Das Midas-Komplott - Thriller
deshalb unter den letzten sein würde, die die Fähre verlassen mussten, blieben ihm nur wenige Minuten.
Tyler hatte Grant angerufen, dass er in der Klemme steckte. Sein Freund sollte seinen Sportwagen von der Fähre fahren und nach einem Lastwagen mit der Beschriftung Silverlake Transports Ausschau halten. Tyler ging nicht auf Einzelheiten ein, machte seinem Freund aber klar, dass sein Leben auf dem Spiel stand. Grant sagte sofort seine Hilfe zu. Die kurze Entfernung vom Marinestützpunkt zum Anleger legte er zu Fuß zurück. Er war sehr gespannt, was Tyler zu berichten hatte.
Grant passierte ein Mitglied der Besatzung, das die Landgänger kontrollierte. Er dachte schon, der Mann hätte ihn übersehen, aber kaum war er drei Meter hinter ihm, hörte er ihn rufen.
»Hey, Sie da! Sie können noch nicht einsteigen.«
Das hat also nicht geklappt, dachte Grant. Überrascht war er nicht. Er konnte sich noch so klein machen, er blieb immer auffällig. Es war schwierig, einen glatzköpfigen Mann von seiner Statur zu übersehen, noch dazu, wo er schwarz war.
Er hatte im Allgemeinen nichts dagegen, wenn er auffiel, aber manchmal war es kontraproduktiv. So wie jetzt. Also die charmante Masche. Und flunkern, was das Zeug hält.
Der hagere weiße Mann war Mitte dreißig, hatte langes braunes Haar und mehrere Tätowierungen, die am Kragenausschnitt seines Hemdes zu sehen waren. Auf seinem Namensschild stand Jervis.
Grant begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln.
»O, ich will nicht nach Seattle«, sagte er. »Da komme ich gerade her. Ich habe nur meine Tasche liegen lassen.«
»Ich habe Sie gar nicht gesehen, als Sie von Bord gegangen sind.«
»Eigenartig. Mich übersieht man gewöhnlich nicht.«
Jervis zog die Augenbrauen hoch, als stimmte er dieser Aussage zu. »Welche Farbe hat Ihre Tasche? Ich lasse Sie holen.«
Großartig. Der hilfsbereite Typ.
»Nicht nötig, ich weiß, wo sie ist. Ich brauche nur eine Minute. «
»In Ordnung.« Grant seufzte erleichtert auf. »Aber vorher muss ich noch Ihr Ticket sehen.«
Er hatte sich wohl zu früh gefreut.
Grant befühlte seine Hosen- und Jackentaschen, als suchte er. »Es scheint in meiner Tasche zu sein.«
Jervis verzog das Gesicht, während er überlegte, was er tun sollte. »Es verstößt gegen die Vorschriften, wenn ich Sie ohne Ticket auf die Fähre lasse. Seit einiger Zeit wird das ziemlich streng gehandhabt.«
Die Zeit wurde knapp, bald würde man sich wundern, warum Tylers Auto noch immer auf dem Deck stand, also entschloss sich Grant zu einer Taktik, die er eigentlich nicht mochte. Er kehrte den Promi heraus.
»In der Tasche sind ein paar Erinnerungsstücke aus meiner
Zeit als Profiringer. Ich weiß nicht, ob Sie ein Fan sind, aber man nannte mich ›The Burn‹«.
Jervis musterte Grants Gesicht. Dann bekam er große Augen. Grant hatte diesen Umschwung schon viele Male miterlebt. Das Verhalten der Leute veränderte sich völlig, sobald sie merkten, dass sie es mit einer Berühmtheit zu tun hatten. Grant konnte das nachvollziehen. Obwohl er Kopfschmerzen von Britney Spears Musik bekam, redete er noch immer davon, wie er ihr einmal bei Starbucks begegnet war.
»Stimmt, Mensch!«, sagte Jervis. »Ich kann mich an Sie erinnern. Grant Westley.«
»Genau.«
Grant verzichtete darauf, Jervis in Verlegenheit zu bringen. Wenn er später seinen Freunden von ihrem Treffen erzählte, würden sie ihm schon sagen, dass er Westfield hieß, und über ihn herfallen. Es reichte, dass der Mann von ihm gehört hatte.
»Sie haben aufgehört, weil Sie in die Army eingetreten sind. Rangers oder Special Forces. Vor ein paar Jahren gab es da einen guten Artikel über Sie in Sports Illustrated .«
Grant wurde nicht mehr so häufig von Fans angesprochen wie früher, vielleicht auch, weil er keine Dreadlocks mehr trug wie auf der Höhe seines Ruhms. Er hatte nach dem 11. September mit dem Ringen aufgehört, weil er Soldat werden wollte. Dann verletzte er sich bei einem Einsatz das Knie und konnte nach seinem Abschied aus der Armee seine Karriere als Profiringer nicht fortsetzen. Manchmal vermisste er die jubelnden Zuschauer, und bekannt zu sein, hatte auch seine guten Seiten.
»Ich schwöre Ihnen, dass ich nur eine Minute brauche«, sagte er.
Jervis drehte sich um und winkte ihn auf die Fähre. »Alles in Ordnung. Holen Sie Ihre Tasche.«
»Danke.« Grant winkte ihm zu und rannte die Landungsbrücke
hinauf, dann die Treppe hinunter. Die Fähre war leer. Als er das Autodeck
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