Das Midas-Komplott - Thriller
anderes. Aber unsere Lage ist um einiges komplizierter. Es wäre ein großes Risiko, Orr zu hintergehen, sofern das überhaupt möglich ist. Haben wir das FBI erst einmal gerufen, werden wir es nicht mehr los.«
»Ich mag es nicht, wenn ich etwas nicht in der Hand habe. Sollte die Presse Wind von der Sache kriegen, kommen wir in die Schlagzeilen. Einer der Nachteile, wenn man prominent ist.«
»Dann machen wir doch einfach so weiter wie bisher. Zumindest vorläufig. Sind Sie damit einverstanden? Wir werden
zusammenarbeiten müssen, wenn wir dieses Abenteuer überstehen wollen.«
Stacy nickte. »Machen wir erst einmal so weiter. Und ich bin übrigens Stacy.«
»Tyler«, erwiderte er.
Die ersten Autos fuhren auf die Fähre, und Tyler legte den Gang ein. Sie ließen den Viper auf dem Autodeck stehen. Stacy machte sich auf den Weg zur Toilette, die sich auf dem Passagierdeck befand.
Beim Händewaschen missfiel ihr der niedergeschlagene Blick der Frau im Spiegel. Es lag nicht an dem nassen, ungekämmten Haar und dem fehlenden Make-up. Sie hatte schon bei vielen Episoden in ihrer Sendung noch schlimmer ausgesehen. Es schien die Zuschauer nicht zu stören, wenn sie schwitzte und schmutzig wurde. Aber sie war immer stolz auf ihre positive Einstellung gewesen, und im Augenblick strahlte sie alles andere als Zuversicht aus.
Sie holte tief Luft und drückte die Brust heraus. So leicht würde sie sich nun doch nicht geschlagen geben. Sie war wieder Herrin der Lage.
Als sie zu ihren Sitzplätzen zurückkehrte, steckte Tyler gerade sein Handy weg.
»Was gibt’s?«, fragte sie.
»Ich habe mit dem Präsidenten von Gordian gesprochen. Er hat mit meinem Vater zu Mittag gegessen.«
»Heute? Wann wurde dein Vater denn entführt?«
»Es muss gleich nach dem Essen gewesen sein. Ich habe ihn gefragt, ob sich irgendetwas Ungewöhnliches ereignet habe. Er sagte, Dad sei von einem Offizier der Army zu einer dringenden Sache gerufen worden. Selbst hat er den Mann aber nicht gesehen. Er will die Hotelangestellten unauffällig befragen und heute Abend hierher zurückfliegen.«
Stacy lehnte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. So saß sie oft, wenn sie und ihr Produktionsteam auf der Suche nach neuen Ideen waren.
»Es fragt sich, wie wir mit Orr umgehen«, überlegte sie laut. »Midas war ein sagenumwobener König der Griechen. Die Mythen, die sich um ihn ranken, für wahr zu halten, ist einfach nur lächerlich.«
»Manchmal gibt es jedoch einen wahren Kern«, wandte Tyler mit einem gedankenverlorenen Blick ein.
»Das stimmt allerdings. Einige Gelehrte halten Midas tatsächlich für eine historische Figur. Er soll ein phrygischer König gewesen sein – Phrygien ist heute ein Teil der Türkei –, auch wenn er nicht dort geboren wurde.«
»Und wo stammt er ursprünglich her?«
»Einige Quellen nennen Mazedonien als seine Heimat. Anderen zufolge liegt sein Geburtsort noch weiter westlich von Phrygien. Niemand weiß es mit Sicherheit. Er soll mit seinem Vater, einem Bauern, just in dem Moment aufgetaucht sein, als das Orakel der Phrygier weissagte, ihr nächster Herrscher würde auf einem schlichten Gefährt zu ihnen kommen. Sie machten Midas Vater auf der Stelle zum König.«
»So ein Glückspilz.«
»Was jetzt kommt, dürfte dir noch besser gefallen. Der Name des Vaters war Gordias. Als Midas seinem Vater auf dem Thron folgte, weihte er aus Dankbarkeit seinen Streitwagen dem Zeus und prophezeite, dass demjenigen die Herrschaft über Kleinasien gewiss sei, der den komplizierten Knoten lösen könne, mit dem Deichsel und Zugjoch verbunden waren.«
»Du sprichst vom gordischen Knoten. Alexander der Große löste das Problem, indem er ihn einfach durchschlug.«
Stacy sah ihn lächelnd an. »Ich vermute, Gordian Engineering ist danach benannt?«
»Ja. Wir finden kühne Lösungen für scheinbar unlösbare Probleme. Aber dass Midas derjenige war, der den Knoten ursprünglich knüpfte, das wusste ich nicht.«
»Man lernt immer dazu. Deshalb liebe ich meinen Beruf.«
»Was ist aus Midas geworden?«
»Wiederum gibt es mehrere Theorien. Eine besagt, dass er in der Türkei begraben liegt. Es gibt sogar jemand, der behauptet, sein Grab gefunden zu haben. Laut einer anderen Theorie wurde er von den einfallenden Persern aus Phrygien vertrieben. Dann gibt es noch die Geschichte, dass Midas eine Gottheit ver-ärgert haben soll und ihm deshalb Eselsohren wuchsen. Er habe sich dessen so sehr geschämt, dass er aus Phrygien
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