werden wir uns den Umschlag holen.« Malcolm hasste es, so zu reden. Es erinnerte ihn an die Berichte, die er früher für die Innendienstler bei der CIA geschrieben hatte; sie waren voller Halbwahrheiten und belanglosem Gewäsch gewesen, nur damit alle zufrieden waren.
Pieter verarbeitete die Information, die sich verdächtig nach einer Ausrede anhörte.
»Und Daniel?«
»Leistet immer noch Widerstand. Der muss eine Teflonbeschichtung auf seinem Unterbewusstsein haben. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der so eine Widerstandskraft hat.« Wenn Freud diesen Typen kennengelernt hätte, hätte er seine Theorie von Es, Ich und Ãber-Ich umschreiben müssen , dachte er und sagte laut: »Ach, eine Sache noch. Er erwähnte jemanden namens Ramirez. Können Sie mit dem Namen etwas anfangen?«
»Was hat er über ihn gesagt?«
Malcolm fiel auf, dass Pieter seine Frage nicht beantwortet hatte.
»Nur irgendeinen Unsinn über Rache.«
»Sagt mir nichts, tut mir leid. Ich weiÃ, dass Sie auf diesem Gebiet der Experte sind, aber dürfte ich vielleicht vorschlagen, dass Sie sich ein bisschen mehr auf den Umschlag konzentrieren? Mit Mr Wiseman sind Sie bislang keinen Schritt vorangekommen. Haben Ihre Vorgesetzten Kenntnis von der Situation? Das Ganze zieht sich jetzt bereits über zwei Wochen hin. Die Uhr tickt.«
»Natürlich«, sagte Malcolm. Die Uhr tickt immer, du widerlicher Bankschnösel . Er legte das Telefon weg. Der Name Ramirez sagte Pieter Wittgenstein also nichts? Von wegen. Er hatte die Angst des Engländers förmlich gerochen. Isaiah und der Klops sollten ihn mal hören. Vielleicht würde ihnen das endlich auf die Sprünge helfen.
Sein Telefon läutete, und Glorias Nummer wurde angezeigt.
»Glaubst du, er weià von Ramirez?«, fragte Laudon, der sichtlich blass geworden war.
»Ich glaube, er ist nur neugierig«, erwiderte Pieter. »Es gehört zu seinem Job, alles zu hinterfragen. Und wenn Wiseman etwas in dieser
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