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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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dabei jedes Detail beachtete. Sogar Scherze machte er hin und wieder. Als wäre es ein ganz normaler Arbeitstag für ihn. Als würden alle seine Tage so beginnen.
    Es war, als gäbe es Ramirez zweimal: den sympathischen Charmeur und den anderen, von dem Pieter lieber nichts wissen wollte. Der Mann löste ein eigenartiges Gefühl in ihm aus, das er zunächst nicht recht zu definieren wusste. Erst später, nachdem er Guatemala wieder verlassen hatte und zu seiner Familie zurückgekehrt war, war ihm klar geworden, was es war: Angst.
    Angst vor einem anderen Menschen, eine Angst, die sich tief in seinem Bewusstsein verankert hatte und die verbunden war mit der Erkenntnis, dass ihn dieser Mann, ohne mit der Wimper zu zucken, töten würde, während er gleichzeitig überlegte, was er zum Frühstück essen sollte. Der Mann mit dem entspannten Lächeln und den teuren Anzügen hatte absolute Macht über seine Untertanen, und Pieter war jetzt einer von ihnen.
    Er lud seine Schrotflinte nach. Am anderen Ende des Sees stiegen zwei Enten zum Himmel auf. Obwohl er sie genau im Visier hatte, konnte er nicht abdrücken. Er schaffte es einfach nicht. Der Moment verstrich, und so ließ er die Vögel ziehen, die nicht ahnten, wie knapp sie dem Tod entronnen waren. Pieter rief die Hunde und ging zum Haus zurück. Selig waren die Ahnungslosen.

38
    Â»Was haben Sie für mich, Gloria?«, sagte Malcolm in sein Handy.
    Â»Ich bin in seinem Hotel. Er steigt gleich in einen Mietwagen.«
    Â»Hat er irgendwas bei sich? Eine Tasche?«
    Â»Glaube schon, da hing ziemlich sicher etwas über seiner Schulter. Soll ich ihm folgen?«
    Â»Wenn möglich – aber halten Sie Abstand.«
    Gloria stand auf. Der große SUV , den die Zielperson gemietet hatte, fuhr gerade los. Rasch ging sie zu ihrem alten Dodge, der um die Ecke geparkt war, stieg ein, ließ den Motor an und bog in die Hauptstraße ein.
    Â»Sind Sie an ihm dran?«
    Das Telefon zwischen Ohr und Schulter geklemmt, kämpfte sie mit der Gangschaltung, während sie sich durch den Verkehr schlängelte. »Ja. Er ist zwei oder drei Autos vor mir.«
    Â»Lassen Sie es so, das ist ein guter Abstand. Hören Sie, sobald sich eine Gelegenheit bietet, die Tasche zu schnappen, tun Sie es. Vielleicht lässt er sie mal im Wagen, oder sie liegt neben ihm im Café, vielleicht können Sie sie auch von seiner Schulter nehmen – jedenfalls bringen Sie sie an sich und machen sich aus dem Staub. Es wird nicht unbeachtet bleiben.«
    Â»Was meinen Sie damit?«
    Â»Sie bekommen eine Prämie.«
    Â»Wie viel?«
    Â»Zehntausend Dollar«, sagte Malcolm, ohne nachzudenken. Schließlich war es nicht sein Geld, sondern Pieter Wittgensteins, und der war es gewohnt, Schecks auszustellen.
    Â»Zehntausend Dollar.« Sie wiederholte die Zahl. Eine unvorstellbare Menge Geld.
    Â»Rufen Sie mich an, wenn Sie die Tasche haben. Ich gehe dann zur nächsten Bank, um das Geld zu besorgen.«
    Gloria ließ das Handy in ihre Handtasche fallen, die im Fußraum stand. Es schlug mit einem metallischen Geräusch gegen die kleine schwarze Automatikwaffe, die Malcolm ihr gegeben hatte. Die Einsätze waren gestiegen. Sie hatte die Chance, an eine Summe Geld zu gelangen, die ihr Leben verändern würde.

39
    Auf der Fahrt durch die Stadt tippte Markus auf dem Navigationsgerät herum, bis er herausfand, wie man die Bediensprache auf Englisch umstellte. Um einen besseren Überblick zu haben, hatte er seine Landkarte neben sich auf den Beifahrersitz gelegt. Und gleich als er losgefahren war, hatte er die Zentralverriegelung aktiviert – das hatte man ihm bei der Autovermietung dringend angeraten.
    Â»Ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, Señor«, hatte die Dame am Schalter hinzugefügt. »Und lassen Sie die Fenster zu, besonders in den Vorstädten. Schließlich haben Sie ja eine Klimaanlage.«
    Markus fuhr in Richtung Süden. Das Zentrum der Stadt war wie ein Gitternetz angelegt, doch sobald man in die Außenbezirke kam, wich die saubere Struktur einem Meer aus primitiven Hütten, einem Sumpf aus Chaos, Dreck und Armut. Schließlich führte die Straße schnurgerade durch Zuckerrohrplantagen, Ackerland und gelegentlich durch Straßendörfer. Unterwegs waren ausgediente amerikanische Schulbusse, die grün und rot lackiert waren, Allradfahrzeuge, Lkws und Pferdekarren, die hin und

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